12679/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.10.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dietmar Keck.

Genossinnen und Genossen

an den Bundeskanzler

betreffend: Der Bundeskanzler als Herausgeber des Bundesgesetzblattes - legistische Korrekturen bzw. Interpretationen von offensichtlich fehlerbehafteten Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates im Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS)

Gemäß § 1 des Bundesgesetzblattgesetzes ist der Bundeskanzler der Herausgeber des Bundesgesetzblattes für die Republik Österreich; diese erfolgt im Rahmen des Rechtsinformationssystems des Bundes.

Am 28. Juli 2022 wurde das Bundegesetzblatt I Nr. 130/2022 kundgemacht. Die Kundmachung beinhaltete das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz - TSchG) und das Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen (Tiertransportgesetz 2007 - TTG 2007) geändert werden.

In der Inkrafttretensbestimmung des Art. 1 betreffend Änderung des Tierschutzgesetzes lautet § 44 Abs. 34 wie folgt:

Das Inhaltsverzeichnis, § 1a samt Überschrift, § 3a samt Überschrift, § 5 Abs. 2 Z 1, § 7 Abs. 1, § 8 samt Überschrift, § 8a Abs. 2, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 a, § 16 Abs. 5, § 18 Abs. 2b, § 24a Abs. 1 Z 1, § 24 Abs. 8. § 25 Abs. 1, § 27 Abs. 3, der 3. Abschnitt des 2. Hauptstückes samt Überschrift, § 32a samt Überschrift, § 32b samt Überschrift, § 32c samt Überschrift, § 32d samt Überschrift, § 35 Abs. 2 und 3, § 37 Abs. 2a, § 38 Abs. 1, 3 4. 5a und 6, § 39 Abs. 1 und 3, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 4 und 5, § 48 Z 3, die Anlage sowie der Entfall des § 38 Abs. 8 in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2022 treten mit 1. September 2022 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes, BGBl. I Nr. 47/2013, idF BGBl. I Nr. 37/2018, außer Kraft. § 6 Abs. 2a bis 2c in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2022 tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.

Ruft man diese Bestimmung im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) beispielsweise am 12. Oktober 2022 auf lautet § 44 Abs. 34 Tierschutzgesetz in der Fassung des geltenden Rechts wie folgt:

Das  Inhaltsverzeichnis,  §  1a  samt Überschrift, § 3a samt Überschrift, § 5 Abs. 2 Z 1,  § 7 Abs. 1, § 8 samt Überschrift, § 8a Abs. 2, § 12 Abs. 1. § 13 Abs. 2 (Anm.: nicht von der Novelle betroffen), § 14 Abs. 1a. § 16 Abs. 5, § 18 Abs. 2b (Anm.: nicht von der Novelle betroffen), § 24a Abs. 1 Z 1 (Anm.: offensichtlich gemeint § 24 Abs. 1 Z 1), § 24 Abs. 8 (Anm.: offensichtlich gemeint § 24a Abs. 8), § 25 Abs. 1, § 27 Abs. 3, der 3. Abschnitt des 2. Hauptstückes samt Überschrift, § 32a samt Überschrift. § 32b samt Überschrift, § 32c samt Überschrift, § 32d samt Überschrift, § 35 Abs. 2 und 3, § 37 Abs. 2a, § 38 Abs. 1, 3 4, 5a und 6, § 39 Abs. 1 und 3, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 4 und 5, § 48 Z 3 (Anm.: offensichtlich gemeint § 48 Z 3a), die Anlage sowie der Entfall des § 38 Abs. 8 in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2022 treten mit 1. September 2022 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes, BGBl. I Nr. 47/2013, idF BGBl. I Nr. 37/2018, außer Kraft. § 6 Abs. 2a bis 2c in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2022 tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.

Ein Vergleich der beiden Fassungen ergibt, dass im RIS dieser Absatz gegenüber der Verlautbarung im Bundegesetzblatt um fünf Anmerkungen ergänzt wurde. Diese ergänzten Anmerkungen sind fett hervorgehoben. Laut Impressum des RIS ist das Bundesministerium für Finanzen für das RIS verantwortlich, erklärte doch auch im Impressum für die Inhalte keine Verantwortung zu übernehmen, da die von anderen Stellen und Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Bei der Veröffentlichung von Bundesgesetzen ist wohl anzunehmen, dass die Inhalte von Seiten des Bundeskanzleramtes zur Verfügung gestellt werden.

Es handelt sich bei den fünf Anmerkungen um zwei verschiedene Sachverhalte, einerseits wird beispielsweise hinsichtlich des Inkrafttretens von § 13 Abs. 2 angemerkt:

(Anm.: nicht von der Novelle betroffen),

andererseits wird beispielsweise bei § 24a Abs. 1 Z 1 angemerkt:

(Anm.: offensichtlich gemeint § 24 Abs. 1 Z 1).

Nun stellt sich einerseits die Frage nach der Rechtswirkung dieser Anmerkungen sowie nach dem Verantwortlichen für diese Anmerkungen, andererseits stellt sich naturgemäß auch die Frage, ob der Gesetzgeber auch von diesen Anmerkungen im Vorfeld in Kenntnis gesetzt wurde, da ja mit den Anmerkungen ein Gesetzesbeschluss des Nationalrates kommentiert wird.

Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundeskanzler folgende

Anfrage:

1. Wurden sie als Bundeskanzler mit dem Sachverhalt befasst, wonach im geltenden Recht abweichend von der von ihnen veranlassten Verlautbarung des Bundesgesetzblattes I Nr. 130/2022 fünf Anmerkungen in der geltenden Fassung des § 44 Abs. 34 Tierschutzgesetz im Rechtsinformationssystem des Bundes vorgenommen werden?

2. Wurde das Bundeskanzleramt mit dem Sachverhalt befasst, wonach im geltenden Recht abweichend von der von ihnen veranlassten Verlautbarung des Bundesgesetzblattes I Nr. 130/2022 fünf Anmerkungen in der geltenden Fassung des § 44 Abs. 34 Tierschutzgesetz im Rechtsinformationssystem des Bundes vorgenommen werden?

3. Haben Sie den Bundespräsidenten über diese offensichtlichen Fehler im Gesetzesbeschluss vor seiner Beurkundung informiert?

Wenn ja, wie erfolgte dies konkret?

Wenn nein, warum nicht?

4. Wer hat diese Anmerkungen im Rechtsinformationssystem des Bundes in wessen Auftrag verfasst?

5. Wurde der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt mit dem Sachverhalt befasst, wenn ja, wie lautet die schriftliche Äußerung dazu?

Wenn nein, warum wurde der Verfassungsdienst mit so einer sensiblen Rechtsfrage nicht befasst?

6. Wann haben Sie oder ihr Ressort die Organe der Gesetzgebung davon verständigt, dass bei der Novelle zum Tierschutzgesetz offensichtlich ein fehlerhafter Gesetzesbeschluss vorliegt, der einer Kommentierung im geltenden Recht bedarf?

7. Wenn diese Information nicht erfolgte, warum wurden die Organe der Gesetzgebung nicht informiert und wer hat konkret diese Entscheidung getroffen?

8. Was bedeuten diese offensichtlichen Fehler im Gesetzesbeschluss hinsichtlich der Vollziehung dieses Gesetzes?

9. Welche Rechtswirkung entfaltet ein Kommentar im geltenden Recht hinsichtlich der bezogenen Gesetzesstelle, der folgendes ausführt:

(Anm.: nicht von der Novelle betroffen)?

10.  Welche Rechtswirkung entfaltet ein Kommentar im geltenden Recht hinsichtlich der bezogenen Gesetzesstelle, der folgendes ausführt:

(Anm.: offensichtlich gemeint § xx Abs. y Z z)?

11.  Wie lautet die Rechtsgrundlage für die Ergänzung eines Gesetzesbeschlusses durch Kommentare aus dem Bereich der Vollziehung im Rechtsinformationssystem des Bundes?

12.  Sollte es keine gesetzliche Grundlage geben, auf welcher rechtlichen Basis wurde diese Kommentierung vorgenommen und welche allgemeinen Regeln liegen dem zugrunde?