12802/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.11.2022
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Eva Blimlinger, Olga Voglauer, Georg Bürstmayr,

Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend polizeilicher Schutzbereich für Rechtsextreme

Begründung

 

Die rechtsextreme Burschenschaft Olympia veranstaltete am Freitag den 14. Oktober 2022 auf ihrer Bude im 6. Wiener Gemeindebezirk eine „Sturmparty“. Neben deutschnationalen Verbindungsstudenten waren bekannte Rechtsextreme und „Identitäre“, sowie der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Martin Graf anwesend.[1]

Im Bereich der Gumpendorfer-Straße wurde von der Polizei für den Abend ein großräumig angelegter und mehrere Seitenstraßen umfassender Sperrbereich eingerichtet. Hierfür waren dutzende Beamte im Einsatz, die die Straße mit Tretgittern absperrten und von 19:30 bis 21:00 Uhr Zugangskontrollen durchführten.[2] In diesem Zeitraum wurde auch die gesamte Fahrbahn in beide Fahrtrichtungen für den Straßenverkehr gesperrt. Eine Ankündigung von Gegenprotesten gab es nicht. Generell war keine irgendwie geartete politische Versammlung vor Ort wahrnehmbar. Dennoch wurde der Polizeieinsatz gegenüber anwesender Journalist:innen durch den Einsatzleiter mit der Abhaltung einer angezeigten Kundgebung legitimiert.

Die Burschenschaft Olympia fiel in der Vergangenheit immer wieder durch ihre ideologische Nähe zum Neonazismus auf. So lud sie den britischen Holocaustleugner David Irving 2005 auf ihre Bude ein und veranstaltete Liederabende mit den deutschen Neonazis Frank Rennicke und Michael Müller. Zudem unterhält die Burschenschaft Olympia Kontakte zu den militanten ungarischen Neonazis der HVIM, die jährlich im Februar am sogenannten „Tag der Ehre“ in Budapest Veranstaltungen zur Verherrlichung der Waffen-SS organisieren. Auf einer Veranstaltungseinladung der Burschenschaft Olympia für den 15. Oktober 2022 wurde der Kühnen-Grüß in mehrfacher Ausführung abgebildet, der in der Neonazi-Szene als Ersatz für den verbotenen Hitler-Gruß gilt. Benannt ist der Gruß nach dem deutschen Neonazi-Führer Michael Kühnen. In Österreich war es vor allem die VAPO rund um den verurteilten Neonazi Gottfried Küssel, die mit dem Gruß auftrat. Im Allgemeinen lässt sich konstatieren, dass das deutsch-völkische Verbindungswesen vor allem in Österreich für Antisemitismus, Deutschnationalismus und NS-Verharmlosung steht. Darüber hinaus gelten deutschnationale Burschenschaften als Kaderschmiede für verschiedene rechtsextreme bis neonazistische Organisationen in Österreich. Und die Burschenschaft Olympia kann hier beispielhaft in mehrfacher Hinsicht angeführt werden. So war der Gründer der neonazistischen „Nationaldemokratischen Partei“ Norbert Burger in der Burschenschaft Olympia korporiert, 1961 wurde die Olympia wegen ihrer Verwicklung in den so genannten Südtirol-Terror sogar für mehrere Jahre behördlich aufgelöst, und auch noch heute sind mehrere Olympia-Burschen bei den rechtsextremen „Identitären“ tonangebend.

Vor diesem Hintergrund scheint es fragwürdig, warum ein polizeilicher Großeinsatz samt Straßensperren für notwendig erachtet wurde, damit eine rechtsextreme Burschenschaft eine private Veranstaltung durchführen kann. Für die Öffentlichkeit wirkte das polizeiliche Agieren an diesem Abend schon fast so, als würde die Exekutive, ähnlich wie eine private Sicherheitsfirma, den Zugang zu einer geschlossenen Veranstaltung von Rechtsextremen reglementieren.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Auf welcher Grundlage wurde der polizeiliche Einsatz am Freitag den 14. Oktober 2022 gerechtfertigt?

2.    Auf Grundlage welcher Gefahreneinschätzung wurde die Überwachung der Veranstaltung „Sturmparty“ seitens der Behörden veranlasst? Welche Gefahren waren in der Einschätzung angeführt?

3.    Welche zuständigen Stellen waren an der Vorbereitung und Durchführung des Einsatzes beteiligt?

4.    Was war das formulierte Einsatzziel für den Abend?

5.    Wie viele Beamt:innen waren am Einsatz beteiligt?

6.    Wer war der zuständige Einsatzleiter, die zuständige Einsatzleiterin?

7.    Waren Beamt:innen des LVT Wien vor Ort und wenn ja, was war ihr Einsatzziel?

8.    Aufgrund welcher Einschätzung wurde entschieden, dass es großräumige Straßensperren rund um die Gumpendorfer-Straße für die Erreichung des Einsatzziels bedarf?

9.    Warum wurde für den Zeitraum von 19:30 bis 21:00 Uhr die Fahrbahn in beiden Richtungen für den Straßenverkehr gesperrt?

10. Nach welchen Kriterien wurde Personen der Zuritt zum abgesperrten Bereich gestattet oder verwehrt?

11. Gab es eine angemeldete Kundgebung, die vor Ort stattfinden sollte?
a. Wenn ja, wer hat diese Kundgebung angezeigt?
b. Für welchen Zeitraum und für wie viele Personen wurde die Kundgebung angemeldet?
c. Was war das politische Anliegen dieser Kundgebung?
d. Fand diese Kundgebung tatsächlich statt?
e. Wenn ja, wie viele Personen beteiligten sich daran und was war der politische Ausdruck dieser Versammlung, um als Kundgebung im Sinne des Versammlungsgesetzes gelten zu können?

12. Wenn keine Kundgebung vor Ort stattfand, was offensichtlich der Fall war, wurde dann eine private Veranstaltung durch den Einsatz dutzender Beamter begleitet?

13. Wurde anlässlich der Überwachung der privaten Veranstaltung „Sturmparty“ der Burschenschaft Olympia durch die Sicherheitsorgane bereits ein Bescheid aufgrund der Sicherheitsgebühren-Verordnung ausgestellt?
a. Wie viele halbe Std. á 17,00€ wurden in Rechnung gestellt?
b. Wie viel halbe Std. á 26,00€ wurden in Rechnung gestellt?
c. Wie viel Gebühren von 13,00€ pro Fahrzeug wurden in Rechnung gestellt?
d. wenn nein, warum nicht?

14. Wie viele Personen waren für die private Veranstaltung der Burschenschaft Olympia angekündigt bzw. wie viele waren tatsächlich anwesend?

15. Ist es üblich, dass die Polizei private Veranstaltungen in dieser Form begleitet?

16. Welche Absprachen gab es seitens der Behörde mit dem Veranstalter?

17. Finden Sie als zuständiger Minister, dass der Polizeieinsatz verhältnismäßig war?

18. War die Beobachtung der rechtsextremen Szene explizit Teil des Einsatzziels?
a. Wenn nein, warum nicht?

19. Wie gedenken Sie gegen Rechtsextremismus in den deutschnationalen Burschenschaften vorzugehen?



[1] https://www.derstandard.at/story/2000140009258/sturmparty-rechtsextreme-burschenschaft-rekrutiert-vor-wiener-juridicum

[2] https://twitter.com/PresseWien/status/1581251732687925248