12910/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.11.2022
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Anfrage

 

des Abgeordneten Peter Wurm

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Bundeshaftung oder Landeshaftung in der Causa Ischgl 2020 - Stand des Verfahrens?

 

 

Folgende Presseaussendungen hat der Verbraucherschutzverein (VSV) zur Causa Ischgl 2020 in den letzten Wochen veröffentlicht, um auf die aktuelle Rechtslage hinzuweisen:

 

VSV/Kolba: Ischgl 2020 – Offener Brief an designierten LH Mattle

VSV bietet neuerlich Verjährungsverzicht statt Sammelklage gegen Tirol

 

Morgen wird der designierte Landeshauptmann Mattle im Tiroler Landtag zum Landeshauptmann gewählt werden.

 

Der Verbraucherschutzverein (VSV) wendet sich daher an Ihn mit einem Vorschlag, auf den der Alt-Landeshauptmann Platter nicht einmal reagiert hat.

 

„Die Finanzprokuratur bringt in den Amtshaftungsklagen wegen des Multiorganversagens der Behörden in Ischgl vor, dass Tirol und nicht der Bund hafte. Das ist zwar unserer Meinung nach falsch, doch aus prozessualer Vorsicht müssten die Geschädigten nun auch – knapp vor einer Verjährung Ihrer Ansprüche – das Land Tirol klagen,“ sagt Peter Kolba, Obmann des VSV. „Der VSV macht nun dem designierten Landeshauptmann Mattl gleich zu Beginn seiner Amtszeit den Vorschlag, für die Ansprüche der Geschädigten einen Verjährungsverzicht abzugeben und damit eine Sammelklage gegen Tirol zu vermeiden.“

 

Die Gesamtdimension dieser Sammelaktion steht inzwischen auch fest:

 

 

 

VSV/Kolba: LH Platter hinterlässt Tirol eine Sammelklage wegen Ischgl 2020

Keine Antwort auf das Angebot bei Verjährungsverzicht auf Klage zu verzichten

 

Die Finanzprokuratur bringt seit Neuestem in den Amtshaftungsverfahren gegen die Republik Österreich wegen Ischgl 2020 vor, dass der Bund nicht hafte; implizit wird damit vorgebracht, dass die Geschädigten das Land Tirol klagen hätten sollen.

 

"Die Rechtsansicht der Finanzprokuratur wird von uns, unseren Gutachtern und dem Oberlandesgericht Wien nicht geteilt," sagt Peter Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereines (VSV). "Ich habe daher Landeshauptmann Platter angeboten, auf eine Sammelklage gegen Tirol zu verzichten, wenn das Land Tirol für die vom VSV vertretenen Geschädigten einen Verjährungsverzicht abgibt."

 

Das Schreiben des VSV wurde dem Landeshauptmann am 13.9.2022 zugestellt. Bis heute gibt es darauf keine Reaktion.

 

"Platter hinterläßt der nach den Wahlen neuen Landesregierung eine schwere Hypothek. Eine Sammelklage gegen Tirol am LG Innsbruck wird noch jahrelang die internationalen Medien bewegen und dem Ruf von Tirol in der Welt Schaden zufügen," erwartet Kolba. "Ich werde daher an eine erneuerte Landesregierung ebenfalls herantreten und meinen Vorschlag wiederholen. Ich hoffe dann auf mehr Verständnis, wenn die seinerzeitigen Mittäter nicht mehr im Amt sind."[2]

 

 

VSV schlägt Landeshauptmann Platter Verjährungsverzicht vor, um Klage zu vermeiden

 

Die Finanzprokuratur (FinProk) hat Rekurs gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien (OLG Wien), die klagsabweisenden Ersturteile in den Amtshaftungsklagen wegen des Behördenversagens von Ischgl im März 2020 aufzuheben und neu zu verhandeln, erhoben.

 

Darin behauptet die FinProk nun erstmals, dass die schweren Fehler der Tiroler Behörden, insbesondere die nachweislich falsche Medieninformation des Landes Tirol vom 5.3.2020, in der wider besseres Wissen behauptet wurde, in Ischgl infizierte Touristen hätten sich erst auf der Heimreise mit dem Corona-Virus angesteckt, nicht der Republik Österreich zurechenbar wären, sondern vielmehr nur das Land Tirol dafür verantwortlich wäre. Daher wären die gegen den Bund gerichteten Klagen abzuweisen.

 

„Wir und unsere Gutachter sehen das nicht so, und auch das OLG Wien nicht. Die Tiroler Behörden wurden im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung tätig, daher haftet der Bund für deren Fehler,“ sagt Peter Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereins (VSV). „Aufgrund der neuen Verteidigungsstrategie der FinProk sieht sich der VSV aber genötigt, aus prozessualer Vorsicht nun auch zusätzlich das Land Tirol zu klagen.“

 

„Um jedoch auf beiden Seiten sinnlose Geldausgaben zu vermeiden, habe ich heute Landeshauptmann Platter vorgeschlagen, im Fall eines Verjährungsverzichtes des Landes Tirol bis zur Klärung der strittigen Rechtsfrage durch den Obersten Gerichtshof (OGH) mit einer Klage gegen das Land Tirol für die vom VSV vertretenen Geschädigten vorerst zuzuwarten,“ berichtet Kolba.

 

Im Fall eines Verjährungsverzichtes des Landes Tirol könnte man in Ruhe abwarten, bis eine gerichtliche Entscheidung zur Haftung des Bundes rechtskräftig wird. Steht sodann fest, dass der Bund haftet, würde sich eine Klage gegen Tirol endgültig erübrigen.[3]

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nach-stehende

 

Anfrage

 

1.    Kennen Sie das Rechtsgutachten der Finanzprokuratur zur „Causa Ischgl 2020“?

2.    Wurde dieses von Ihnen bzw. Ihren Vorgängern und grünen Parteigenossen Rudolf Anschober bzw. Dr. Wolfgang Mückstein in Auftrag gegeben?

3.    Wenn ja, wann wurde dieses Rechtsgutachten der Finanzprokuratur in Auftrag gegeben und welche Kosten sind dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz bisher durch die rechtliche Beratung der Finanzprokuratur zur „Causa Ischgl 2020“ entstanden?

4.    Welche Rückstellungen und in welcher Höhe wurden bisher in der „Causa Ischgl 2020“ in den Budgetjahren 2020, 2021 und 2022 vorgesehen?

5.    Welche budgetären Vorkehrungen und in welcher Höhe werden für das Budgetjahr 2023 zur „Causa Ischgl 2020“ vorgesehen?

6.    Welche Sektionen und Abteilungen im BMSGPK sind bzw. waren seit 2020 mit der „Causa Ischgl 2020“ befasst?

7.    Welche Rechtsmeinung vertritt das BMSGPK zur Frage der „mittelbaren Bundesverwaltung“ und ihrem Vollzug durch den Organwalter Landeshauptmann Günther Platter und weitere Landesregierungsmitglieder gemeinsam mit dem behördlichen Apparat des Amtes der Tiroler Landesregierung bzw. der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft?

8.    Welche Schlussfolgerungen für den Vollzug der Gesundheitsverwaltung in „mittelbarer Bundesverwaltung“ haben Sie als amtierender Gesundheitsminister bzw. hat das BMSGPK aus der „Causa Ischgl 2020“ seit dem Jahr 2020 gezogen und wie wurden diese durch Novellen in Bundesgesetzen und Bundesverordnungen, die sich in der Vollzugskompetenz des BMSGPK befinden, umgesetzt?



[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20221024_OTS0003/vsvkolba-ischgl2020-offener-brief-an-designierten-lh-mattle

[2] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220923_OTS0011/vsvkolba-lh-platter-hinterlaesst-tirol-eine-sammelklage-wegen-ischgl-2020

[3] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220909_OTS0010/vsvkolba-ischgl-2020-bund-will-nicht-haften-klage-gegen-land-tirol-droht