12995/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.11.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

betreffend BWB Nachbesetzung: Endloses Verfahren und ein geheimes Gutachten

 

Die Besetzung der Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde zieht sich über Monate. Das Bestellungsverfahren ist von Ungereimtheiten begleitet. Offene Fragen ließ der Herr Bundesminister im Ausschuss unbeantwortet.

Das Gutachten

Wie der apa zu entnehmen ist, hat der BMAW in Deutschland ein Gutachten zu einem der Kandidaten für die Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde in Auftrag gegeben. [1]
Der apa-Meldung zufolge hält der beauftragte deutsche Professor den von der
ÖVP präferierten Kandidaten für die BWB-Leitung, Michael Sachs, für „geeignet“.
Na, das wollen wir doch hoffen. Sonst wäre der Kandidat nicht bis in die engste Auswahl gelangt. Welche weiteren Erkenntnisse das deutsche Gutachten zur Besetzung der österreichischen BWB liefert, bleibt den Steuerzahlern, die das Gutachten finanziert haben, verschlossen.
Offensichtlich war das BMAW über die Eignung des Michael Sachs in tiefen Zweifel, sonst wäre eine Kommunikation über die apa, dass der Kandidat „geeignet“ sei, nicht notwendig gewesen. Ob der Kandidat geeignetER ist als seine Mitbewerberin, wurde vom BMAW auch nicht an die apa weitergegeben.

Im Budgetausschuss vom 08.11.2022 erging die Frage an den BMAW, wie viele der Mitarbeiter auf den 49 Planstellen der BWB sich denn mit Fragen des Beihilfenrechts beschäftigen. Nach kurzer Beratung mit den Mitarbeitern des Ministeriums lautete die Antwort: „Keine.“ Die Behörde beschäftige sich vor allem mit Wettbewerbs- und Kartellrechtsfragen. Nun, im Rennen um die Leitung der BWB stehen seit Monaten der Fachmann im Vergabe- und Beihilfenrecht Michael Sachs einerseits und die Wettbewerbs- und Kartellrechtsexpertin Natalie Harsdorf-Borsch andererseits.
Wenn es also in der BWB um Beihilfenrecht gar nicht oder nur am Rande geht, fragt man sich, wie ein Jurist aus dem Beihilfen- und Vergaberecht als Erstgereihter aus dem Bewerbungsverfahren hervorgehen kann. Auf die Frage, wann der BMAW das Gutachten in Auftrag gegeben habe, lautete die Antwort: „Im Sommer oder Herbst.“ Die gezeichneten Abgeordneten hegen nicht die Erwartung, dass ein Minister, der täglich zahlreiche Dinge unterfertigt, sich an alle Daten erinnern kann.
Aber Aufzeichnungen dazu wird es geben.

Die Begutachtungskommission

Begutachtungskommissionen nach dem Ausschreibungsgesetz haben bei der Postenvergabe im öffentlichen Dienst eine hohe Bedeutung, wie aktuell auch die Affäre um die Besetzung des Finanzamtes Braunau zeigt.
Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der zum innersten Kreis der ÖVP unter Sebastian Kurz gehörte und heuer im Sommer bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaats-anwaltschaft (WKStA) auspackte, gab in seiner Einvernahme zum Finanzamt Braunau an: "Aus meiner Sicht gehört die richtige Besetzung der Begutachtungs-kommission zu einer Einflussnahme auf die Besetzung der Funktion dazu".[2]

In der Öffentlichkeit wurden auch schon zweifelhafte Vorgänge rund um die Begut-achtungskommission für die gegenständliche BWB-Leitung diskutiert. So schreibt beispielsweise der „Standard“:

Kritisch wird unter Juristinnen und Juristen zudem Folgendes gesehen: Vorsitzender der Personalkommission war Jörg Zehetner, Partner bei der Wiener Anwaltskanzlei Karasek Wietrzyk (KWR). Er ist – so wie Michael Sachs – Mitglied der Wettbewerbs-kommission, die die BWB laufend berät.[3]

In den Coulouirs ist zu hören, dass der ÖCV die Leitung der BWB als Erbpacht betrachte. Insofern passt die Besetzung der Begutachtungskommission ins Bild.

Der „Standard“ weiter:

Dass Kommissionsvorsitzender Zehetner bzw. die Rechtsanwaltskanzlei Karasek Wietrzyk Bauunternehmen rund um die BWB-Causa Preisabsprachen oder in daraus abgeleiteten Verfahren beraten und sich daraus ein Interessenkonflikt ableiten ließe, wie manche behaupten, das bestreitet Zehetner auf STANDARD-Anfrage vehement. Ein solcher Konflikt, den er als Vorsitzender gemäß Ausschreibungsgesetz anzeigen hätte müssen, liege nicht vor. Denn weder er selbst noch andere Anwälte der Kanzlei KWR seien in solche Verfahren gegen Bauunternehmen involviert. Er habe den Vor-sitz der Begutachtungskommission als Kartellrechtsexperte übernommen und könne Persönliches klar davon trennen, erklärt der Rechtsanwalt.“

Darüber hinaus berichten Ö1 und die Salzburger Nachrichten:

Hinzu komme, dass Sachs eng mit dem Kartellanwalt und Vorsitzenden der Aus-wahlkommission, Jörg Zehetner, befreundet sei.[4]

Es gibt also „Persönliches“ zwischen dem ÖVP-Kandidaten und dem Vorsitzenden der Begutachtungskommission. Aber der Vorsitzende ist der Ansicht, er könne Persönliches von seiner Funktion „Kommissionsvorsitzender“ trennen.
Zuvor, so wird berichtet, soll es zu dem misslichen Umstand gekommen sein, dass die Gattin des ÖVP-Kandidaten Teil der Begutachtungskommission gewesen sei. Das war dann wohl sogar für ÖVP-Verhältnisse ein bisschen zu viel des Guten.
Die Dame, auf einem Ticket der Personalvertretung, verließ die Begutachtungs-kommission, konnte sich aber mündlichen Berichten zufolge in der Personal-vertretung persönlich um ihren Ersatz kümmern.

 

Quellen:

[1] https://www.aomweb.apa.at/portal/restricted/text.htm?txtSession=p_KLkvkNZTYEz13yimELNKK-4_U-0_fH_A3YVifn&hist=0&index=0&scrollPos=0#show&key=APA_20221107_APA0244&date=20221107

[2] https://kurier.at/wirtschaft/uneinigkeit-bei-den-regierungsparteien-ueber-bwb-chefposten/402209394

[3] https://www.derstandard.at/story/2000137108304/wettbewerbsbehoerde-rennen-um-chefsessel-sorgt-weiter-fuer-kritik

[4] https://www.sn.at/wirtschaft/oesterreich/gruene-gegen-oevp-nahen-kandidaten-bei-wettbewerbsbehoerde-123721723

 

Im Sinne der Erledigung eines schier endlosen Stellenbesetzungsverfahrens stellen die gezeichneten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

 

  1. Wann haben Sie Prof. Torsten Körber den Auftrag erteilt, ein Gutachten zur Besetzung der Leitung der BWB zu erstellen?
  2. Welche Organisationseinheit im BMAW hat die Auftragsvergabe vorbereitet, welche hat den Auftrag vergeben?
  3. Nach welchen Kriterien erfolgte die Auswahl des Prof. Torsten Körber?
  4. Welche Argumente sprachen dagegen, einem österreichischen Rechts-professor diesen Auftrag zu erteilen?
  5. Wie lautete der genaue Gutachtensauftrag an Prof. Torsten Körber?
  6. Welche Unterlagen stellte das BMAW dem Gutachter als Basis für sein Gutachten zur Verfügung?
  7. Hat sich das Gutachten mit der in den Medien diskutierten Frage einer möglichen Befangenheit des Vorsitzenden der Begutachtungskommission auseinandergesetzt?
  8. Wie hoch waren die Kosten für die Gutachtenserstellung?
  9. Was ist das inhaltliche Ergebnis des Gutachtens?
  10. Wann stellen Sie das Gutachten der Gemeinschaft der Steuerzahler öffentlich zur Verfügung, die dieses Gutachten ja finanziert hat?
  11. Wenn Sie das Gutachten nicht zur Verfügung stellen, warum nicht?
  12. Welches Mitglied schied wegen Befangenheit aus der Begutachtungs-kommission aus?
  13. Wer folgte diesem Mitglied nach?