12685/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.10.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Max Lercher,
Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend „Ärzt*innenmangel und medizinische Versorgungssicherheit in der Steiermark“

In Österreich hat sich die medizinische Versorgung im ländlichen Raum in den letzten Jahren stark verschlechtert. Eine gesicherte Sachleistungsversorgung ist teilweise kaum mehr gegeben. Das Stadt- Land- Gefälle ist unübersehbar (Kassenvertragsstellen, Spitalsbetten, Öffnungszeiten etc.). In einzelnen Bundesländern bzw. Regionen Österreichs ist die medizinische Versorgung besonders mangelhaft. [1]

So auch in Teilen der Steiermark. Erst letzte Woche hat wieder ein Fall mediale Aufmerksamkeit erreicht. Schon seit längerem ist im Knittelfelder Spital in der Abteilung für Innere Medizin eine ganze Station und rund die Hälfte der verfügbaren Betten gesperrt. Bisher wurde stets verkündet, dass die ambulante Notfallversorgung am Knittelfelder Standort dennoch 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche gewährleistet sei. Aus informierten Kreisen ist allerdings zu hören, dass am 03.10.2022 mindestens zwei Notfallpatienten eine Aufnahme in die Allgemeine Internistische Ambulanz in Knittelfeld, mit der Begründung mangelnder Kapazitäten, verwehrt worden sei. Beide mussten daher in Begleitung von Notärzten nach Leoben gebracht werden. Dies ist vor allem aus zwei Gründen problematisch: Zum einen können die längeren Transportwege Risiken für Notfallpatienten mit sich bringen, zum anderen fehlen die Rettungskräfte in der Zwischenzeit für neue Einsätze in der Region.

In einer schriftlichen Stellungnahme spricht die KAGES jedoch weiterhin davon, dass die Akutversorgung für die Murtaler und Murauer Bevölkerung jederzeit gewährleistet sei. Seit dem Vorfall am Montag führt man aber zusätzlich aus: „… unterstützt durch das LKH Hochsteiermark“. Dies wiederum führt in Leoben zu Unmut, da davon auszugehen ist, dass die wachsende Zahl an Patient*innen aus dem Murtal auch hier zu einer Überlastung führt.[2]

Gerade dieser aktuelle Vorfall macht wieder bewusst, dass für die Versorgungssicherheit der österreichischen Bevölkerung dringend etwas unternommen werden muss. Dazu kommt, dass Österreich in Zukunft mehr, nicht weniger Ärztinnen und Ärzte braucht. Der von der Ärztekammer errechnete Bedarf an zusätzlichen Ärzt*innen beträgt 1.450 Personen pro Jahr (allein, um den Status quo zu erhalten). Anstelle der notwendigen 1.450 jährlichen neuen Ärzt*innen, kommen aber nur 840 Mediziner*innen nach.

Prinzipiell gibt es jedoch genug Menschen, die Medizin studieren wollen würden, wenn man sie nur ließe. Jedes Jahr bewerben sich über 16.000 junge Menschen, davon bekommen aber nur 1.850 (rund 11%) einen Platz. Auf der Hand liegend ist, dass die Medizinstudienplätze deutlich erhöht werden müssten. Dazu hat die Bundesregierung den Universitäten aber auch die finanziellen Mittel einzuräumen.

Klar ist: Ein Handeln allein auf regionaler Ebene löst die großen Probleme des österreichischen Gesundheitssystems nicht. Für die ansässige Bevölkerung ist es daher von großem Interesse, was vonseiten der Bundesregierung genau unternommen wird, um die medizinische Versorgungssicherheit in ihrer Region zu gewährleisten.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

1)      Wurden im Allgemeinen Maßnahmen vonseiten Ihres Ministeriums gesetzt, um dem Ärzt*innenmangel, vor allem in ländlichen Regionen, entgegenzuwirken?

a)    Wenn ja, welche?

b)   Wenn nein, warum nicht?

2)      Im Gesundheitsausschuss am 05.10.2022 wurde der Antrag 2743/A(E) „Kampf gegen den Ärztemangel durch gezielte Maßnahmen wie z.B. der Verdoppelung der Studienplätze“ aufgrund der Stimmenmehrheit der Regierungsparteien vertagt.[3] Wie bewertet Ihr Ministerium die im Maßnahmenpaket geforderten, einzelnen Punkte:

a)    Verdoppelung der Medizinstudienplätze in Österreich, die daran geknüpft werden, nach Abschluss der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitsbereich und/oder im Sachleistungsbereich (Kassenvertragsstelle) für eine bestimmte Zeit tätig zu sein.

b)   Ausstattung der Universitäten mit den dafür erforderlichen Budgets.

c)    Anreize für Medizinstudent*innen und Ärzt*innen im Land zu bleiben und/oder Allgemeinmediziner*in zu werden (z. B mit Stipendien; durch Vorreihung bei der Zuteilung von Ausbildungsplätzen oder Praxisgründungsunterstützungen).

d)   Arztberuf aufwerten: verstärkter Fokus auf bezahlte Praktika in der Ausbildung.

e)   Kassenverträge für alle Ärzt*innen, die einen solchen Vertrag wollen.

f)     Bessere Arbeitsbedingungen: z.B. mehr Primärversorgungseinrichtungen und andere Kooperationsmöglichkeiten, weniger belastende Bereitschaftsdienstregelungen, attraktive Arbeitsinhalte, Entbürokratisierung, Teilzeitmöglichkeiten und Kinderbetreuungseinrichtungen.

3)      Haben Sie vor, einzelne der oben genannten Forderungspunkte umzusetzen, bzw. sich bei den zuständigen Stellen für eine Umsetzung dieser Punkte einzusetzen?

a)    Wenn ja, für welche der geforderten Maßnahmen möchten Sie sich auf welche Weise einsetzen?

b)   Wenn nein, warum nicht?

4)      Aufgrund der Tatsache, dass das Land Steiermark an privaten Universitäten Ausbildungsplätze kaufen musste, forderte die ÖH MedUni Graz unter anderem besser bezahlte Praktika und eine attraktivere medizinische Ausbildung, um dem Ärzt*innenmangel begegnen zu können. Wollen Sie dieser Forderung nachgehen?

a)    Wenn ja, in welcher Weise?

b)   Wenn nein, warum nicht?

5)      Haben Sie vor, dass Projekt „Landarztzukunft“ der MedUni Graz in ganz Österreich auszurollen, bzw. die notwendigen Mittel dafür zur Verfügung zu stellen? [4]

a)    Wenn ja, wann?

b)   Wenn nein, warum nicht?

6)      Im Türkis- Grünen Regierungsprogramm waren fixe Landarztstipendien- Plätze geplant. Dies wären „spezielle Studienplätze an öffentlichen Universitäten“ gewesen, mit deren Annahme man sich für einen befristeten Zeitraum verpflichtet hätte, in Österreich zu arbeiten. Aber eine konkrete Ausgestaltung dieser „Idee“ ist auch im Jahr 2022 noch nicht öffentlich bekannt. [5]

a)    Soll das Landarztstipendium tatsächlich noch eingeführt werden und wenn ja, wann?

b)   Wie soll die genaue Ausgestaltung dieses Stipendiums aussehen?

7)      Seit diesem Herbst war es erstmals möglich, Medizinstudiums- Plätze im öffentlichen Interesse zu reservieren (beispielsweise für Kassenärzt*innen, Landärzt*innen, Institutionen etc.). Keines der Bundesländer hat Interesse an einer solchen Stelle angemeldet. Einzig das österreichische Bundesheer hat hier zugegriffen. Aus den Bundesländern ist zu vernehmen, dass sie nicht über diese Option informiert worden seien.[6]

a)    Wann und auf welche Art und Weise wurden die Länder informiert?

b)   Mit wem wurde in der Steiermark bezüglich dieser Möglichkeit Kontakt aufgenommen?

8)      Des Weiteren ließ Ihr Ministerium verlautbaren, dass es einen regen Austausch zwischen Ländern und dem Wissenschaftsbereich gebe und seit Längerem schon Gespräche über diverse Möglichkeiten, unter anderem über die Einführung alternativer Stipendienmodelle, geführt werden. [7]

a)    Welche Personen sind an diesem Austausch beteiligt?

b)   Wer vertritt die Interessen der Steiermark bei diesen Gesprächen?

c)    Wann findet der nächste Termin für einen solchen Austausch statt und wann hat der letzte Termin eines solchen Austauschs stattgefunden?

9)      Wie erklären Sie sich, dass die Steuerung von Plätzen an öffentlichen medizinischen Universitäten augenscheinlich ein solches Hindernis darstellt, dass die Bundesländer sich gezwungen fühlen, mit privaten Universitäten (um ein Vielfaches des Kosteneinsatzes) zu kooperieren (Steiermark: Sigmund- Freud- Privatuniversität, Niederösterreich: Karl- Landsteiner- Privatuniversität, Burgenland: Danube Private University)? [8]

10)   Haben Sie vor, wie bereits von diversen Seiten gefordert, bezahlte Praktika bei Hausärztinnen vonseiten Ihres Ministeriums als Teil der Ausbildung zu akzeptieren und die budgetären Mittel dafür zur Verfügung zu stellen?

a)    Wenn ja, wann und in welcher Höhe?

b)   Wenn nein, warum nicht?

11)   Haben Sie vor, wie bereits von diversen Seiten gefordert, sich für besser geregelte Karenzmöglichkeiten für Kassenärzt*innen einzusetzen?

a)    Wenn ja, wann und auf welche Art?

b)   Wenn nein, warum nicht?

12)   Haben Sie vor, wie bereits von diversen Seiten gefordert, sich für besser moderne Gruppenpraxenmodelle einzusetzen?

a)    Wenn ja, wann und auf welche Art?

b)   Wenn nein, warum nicht?



[1] Stresstest zur Ärzteversorgung zeigt große regionale Unterschiede | DiePresse.com

[2] Personalmangel: Notfallpatienten von Knittelfelder Spital abgewiesen | Kleine Zeitung

[3] 2743/A(E) (XXVII. GP) - Kampf gegen den Ärztemangel durch gezielte Maßnahmen wie z.B. der Verdoppelung der Studienplätze | Parlament Österreich

[4] Projekt Landarzt (medunigraz.at)

[5] Landarztstipendien: Ticket fürs Landleben - Uni - derStandard.at › Inland

[6]-7 Parlament ermöglichte Studienplätze für Landärzte – doch keiner nutzt sie - Bildung - derStandard.at › Inland