1272/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.03.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Ermittlungen in der Causa Vorstandsbesetzung in der CASAG - Verfahrensstand

In der Casino-Affäre rund um die teilstaatliche CASAG kommt es zur Realisierung jenes Systems von Postenschachern, mutmaßlicher Bestechung und Gesetzeskauf, welches im sogenannten "Ibiza-Video" skizziert wurde.

Im Fokus der Ermittlungen stehen neben ehemaligen hochrangigen Funktionsträgern der FPÖ auch aktive und ehemalige Spitzenpolitiker aus den Reihen der ÖVP. Darunter finden sich prominente Namen wie: Hartwig Löger und Josef Pröll.

Offensichtlich sind die Ermittlungen seitens der WKStA für Bundeskanzler Kurz Grund genug, um in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten am 20. Jänner 2020 - wie der "Falter" aufdeckte - in diesem Zusammenhang massive Kritik an der Arbeit der ermittelnden Staatsanwälte zu üben. So sei, laut den Aussagen des Bundeskanzlers, die Arbeit der Ermittlungsbehörde parteipolitisch motiviert und diese sinngemäß als Ergebnis der Arbeit eines Netzwerks roter Staatsanwälte zu sehen. Dieser Akt seitens des Kanzlers ist, was Ausmaß und Konkretheit betrifft, in der jüngeren politischen Geschichte wohl als heftigster Angriff eines amtierenden Regierungschefs auf die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft zu bezeichnen. 

Ein Zusammenhang mit den Ermittlungen der WKStA gegen ehemalige ÖVP-Spitzenpolitiker in der Casino-Affäre liegt nicht nur zeitlich auf der Hand. Vielmehr beschwerte sich der Bundeskanzler explizit über die diesbezüglichen Ermittlungshandlungen gegen Ex-ÖVP Finanzminister Hartwig Löger.

Die Anfragesteller verurteilen diesen Versuch der nichtöffentlichen Diskreditierung der Arbeit der WKStA und damit einhergehenden versuchten Einflussnahme auf Journalisten. 

Aus Sicht der Anfragesteller drängt sich die Frage auf, inwiefern weitere Spitzenfunktionäre der ÖVP und FPÖ in den "Deal" rund um die Bestellung Sidlos eingebunden waren und wie weit Kanzler Kurz von den Vorgängen Bescheid wusste, bzw. in diese aktiv involviert war. In einem "Profil" Artikel vom 21.11.2019 wird neben der klaren Beteiligung Gernot Blümels auch eine mögliche Beteiligung des Bundeskanzlers Kurz angesprochen. Ob dieser nur Zeuge oder gar aktiv in den Postenschacher rund um die CASAG involviert war, wird noch zu klären sein. 

 

Die politische Brisanz der laufenden Ermittlungen zeigen sich auch darin, dass zwei der medial bekannten Beschuldigten, namentlich die beiden CASAG-Aufsichtsratsmitglieder Pröll und Rothensteiner, sich Ende Jänner im Büro von SC Pilnacek einfanden - auch dies rechtstaatlich höchstbedenklich, zumal dieser sowohl über Weisungen als auch informell Einfluss auf die Ermittlungen nehmen kann, beziehungsweise dies zumindest versuchen könnte.

Die enge Verflechtung zwischen den einzelnen Beschuldigten, hochrangigsten Funktionsträgern aus Politik und Wirtschaft und deren Kontakte in die höchsten Ebenen der Justiz stellen den idealen Nährboden für rechts- und demokratiepolitisch zumindest bedenkliche Vorgänge dar, weshalb es umso wichtiger erscheint ein genaues Auge auf den Gang der Ermittlungen zu haben, um eine etwaige Einflussnahme oder Versuche in diese Richtung hinanzuhalten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Gab es im gegenständlichen Ermittlungsverfahren Weisungen der OStA?

a.    Wenn ja: wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

2.    Gab es im gegenständlichen Ermittlungsverfahren Weisungen der Bundesministerin für Justiz oder sonstiger befugter Organe?

a.    Wenn ja: wann, an welchen Adressaten, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

3.    Gab es Dienstbesprechungen in der Causa?

a.    Wenn ja: wann fanden diese jeweils statt, wer nahm daran Teil, und was war Anlass bzw. Inhalt der Besprechungen?

b.    Wurden dabei Weisungen erteilt?

                                  i.    Wenn ja: wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

                                ii.    Wenn ja: auf welcher Rechtsgrundlage wurden diese Weisungen erteilt?

                               iii.    Wenn ja: Wird die Weisung nach § 29a Abs 3 StAG an das Parlament berichtet?

1.    Wenn nein: warum besteht aus Ihrer Sicht für die genannten Weisungen keine Berichtspflicht?

4.    Gab es in diesem Verfahren Dienstbesprechungen, in denen der WKStA Handlungen untersagt wurden?

a.    Wenn ja: welche Handlungen wurden untersagt?

5.    Gab es in diesem Verfahren Dienstbesprechungen, in Folge deren als Ergebnis das ursprüngliche Ansinnen der WKStA abgeändert wurde?

a.    Wenn ja: was war das ursprüngliche Ansinnen der WKStA und was die abgeänderte Vorgehensweise?

b.    Wenn ja: wer pochte auf die abgeänderte Vorgehensweise?

6.    Gab es sonstige Interventionsversuche, welcher Art auch immer, in dieser Causa?

a.    Wenn ja: wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

7.    Wie viele Berichte wurden seitens der WKStA bis dato erstattet?

8.    Wie viele davon fertigte die WKStA von sich aus an und wie viele wurden angefordert?

9.    Wie viele der angeforderten Berichte wurden von der OStA aus eigenem angefordert und wie viele wurden basierend auf § 8a Abs 3 StAG erstellt?

10. Wie oft, wann, von wem und mit welchem Inhalt wurden bei der WKStA Anfragen im Sinne des § 8a Abs 4 StAG gestellt?

11. Welche Inhalte/Ansuchen brachten Dr. Pröll und Dr. Rothensteiner anlässlich des medial bekannten Gesprächs mit SC Pilnacek am 28. Jänner 2020 in dessen Büro vor?

a.    Mit welcher Begründung wurde um diesen Termin ersucht, und erfolgte die Kontaktaufnahme schriftlich?

                                  i.    Wenn die Kontaktaufnahme nicht schriflich erfolgte: in welcher Form geschah dies?

12. Von wem ging die Kontaktaufnahme bezüglich dieses Treffens aus? 

13. Wer nahm neben Pröll/Rothensteiner noch am Treffen teil?

14. Wurde über dieses Treffen ein Amtsvermerk angelegt?

a.    Wenn ja: was war dessen Inhalt?

b.    Wenn nein: warum nicht?

15. Welche Begründung für dieses Treffen gab SC Pilnacek Ihnen gegenüber an?

16. Ist es üblich, dass SC Pilnacek Beschuldigte in offenen Strafverfahren empfängt?

17. Ist es korrekt, dass es bereits zuvor, nämlich am 6. Jänner 2020 im Rahmen des "Sauschädl-Essens" der Raiffeisen Bank, zu einem Treffen der drei genannten Personen kam?

a.    Wenn ja: was war Inhalt des Gesprächs am 6. Jänner 2020?

b.    Wurde dabei auch der Termin am 28. Jänner 2020 vereinbart?

18. Ist der ermittelnden Staatsanwaltschaft bekannt, welche Personen Teil der ermittelnden SOKO sind?

a.    Handelt es sich dabei um die selben Ermittler, die auch in der Causa "Ibiza" ermitteln?

19. Gibt oder gab es irgendwelche noch nicht in der Anfragebeantwortung 4136/AB (XVII. GP) dargelegten Hinweise bzw. Bedenken der WKStA dahingehend, dass die Ermittler auf Grund der Nähe zu politischen Parteien befangen sein könnten?

a.    Wenn ja: welche Partei(en) war(en) betroffen?

b.    Was waren die Konsequenzen aus diesen Hinweisen/geäußerten Bedenken?

20. Ist die Auswertung der im Rahmen der Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Mobiltelefone bereits abgeschlossen?

a.    Welcher Arbeitsteilung gab es diezbezüglich im Detail letztlich zwischen WKStA und SOKO?

b.    Kam es hier zu weiteren Konflikten zwischen SOKO und WKStA

21. Wird mittlerweile in der Causa gegen weitere Beschuldigte ermittelt?

a.    Wenn ja: um wieviele Personen handelt es sich?

b.    Wenn ja: sind darunter auch ehemalige oder aktive Berufspolitiker?

22. Aus den bisherigen medial bekannten Beweisergebnissen ergibt sich schon auf Grund einer lebensnahen Betrachtungsweise ein hinreichend begründeter Verdacht, dass auch weitere Personen aus dem Bereich der FPÖ bzw. ÖVP in die Besetzung Sidlos eingebunden oder zumindest in Kenntnis gewesen sein mussten. Welche Ermittlungsschritte wurden in diese Richtung gesetzt?

a.    Wird auch gegen Kanzler Kurz ermittelt oder wurde dieser als Zeuge vernommen?

                                  i.    Wurde dieser als Beschuldigter oder Angezeigter geführt?

1.    Wenn ja: ist dies noch immer der Fall oder wurde das Verfahren bereits eingestellt und wenn letzteres zutrifft, aus welchen Grund wurde das Verfahren eingestellt?

b.    Wird gegen Finanzminister Blümel ermittelt oder wurde dieser als Zeuge vernommen, zumal dieser laut der von "Profil" aufgedeckten SMS auch informiert war?

                                  i.    Wurde dieser als Beschuldigter oder Angezeigter geführt?

1.    Wenn ja: ist dies noch immer der Fall oder wurde das Verfahren bereits eingestellt und wenn letzteres zutrifft, aus welchen Grund wurde das Verfahren eingestellt?

c.    Wird gegen Bettina Glatz-Kremnser ermittelt oder wurde diese als Zeugin vernommen?

                                  i.    Wurde dieser als Beschuldigte oder Angezeigte geführt?

1.    Wenn ja: ist dies noch immer der Fall oder wurde das Verfahren bereits eingestellt und wenn letzteres zutrifft, aus welchen Grund wurde das Verfahren eingestellt?

23. Wie viele Beschuldigte gibt es in der Causa?

24. Wie viele ZeugInnen/Beschuldigte (bitte um Aufschlüsselung!) wurden bisher einvernommen?

25. Sind Aktenteile von der Akteneinsicht ausgenommen?

a.    Wenn ja: warum ist dies der Fall?

                                  i.    Wenn ja: wurden diese Aktenteile an den "Ibiza-Untersuchungsausschuss" übermittelt?

1.    Wenn nein: auf Grund welcher Rechtsgrundlage fand keine Übermittlung statt?

26. Wird seitens der Ermittlungsbehörden eine mögliche Anklage gegen die Novomatic AG nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz in Erwägung gezogen?

27. Gab es im Zuge der Auswertungen Zufallsfunde, die auf weitere Straftaten schließen lassen?

a.    Wenn ja: welche Straftaten?

28. Wann ist aus heutiger Sicht ungefähr mit einer Anklage zu rechnen?