12691/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.10.2022
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Anfrage

 

der Abgeordneten Jörg Leichtfried,
Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Wer verdient beim Klimabonus auf Kosten der Österreicher*innen mit?

Der Klimabonus der Bundesregierung senkt zwar keinen einzigen Preis, dafür dürften aber einige kräftig am Gutscheinprogramm der Bundesregierung mitverdienen. Wie aus zahlreichen Medienberichten hervorgeht hat die automatisierte Verarbeitung von Finanzonline-Daten bei vielen Menschen in Österreich nämlich nicht funktioniert und das, obwohl sie rechtzeitig all ihre Daten auf Finanzonline aktualisiert haben.

Mittlerweile wurde aufgedeckt, dass die Gutscheinfirma SODEXO am Klimabonus der Bundesregierung kräftig mitverdient. 3 Mio. Euro soll die Firma als Grundhonorar für die Abwicklung der Klimabonus-Gutscheine erhalten. Darüber hinaus verdient Sodexo aber bei jedem einzelnen Euro, der über den Gutschein eingelöst wird, mit. 3% Bearbeitungsgebühr verrechnet das Unternehmen. Bezahlen müssen dies die Österreicherinnen und Österreicher mit ihrem Steuergeld. Die Bundesregierung schenkt also einem Konzern leichtfertig Geld, weil man offenbar nicht in der Lage war, die Daten von Finanzonline richtig auszulesen?

Diese Geschichte scheint – auch angesichts einer Pleiten-, Pech- und Pannenregierung - eher zweifelhaft. Es drängt sich vielmehr eine ganz andere Frage auf.

In der Regel wird der Klimabonus auf das eigene Konto überwiesen, sofern man bei finanzonline.at eines hinterlegt hat. Das haben die meisten, denn sie wickeln dort ihre Steuererklärungen ab oder erhalten Pensionen oder Familienleistungen. Über 1,2 Millionen Menschen haben aber stattdessen einen RSa-Brief bekommen. Sie müssen mit Brief und Ausweis zur nächsten Post, um sich dort 10 Sodexo-Gutscheine á 50 Euro aushändigen zu lassen. Darunter sind nicht wenige Menschen, die sehr wohl ein Konto auf finanzonline.at hinterlegt haben. Schätzungen gehen davon aus, dass bei mehr als 10% der Finanzonline-NutzerInnen Gutscheine zugeschickt wurden, obwohl sehr wohl aktuelle Daten vorhanden waren. Es stellt sich die Frage, ob sich die Regierung auf Kosten der Steuerzahler bei diesem „Deal“ abzocken hat lassen und Sodexo eine Mindestabnahmemenge an Gutscheinen garantiert hat. Klar ist: Je mehr Gutscheine ausgestellt werden, desto mehr verdient Sodexo am Klimabonus und desto mehr Brief- und Gutscheinpapier und desto mehr Steuergeld wird dabei sinnlos verschwendet. Insgesamt dürfte Sodexo aufgrund der Konstruktion mehr als 21 Mio. € aus dem Steuertopf kassiert haben. Das ist weder sparsam noch ökologisch besonders nachhaltig.

Die Einbindung von privaten Firmen in staatliche Aufgaben löst natürlich auch eine Reihe datenschutzrechtlicher Fragen aus, da sensible Daten der Bürgerinnen und Bürger verarbeitet und übermittelt wurden. Die Datenschutzgrundverordnung sieht als eine ihrer Grundsäulen den Grundsatz der Datensparsamkeit vor. Die von der Bundesregierung gewählte Vorgangsweise entspricht offensichtlich diesen Vorgaben in keiner Weise.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Wann und vom wem wurde die Idee erstmals eingebracht, den Klimabonus über eine Gutscheinlösung mittels RSa-Brief abzuwickeln?

2)    Wann erfolgte die verfassungsmäßige Entscheidung über dieses Abwicklungssystem?

a.    Welche Ministerien waren eingebunden?

b.    Gab es dazu eine Beschlussfassung im Ministerrat, wenn ja, wie lautet der Beschluss?

3)    Wann und in welcher Form erfolgte die Ausschreibung für die Gutschein-Lösung im Rahmen des Klimabonus?

4)    Wie viele Firmen haben sich auf diese Ausschreibung beworben?

5)    Aus welchem Grund fiel die Wahl auf Sodexo?

6)    Gab es in diesem Verfahren auch Bieter, die kostengünstigere Angebote hatten?

7)    In welchem Stadium wurden die finanziellen Rahmenbedingungen (3 Mio. € Grundabgeltung; 3% Provision bei Gutscheineinlösung) vereinbart?

8)    Warum hat man ein Modell gewählt, dass eine zusätzliche Provision pro eingelöstem Gutschein vorgehen hat?

9)    Mit wie vielen Gutscheinen hat man zu Beginn der Ausschreibung kalkuliert und wie viele wurden tatsächlich versendet?

10) Mit wie vielen automatisierten Überweisungen via Finanzonline hat man zu Beginn der Ausschreibung kalkuliert und wie viele wurden tatsächlich vorgenommen?

11) Wann wurde Ihnen vom Finanzministerium mitgeteilt, wie viele Menschen den Klimabonus nicht über Finanzonline direkt erhalten (können) und welche Gründe wurden hierfür genannt?

12) Wie viele Personen haben Anspruch auf den Klimabonus und Anti-Teuerungsbonus?

13) An wie viele Personen wurde letztlich ein Brief mit Gutscheinen ausgeschickt?

14) Wie viele Personen haben einen Brief mit Gutscheinen erhalten, obwohl sie aktuelle Daten bei Finanzonline hinterlegt hatten?   

15) Wie wird der Klimabonus und Anti-Teuerungsbonus an Personen ohne festen Wohnsitz abgegeben?

16) Gab es mit Sodexo Vereinbarungen über eine Mindestbestell- bzw. Abnahmemenge an Gutscheinen?

a.    Hat das Ministerium in der Ausschreibung dazu bereits Angaben gemacht?

b.    Gab es vor bzw. während der Ausschreibung formelle oder informelle Gespräche mit Vertretern von Sodexo? Falls Ja, wer war von ihrem Ministerium in diese Gespräche involviert und was war deren Inhalt?

c.     Hat man vor, während bzw. nach der Ausschreibung Gespräche mit Sodexo geführt? Falls ja, waren Mindestbestell- bzw. Abnahmemengen an Gutscheinen dabei ein Thema?

17) Wie hoch sind die Gesamtzahlungen, die aufgrund der Abwicklung des Klimabonus an externe Firmen geflossen sind? (Bitte um Auflistung der einzelnen Firmen sowie der dazugehörigen Zahlungen).

18) Welche Auszahlungsvarianten wurden von Ihnen und Ihrem Ressort geprüft?

19) Wurde bei dieser Prüfung ein besonderes Augenmerk auf den Datenschutz gelegt?

20) Welche Expert*innen aus dem Bereich Datenschutz wurden bei dieser Prüfung herangezogen?

21) Haben Sie das Justizressort, welches aktuell für Datenschutzangelegenheiten zuständig ist, eingebunden? Wenn ja, welche Anregungen hat das Justizministerium eingebracht? Wenn nein, wie begründen Sie, dass das zuständige Ressort für Datenschutzangelegenheiten nicht eingebunden wurde?

22) Haben Sie auch die Datenschutzbehörde mit dieser Frage befasst? Wenn ja, welches Ergebnis brachte die Einbindung der Datenschutzbehörde? Wenn nein, warum nicht?

23) Wurde die/der Datenschutzbeauftragte ihres Ressorts eingebunden, wenn ja, welche Rolle spielte sie/er dabei?

24) Wer ist konkret bei der Auszahlung des Klimabonus Auftraggeber im datenschutzrechtlichen Sinn?

25) Welche Daten wurden für die Auszahlung des Klimabonus, per Gutschein oder per Überweisung, von welchen staatlichen Stellen an welche private Unternehmungen (bitte konkret nachdem im Firmenbuch verwendeten Namen) übermittelt?

26) Wann fand diese Datenübermittlung konkret im Einzelfall statt?

27) Auf welchem technischen Weg wurden die Daten jeweils im Einzelfall übermittelt?

28) Wer hat diese Entscheidungen für die jeweilige Datenübermittlung getroffen und wann wurden konkret welche Daten an wen übermittelt?

29) Gibt es dazu ein vertragliches Verhältnis zwischen staatlichen Einrichtungen und privaten Unternehmungen?

30) Wie lauten die datenschutzrechtlichen Bestimmungen in diesen Verträgen?

31) Was wurde hinsichtlich der Löschungsverpflichtungen aller nicht mehr für die Durchführung der Überweisung notwendigen Daten vereinbart?

32) Welche Information enthält der QR-Code, der als 1. Seite bei den Gutscheinen beigegeben ist?

33) Welche Informationen enthalten die Barcodes auf den einzelnen Gutscheinen?

34) Können von den Gutscheinen Rückschlüsse auf die den Gutschein erhalten habende Person gezogen werden?

35) Wurden die Beteiligten privaten Unternehmungen auf die besondere Sensibilität der Verwendung von Daten staatliche Einrichtungen hingewiesen, wenn ja wie und welche vertragliche Verpflichtungen über Datensicherheitsmaßnahmen sind im konkreten Einzelfall vereinbart worden?

36) Wurde insbesondere ausgeschlossen, dass diese Daten für andere Zwecke durch die privaten Unternehmungen verwendet werden dürfen?

37) Welcher Vertreter von welchen privaten Unternehmen ist konkret ihr Ansprechpartner in der Abwicklung, wer wurde ihnen von welchen privaten Unternehmen als datenschutzrechtlich Verantwortlicher genannt?

38) Welche Konventionalstrafen in welcher Höhe wurden vereinbart, wenn es zu datenschutzrechtlichen Verletzungen durch die privaten Unternehmungen kommt?