13035/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.11.2022
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

betreffend Generalsekretärin Landrichtinger als türkise „Schattenministerin“ und Alleinherrscherin

 

 

Über Wochen und Monate brütete die türkise Generalsekretärin Eva Landrichtinger mit ihren engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im stillen Kämmerchen über der Geschäfts- und Personaleinteilung des im Frühjahr 2022 nach dem Abgang der erfolg- und glücklosen türkisen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck neu geschaffenen Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft. Herausgekommen ist eine totale Macht- und Kompetenzkonzentration bei Landrichtinger selbst.

 

Landrichtinger ist eine enge politische Weggefährtin von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, Ex-Finanzminister Gernot Blümel, Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli und dem ehemaligen Generalsekretär im Bundesministerium für Finanzen, Thomas Schmid. Während man als Konsequenz der jahrelangen mutmaßlichen Umtriebe von Schmid und Co. im Auftrag und mit Wissen und Willen seiner Vorgesetzen im Finanzministerium in der Himmelportgasse das ministeriale Generalsekretariat abgeschafft hat, wird am Wiener Stubenring, im ehemaligen k. u. k. Reichskriegsministerium an einem neuen türkisen Absolutismus gearbeitet. Und das unter den Augen von Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher, der dort den Platzhalter und Wirtschaftsexperten zu spielen hat, während „verhaltensökonomisch“ – und da kennt sich Kocher aus – seit seinem Amtsantritt als Arbeitsminister im Jänner 2021 die enge Kurz-, Blümel-, Bonelli- und Schmid-Vertraute Landrichtinger als ministerielle Generalsekretärin den Schattenminister gibt. ­– Siehe dazu, die seit 1. November 2022 geltende Geschäfts- und Personaleinteilung mit weitreichenden Kompetenzen und massiver Machtkonzentration in einer Person:[1]

 

Generalsekretärin

Zusammenfassende Behandlung aller zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums gehörenden Geschäfte; unmittelbare Vorgesetzte aller Sektionsleiterinnen und Sektionsleiter im Bundesministerium sowie Vorgesetzte aller dem Bundesministerium nachgeordneter Dienst stellen; Angelegenheiten der Internen Revision.

Generalsekretärin

LANDRICHTINGER Eva Mag.a                           Generalsekretärin

Büro der Generalsekretärin

Büroleiter
MOSER Andreas Anton Mag. LL.B.
(Doppelzuteilung zum Kabinett)

 

Die türkise Ministeriums-Generalsekretärin Landrichtinger kontrolliert sich de facto zu 100 Prozent selbst, da sie nicht nur die „zusammenfassende Behandlung aller zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums gehörenden Geschäfte“ sich selbst zugeordnet hat, sondern auch die unmittelbare Vorgesetzte aller Sektionsleiterinnen und Sektionsleiter im Bundesministerium sowie Vorgesetzte aller dem Bundesministerium nachgeordneter Dienststellen“ ist – und zum „Drüberstreuen“ auch noch die „Angelegenheiten der Internen Revision“ bei sich angesiedelt hat.

 

Niemand will vor näherer intensiver Prüfung und Befundung Landrichtinger unterstellen, dass in der Vergangenheit oder auch aktuell ein so „intensiv“ ausgestalteter mutmaßlicher Missbrauch der Kompetenzen im BMAW stattgefunden hat oder stattfindet, wie wir ihn aus den Strafverfahrensakten und U-Ausschuss-Protokollen zur Causa „ÖVP-Korruption“ im Bundesministerium für Finanzen in der „Ära Schmid“ medial erfahren mussten.

 

Die komplett aufgehobene „Gewaltenteilung“ im BMAW bildet jedoch die massive organisatorische und personelle Grundlage dafür, dass, wenn Machtmissbrauch aus parteipolitischen Motiven oder eine möglichicherweise angestrebte Durchsetzung persönlicher Interessen auf der Agenda stehen sollten, diese ohne eine tatsächliche Schranke stattfinden könnten, zumal die machtpolitische „Verfahrens- und Entscheidungskonzentration“ in der Person Landrichtinger maßgeschneidert nach dem Drehbuch des „Projekt Ballhausplatz“ aus 2016 und2017 aufgesetzt ist.

 

In den Reihen langjähriger ÖVP-Spitzenbeamter im Bereich Wirtschaft soll sich hier jedenfalls schon massiver Widerstand organisieren, sodass man jede „Weisung“ und jede „Anregung“ aus dem Generalsekretariat nur mehr „behandschuht“ angreifen und prüfen will, um nicht in eine mutmaßlich sich entwickelnde „Causa“ in Sachen Personal oder Förderungen involviert zu werden.

 

Dass die Zurücklegung der Funktion der Kabinettschefin von Arbeits- und Wirtschaftsminister Kocher durch Landrichtinger nur ein Ablenkungsmanöver darstellt, zeigt allein die Tatsache, dass ihr Büroleiter im Generalsekretariat zum Kocher-Kabinett „doppelzugeteilt“ ist, also auch dort eine führende Funktion innehat und damit die Interessen seiner Chefin weiterhin wahren kann.

 

Für den zuständigen Minister Kocher macht eine solche Machtkonzentration in der Person Landrichtingers jedenfalls keinen „schlanken Fuß“. Ein neuer parlamentarischer Untersuchungsausschuss, der etwa auch die Causa „Hygiene Austria“ und andere Ungereimtheiten im Umfeld der Corona-Maßnahmen, Auftragsvergaben und Förderungen aufdecken soll, würde hier wohl neuen Druck aufbauen – dies jedoch nur, wenn diese Legislaturperiode noch andauert und es nicht schon bald Neuwahlen und einen wohl damit einhergehenden Abgang von Kocher und Landrichtinger aus dem Amtsgebäude am Stubenring geben wird.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft folgende

 

Anfrage

 

1.    Wann wurde die neue Geschäfts- und Personaleinteilung im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW), die mit 1. November 2022 in Kraft getreten ist, ausgearbeitet und beschlossen?

2.    Wer hat diese neue Geschäfts- und Personaleinteilung des BMAW ausgearbeitet und beschlossen?

3.    Welche Rolle spielte bei der Ausarbeitung und Beschlussfassung der neuen Geschäfts- und Personaleinteilung des BMAW die „Schattenministerin“ und Ex-Kabinettchefin, Generalsekretärin Mag. Eva Landrichtinger?

4.    Welche Überlegungen führten dazu, dass die beiden Innenrevisionsabteilungen für den Bereich „Arbeit“ und den Bereich „Wirtschaft“ direkt der „Schattenministerin“ Landrichtinger zugeordnet sind?

5.    Wie soll hier praktisch eine unabhängige Innenrevision stattfinden, die auch Entscheidungen bei organisatorischen, personellen und finanziellen Geschäftsfällen des Generalsekretariats bzw. der Generalsekretärin betreffen?

6.    Warum sind in der Abteilung Innenrevision für den Bereich „Arbeit“ Leitung und stellvertretende Leitung immer noch „provisorisch“ besetzt bzw. bestellt?

7.    Bis wann werden in der Abteilung Innenrevision für den Bereich „Arbeit“ Leitung und stellvertretende Leitung „definitiv“ besetzt bzw. bestellt?

8.    Welche Geschäftsfälle des vormaligen Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend (BMAFJ) bzw. Bundesministerium für Arbeit (BMA) werden aktuell durch die Abteilung Innenrevision für den Bereich „Arbeit“ einer Untersuchung unterzogen?

a.    Bis wann ist mit diesbezüglichen Ergebnissen zu rechnen bzw. wann werden diese Untersuchungen abgeschlossen sein?

9.    Welche Geschäftsfälle des vormaligen Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) werden aktuell durch die Abteilung Innenrevision für den Bereich „Wirtschaft“ einer Untersuchung unterzogen?

a.    Bis wann ist mit diesbezüglichen Ergebnissen zu rechnen bzw. wann werden diese Untersuchungen abgeschlossen sein?

10. Wie sehen die konkreten Prüfpläne der Abteilung Innenrevision für deb Bereich „Arbeit“ und der Abteilung Innenrevision für den Bereich „Wirtschaft“ jeweils für die Jahre 2022/2023 aus?



[1] https://www.bmaw.gv.at/dam/jcr:418fdce4-c2f3-4d13-bd05-ba7729f07250/GuP_01112022.pdf (S. 13)