13086/J XXVII. GP
Eingelangt am 17.11.2022
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ANFRAGE
des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Grüner Wunschkandidat bei Bestellung des BVwG-Präsidenten?
Mit Ende des Jahres 2022 geht der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Harald Perl, in Pension. Die Regelung und personelle Auswahl seiner Nachfolge sorgte bereits vor Monaten für einen Skandal, da in einem aufgetauchten Sideletter zwischen den Regierungsparteien ÖVP und Grüne dessen Nachfolge politisch zugunsten der ÖVP geregelt wurde bzw. wird, obwohl es ein gesetzlich geregeltes Auswahlverfahren gibt. Nun wurde die Besetzungskommission für die Präsidentenstelle am Bundesverwaltungsgericht konstituiert und Sie haben in ihrer Funktion als Justizministerin darauf wesentlichen Einfluss genommen, wie ebenfalls den Medien zu entnehmen war:
Zadić machte die die Angelegenheit zur Chefinnensache und sendete Ex-Vizekanzler und Universitätsprofessor Clemens Jabloner sowie die Verfassungsrechtlerin Iris Eisenberger als Vertreter und Vertreterin der Wissenschaft in die Kommission. Als Vertreter des Justizministeriums wählte Zadić Michael Fruhmann, Leiter der Stabsstelle für Vergaberecht.[1]
Einerseits wirft dies die Vermutung auf, dass Sie in Ihrer Funktion über die Einflussnahme auf die Besetzungskommission einen den Grünen genehmen Kandidaten im Ringen um den Posten des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts forcieren. Beispielsweise wird der Bewerberin Sabine Matejka, jetzige Präsidentin der Richtervereinigung, eine gewisse Nähe zu den Grünen nachgesagt. Mit politischen Äußerungen fiel sie zudem auf, als sie in der Vergangenheit betonte, „auf Populismus angemessene Antworten finden zu wollen“.[2]
Darüber hinaus, gilt die von Ihnen für die Besetzungskommission nominierte Iris Eisenberger ebenfalls als Grün-nahe und galt als potenzielle Kandidatin für das grüne Ticket des Vizepräsidentinnen-Posten beim VfGH.[3] Und auch Michael Fruhmann aus Ihrem Ressort könnte man eine Nähe zu den Grünen nachsagen, bedankte sich doch der grüne Nationalratsabgeordnete Hermann Weratschnig diesen Sommer in einer Plenumsrede explizit bei Herrn Fruhmann.[4]
Andererseits ist die Neubesetzung des BVwG-Präsidenten angesichts breiter Kritik, unter anderem der EU-Kommission, an der mangelhaften Unabhängigkeit der Justiz, vor allem in puncto Präsidiumsbesetzungen in Höchstgerichten und politischem Einfluss darauf, sowie bisher ausgebliebener Reformen und Gesetzesänderungen nicht zu rechtfertigen. Die EU-Kommission schreibt in ihrem Rechtsstaatlichkeitsbericht 2022, und auch in den Berichten der vergangenen Jahre, zur österreichischen Justiz dazu folgendes:[5]
Während eine Reform des Ernennungsverfahrens für den Vizepräsidenten und den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs angekündigt wurde, nachdem der Mangel an richterlicher Mitwirkung bei ihrer Ernennung in die Kritik geraten war, bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich der Ernennung von Präsidenten und Vizepräsidenten an Verwaltungsgerichten.
Die EU-Kommission sah angesichts dieser Thematik
die Notwendigkeit einer Beteiligung der Justiz an den Verfahren zur Ernennung des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs sowie der Gerichtspräsidenten der Verwaltungsgerichte unter Berücksichtigung der europäischen Standards für die Ernennung von Richtern und die Auswahl von Gerichtspräsidenten.
Ebenso sind Präsident und Vizepräsident des BVwG Ihnen als Ministerin im Rahmen der Justizverwaltung weisungsgebunden, was zu weiteren Spannungen und potenzieller politischer Einflussnahme führt, beispielsweise weil Richter des BVwG auch über Beschwerden gegen Bescheide aus Ihrem Ressort bzw. von Ihnen als Justizministerin und der Ihnen untergeordneten Behörden entscheiden. Im Vergleich zu Richtern von Zivil,- und Strafgerichten, ist hier die richterliche Unabhängigkeit kaum gegeben.
Mit der Postenbesetzung müsste daher zumindest zugewartet werden, bis entsprechende Änderungen in der Gesetzesmaterie vorgenommen wurden. Es darf darauf hingewiesen werden, dass beispielsweise die Leitung des Bundesfinanzgerichts jahrelang nicht nachbesetzt wurde, somit eine sofortige Nachbesetzung des BWvG-Präsidenten ebenfalls aufgeschoben werden könnte.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete nachstehende Anfrage an die Bundesministerin
Anfrage
1.b.i. Wenn ja, wie?
1.b.ii. Wenn nein, warum nicht?
[1] https://www.derstandard.at/story/2000139705175/tuerkis-gruener-sideletter-nachfolge-von-bvwg-praesident-in-heisser-phase
[2] https://www.derstandard.at/story/2000068306433/sabine-matejka-reisefreudige-juristin-trotzt-dem-populismus
[3] https://www.diepresse.com/5768010/gesucht-die-erste-gruene-am-hoechstgericht
[4] Nationalrat, XXVII. GP 7. Juli 2021 115. Sitzung / 1
[5] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_4467