13021/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.11.2022
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Christian Ragger

an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

betreffend Effizienz von Windkraftanlagen in Österreich

 

 

Die „Neue Zürcher Zeitung“ hat für die Bundesrepublik Deutschland Zahlen zur Windenergie berechnet und veröffentlicht, die alles andere als ein positives Bild betreffend Effizienz und Versorgungssicherheit zeichnen:[1]

 

Windkraft in Deutschland: Grosse Versprechen, kleine Erträge

Die Auslastung ihrer Windparks hüten die Betreiber wie ein Staatsgeheimnis. Die NZZ hat sie nun selbst berechnet. Die Ergebnisse sind ernüchternd.

 

28 000 größere Windkraftanlagen sind derzeit auf deutschem Boden in Betrieb. Wie viele davon rentabel sind, weiß niemand.

 

Die Auslastung der meisten Turbinentypen lässt sich allerdings in einem Modell simulieren. 18 000 hat die NZZ untersucht und dafür stündliche Wetterdaten über einen Zeitraum von zehn Jahren ausgewertet.

 

Das Ergebnis: Knapp ein Viertel der untersuchten Windräder hat eine Auslastung von weniger als 20%.

 

Überlebensfähig sind solche Anlagen nur dank des deutschen Fördersystems, das auch schlechte Standorte belohnt.

 

Lediglich 15% der Anlagen haben eine geschätzte Auslastung von mehr als 30%. Nur zwei davon befinden sich in Süddeutschland.

 

Weil Windräder wegen Lärm- und Umweltschutz-Vorschriften oft abgeschaltet werden oder langsamer laufen müssen, dürfte der Anteil real noch geringer sein.

 

83% dieser gut ausgelasteten Windräder befinden sich im äussersten Norden. Dort bläst der Wind auch stärker und konstanter als im Süden.

 

Doch geeignete Standorte in Küstennähe sind begrenzt und der Strombedarf der deutschen Industrie riesig.

 

Am meisten Strom wird im Ruhrgebiet und in den südlichsten Bundesländern verbraucht.

 

Bayern und Baden-Württemberg benötigen zusammen mit dem nahen Chemie-Standort Ludwigshafen fast drei Mal so viel Strom wie alle fünf norddeutschen Bundesländer.

 

Deshalb werden nun riesige Stromtrassen gebaut. Sie sollen den Strom dorthin transportieren, wo er tatsächlich gebraucht wird.

Doch dem grün geführten Wirtschaftsministerium reicht das nicht. Auch im windarmen und dicht besiedelten Süden sollen jetzt noch mehr, noch grössere und höhere Anlagen entstehen.

 

Wie unterschiedlich die Anlagen in Deutschland abschneiden, zeigt die Zahl der Turbinen sowie deren Auslastung nach Bundesland.

 

In Deutschlands nördlichstem Bundesland Schleswig-Holstein liegt die Auslastung im Schnitt bei 31%, im windarmen Baden-Württemberg bei nur 17%. Dort gibt es auch deutlich weniger Anlagen als im Norden. Im Bundesdurchschnitt beträgt die Auslastung 24%.

 

Trotz dieser gewaltigen Unterschiede müssen bis Ende 2023 alle Bundesländer 2% ihrer Fläche für Windkraft reservieren. Ob sich für die Flächen auch Investoren finden, ist fraglich.

 

Denn bei den Ausschreibungen um Fördergelder für neue Windkraftprojekte fanden sich zuletzt immer seltener Bieter. Ausgerechnet im Süden, wo die Stromlücke am grössten ist, will kaum jemand investieren.

 

Gemessen an der unbesiedelten Fläche des jeweiligen Bundeslandes gingen im Jahr 2022 die mit Abstand meisten neuen Anlagen an ertragreichen Standorten in Schleswig-Holstein in Betrieb.

 

Die Zurückhaltung hat viele Gründe. Einer davon ist der geringe Ertrag im Süden. Bei vielen Windparks liegt er dort weit unter Plan.

 

Zum Beispiel beim Windpark Nordschwarzwald. Zehn V90- und vier V80-Rotoren der dänischen Firma Vestas drehen sich dort kilometerweit sichtbar auf knapp 900 Metern Höhe.

 

Die Anlage galt als Leuchtturmprojekt im damals noch CDU-regierten Baden-Württemberg. Eine mittlere Auslastung von 30% versprachen die Projektentwickler damals.

 

Die Realität: Zwischen 2007 und 2010 lag die Auslastung bei insgesamt 17% – das zeigen vertrauliche Daten, die den «Stuttgarter Nachrichten» vorliegen. Auch laut NZZ-Berechnung schneidet die V80 im Zehn-Jahres-Mittel mit 16% katastrophal ab. Selbst die V90 kommt nur auf 21%.

 

Dubios ist auch der Betreiber der Anlage. Weder eine Telefonnummer noch eine E-Mail-Adresse existiert von der Firma. Laut Geschäftsbericht macht sie seit Jahren einen Verlust in zweistelliger Millionenhöhe.

 

Aber selbst seriös kalkulierende Betreiber klagen. Etwa über Waldschnepfen, Fledermäuse und Schwarzstörche. Die lassen ihren Ertrag im windarmen Süden noch weiter sinken.

 

Zum Beispiel in Reichertshüll, einem der grössten Wald-Windparks Bayerns. Elf moderne Anlagen der Firma Nordex gingen dort nach einem langen Genehmigungsverfahren im Jahr 2017 ans Netz: mit hohen Türmen und grossen Rotoren. Eigentlich perfekt für Schwachwind-Standorte.

 

Der Windpark erreicht daher als einer der wenigen im Süden eine Auslastung von mehr als 25%. Zumindest theoretisch. Denn die komplexe Topografie im Wald und Drosselungen infolge von Lärm- und Artenschutzauflagen kann die Simulation nur bedingt berücksichtigen.

 

Die Folge: Real liege die Auslastung bei «deutlich unter 20%». Konkrete Zahlen nennt der Schweizer Investor nicht. Aber klar ist: Nicht nur die Topografie, auch der Artenschutz bremst die Windkraft aus.

 

Die Grünen wollen den Schutz bedrohter Vogelarten daher nun deutlich einschränken. Auch die Anlagen selbst sollen noch höher und grösser werden, damit Windkraft im Süden rentabel wird.

 

Wie sehr sich solche Faktoren auf die Auslastung auswirken, zeigt ein Blick auf Anlagen, die vor dem Jahr 2000 gebaut wurden. Damals war der Rotor meistens auf etwa 60 Metern Höhe angebracht und vergleichsweise klein.

 

Entsprechend gering bleibt die durchschnittliche Auslastung: Sie liegt gerade einmal bei 21%.

 

Bei den Anlagen, die seit 2015 gebaut wurden, haben sich Turmhöhe und Rotordurchmesser mehr als verdoppelt. Auch die Auslastung ist mit 29% deutlich höher. Je mehr Strom Windräder erzeugen, desto mehr prägen sie allerdings auch das Landschaftsbild.

 

Doch das ist nicht das einzige Problem: In Süddeutschland standen unlängst drei Anlagen der Firma Enercon kurz nach deren Inbetriebnahme schon wieder still, nachdem Schäden an den riesigen Rotoren entdeckt worden waren. In zwei weiteren Windparks waren zuvor die gleichen Enercon-Turbinen bei einem Sturm zerfetzt worden.

 

Hinzu kommt, dass Forscher für einzelne Greif- und Zugvögel bei steigendem Rotordurchmesser eine deutlich höhere Kollisionsrate nachgewiesen haben. Und wie sich 300-Meter-Kolosse wie im brandenburgischen Schipkau auf die Umwelt auswirken, ist dabei noch gar nicht erforscht.

 

In der kleinen Gemeinde zwischen Cottbus und Dresden entsteht derzeit das grösste Onshore-Windrad der Welt. Zusammen mit dem Rotor ist es fast doppelt so hoch wie der Kölner Dom. Die Anlage könnte auch Vorbild sein für den weiteren Ausbau in Süddeutschland.

 

Die Betreiber hoffen auf eine 40% höhere Windausbeute als bei regulären Windkraftanlagen. Noch ist das aber alles Theorie.

 

Ob die Projektentwickler ihr Versprechen diesmal einlösen, muss sich erst noch zeigen. (Hervorhebungen im Original)

Darüber hinaus gilt es auch für Österreich derartige Berechnungen anzustellen und valide Daten zu liefern, damit bei Investitionen und der Sicherstellung der Versorgung mit Elektrizität in Zukunft von der Politik die richtigen Entscheidungen getroffen werden können.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Werden Daten zur Effizienz der Windenergie bzw. zur Auslastung der einzelnen Windkraftanlagen in Österreich gesammelt?

a.    Wenn ja, wo werden diese Daten publiziert?

b.    Wenn ja, wer ist an der Ermittlung der Windenergieeffizienz bzw. der Auslastung der einzelnen Windkraftanlagen in Österreich beteiligt?

c.    Wenn ja, hat das BMK Anteil an dieser Messung?

d.    Wenn ja, welchen Einfluss auf die Ermittlung haben dabei private bzw. staatliche Institutionen?

e.    Wenn nein, warum nicht?

2.    Welche Zahlen zur Auslastung (auch in Prozent) der einzelnen Windkraftanlagen in Österreich liegen Ihnen vor?

3.    Wie unterscheiden sich die Auslastungen der einzelnen Windkraftanlagen nach Bundesländern, Höhenlagen und Wetterstandort geordnet?

4.    Welche Gebiete bzw. Standorte sind dabei österreichweit, geomorphologisch und meteorologisch betrachtet, die ertragsreichsten in Bezug auf die Auslastung und Stromerzeugung?

5.    Welche politischen Gemeinden sind das - österreichweit sowie nach Bundesländern geordnet?

6.    Welche konkreten Windkraftanlagen sind das in diesem Zusammenhang?

7.    Welche Gebiete bzw. Standorte sind dabei österreichweit, geomorphologisch und meteorologisch betrachtet, die am wenigsten ertragsreichen in Bezug auf die Auslastung und Stromerzeugung?

8.    Welche politischen Gemeinden sind das österreichweit sowie nach Bundesländern geordnet?

9.    Welche konkreten Windkraftanlagen sind das in diesem Zusammenhang?

10. Werden Windkraftanlagen in Österreich aus Lärm- und Umweltschutzgründen ausgeschaltet bzw. langsamer geschaltet?

a.    Wenn ja, unter welchen Umständen?

b.    Wenn ja, welche Rolle spielen dabei für Mensch und Tier wichtige Erholungs- und Lebensräume, sowie Naturschutzgebiete?

11. Welche Fördersysteme gibt es in Österreich zu „schlechten Standorten“?

12. Wie werden diese „schlechten Standorte“ definiert?

13. Wann gilt ein Standort als „gut“, wann als „schlecht“?

14. Wann und nach welchen Kriterien werden auch „schlechte“ Standorte für Windkraftanlagen in Betracht gezogen?



[1] https://www.nzz.ch/visuals/windkraft-in-deutschland-grosse-versprechen-kleine-ertraege-ld.1710681?reduced=true