12819/J XXVII. GP
Eingelangt am 02.11.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Frauen‚ Familie‚ Integration und Medien
betreffend Gibt es Paralelluniversen in der österreichischen Medienpolitik?
Im Ministerratsvortrag1 vom 12.1.2022 ging es im Top 20 um nichts weniger als die "Restrukturierung der Medienpolitik" sowie einen "Neustart für die österreichische Medienförderung, -transparenz und Medienkooperation". An dieser Restrukturierung sollten viele Menschen mitwirken, denn: "Initial soll die Evaluierung dieser Rahmenbedingungen in einem breit und transparent angelegten Prozess unter Federführung der zuständigen Medienministerin mit heimischen Branchenvertreterinnen und Branchenvertretern sowie Medien-Wissenschafterinnen und Medien-Wissenschaftern Anfang 2022 beginnen." Die Ergebnisse dieses Prozesses sollten professionell aufbereitet werden – so zumindest der Anspruch im Ministerratsvortrag: "Das Ergebnis des Prozesses soll ein Empfehlungskatalog sein, der von den teilnehmenden Proponenten und Proponentinnen erarbeitet und präsentiert, dann operationalisiert und auf eine Zeitachse gelegt wird."
Tatsächlich begannen kurze Zeit später Gespräche mit unterschiedlichsten Stakeholdern in sogenannten "Medienkonferenzen". Von einem "transparent angelegten Prozess" war jedoch keine Rede mehr – ganz im Gegenteil: Die Teilnehmenden wurde zur Verschwiegenheit verpflichtet, öffentlich einsehbare Listen mit den Teilnehmenden an den einzelnen Medienkonferenzen gibt es ebensowenig wie Protokolle derselbigen. Nicht einmal die Teilnehmenden selbst wissen bis heute, wer wann in welchen Runden mit wem welche medienpolitischen Themen besprochen hat. Armin Thurnher, Herausgeber und Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung "Falter" skizzierte den Umgang in seiner "Seuchenkolumne"2.
Es gab also keinerlei Transparenz, ganz im Gegenteil. Stattdessen wurden Maulkörbe verteilt. Wo jedoch angeblich intensiv diskutiert wurde, ist innerhalb der Regierung – zumindest steht dies im Ministerratsvortrag vom 5. Oktober 2022.3 Da heißt es ua: "Ausgehend von den Ergebnissen dieser Gesprächsrunden haben wir innerhalb der Bundesregierung die Gespräche und Verhandlungen zu den wesentlichen Themen der neuen Medienförderung, der Schaffung lückenloser Transparenz sowie erhöhter Nachvollziehbarkeit bei Medienkooperationen und deren Vergabe und dem neuen Geschäftsmodell für die Wiener Zeitung, über die letzten Wochen und Monate hinweg intensiv geführt."
Im selben Ministerratsvortrag listet die Medienministerin auf, welche Gesetzesvorhaben sie "zeitnah" in Begutachtung schicken möchte:
In Begutachtung wurde bis dato nur das Bundesgesetz über die Wiener Zeitung geschickt. Das hinderte die Medienministerin aber nicht daran, bei den Münchner Medientagen am 18.10.2022 das "umfassende Medienpaket" vorzustellen.
Am 23. Oktober 2022 wiederum behauptete der ÖVP-Generalsekretär Stocker in der ORF-Sendung "Im Zentrum", dass das "Medientransparenzgesetz in Begutachtung ist. Am selben Tag lehnte sich StS Florian Tursky noch weiter aus dem Fenster und behauptete in der Pressestunde im ORF sogar, dass das "Medientransparenzgesetz schon beschlossen bzw. umgesetzt ist".
Die gesamten Vorgänge seit dem ersten Ministerratsvortrag am 12. Jänner 2022 bis heute werfen viele Fragen auf.
1https://www.bundeskanzleramt.gv.at/medien/ministerraete/ministerraete-seit-dezember-2021/2-mr-12-jan-22.html
2https://cms.falter.at/blogs/athurnher/2022/02/18/geheimnis-medienpolitik-mysterium-bibliothek-wildwuchs/
3https://www.bundeskanzleramt.gv.at/medien/ministerraete/ministerraete-seit-dezember-2021/31-mr-5-okt.html
4https://www.derstandard.at/story/2000140078489/raab-faehrt-mit-medienpaket-zu-medientagen-muenchen-entwuerfe-lassen-auf
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wenn nicht, weshalb nicht?