13110/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.11.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Falsch-Infos in Impf-Folder

 

 

Am 15.11.2022 berichtete das Online-Medium „exxpress“ folgendes:[1]

 

Experte Martin Sprenger kritisiert Falsch-Infos in Johannes Rauchs Impf-Folder

 

Zahlreiche Informationen im Folder “Wissenswertes zur Corona-Schutzimpfung” sind falsch, kritisiert Prof. Dr. Martin Sprenger. Die Broschüre war zuvor unter anderem in Schulen verteilt worden. In einem Schreiben an Gesundheitsminister Johannes Rauch warnt der Gesundheitsexperte vor den Schäden, die der Folder anrichtet

 

Mehrere Fake News zu Impfung und Corona hat Martin Sprenger von der Medizin-Uni Graz im neuen Impf-Folder des Gesundheitsministers entdeckt. Zuvor hatten die eigenen Kinder dem Gesundheitsexperten den Folder vorgelegt, nachdem sie ihn in der Schule erhalten hatten. Einige Aussagen darin seien wissenschaftlich nicht belegt, andere “sogar irreführend oder nicht korrekt”, kritisiert Sprenger in einem offenen Brief an Johannes Rauch.

 

Mehr Schaden als Nutzen der Kampagne

 

Der Brief erfülle nicht die “Kriterien für Gute Gesundheitsinformation” der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK), beklagt Sprenger weiter. Sein Urteil: “Eine Verbreitung des Folders könnte das Vertrauen in (alle) Impfungen weiter beschädigen. Der Nutzen dieser Kampagne für die Akzeptanz von Impfungen könnte deutlich geringer sein als der damit verbundene Schaden.” Der Minister sollte die Impfkampagne für junge Menschen “beenden”.

 

In mehreren Punkten listet Sprenger die von ihm gefundenen Fehler auf und belegt seine Einwände mit wissenschaftlichen Quellen. Er hat sein Schreiben auch auf Facebook geteilt. Wir bringen die wichtigsten Kritik-Punkte.

 

Mehrere Fachartikel raten von Impfung für Kinder ab

 

Im ersten Punkt stößt sich Sprenger an der Formulierung: “Die Impfung ist ab dem 5. Lebensjahr empfohlen”. Das treffe zwar auf Österreich zu, aber nicht auf alle Länder in der EU. “So gibt es in unserem Nachbarland der Schweiz oder  in skandinavischen Ländern dazu keine Empfehlung. Das sollten interessierte Eltern wissen. Auch eine aktuelle Übersichtsarbeit hat mehr Artikel gefunden, die sich gegen eine Impfung von Kindern aussprechen als dafür.” Darüber hinaus müsse “eine Impfempfehlung immer das aktuelle Nutzen/Risiko-Verhältnis berücksichtigen”.

 

Der Satz “Auch genesene Personen benötigen für den bestmöglichen Schutz eine Grundimmunisierung bzw. Auffrischung” sei “nicht evidenzbasiert und widerspricht auch den Empfehlungen der Gesundheitsbehörden anderer EU-Staaten”.

Widersprüche zu bestehenden Studien

 

Die Aussage “COVID-19 ist weiterhin gefährlich” sei mit Blick auf junge und gesunde Menschen “eine Fehlinformation, da aktuell das Risiko vergleichbar mit anderen, gesellschaftlich gut akzeptierten Infektionskrankheiten und Gesundheitsrisiken ist”.

 

Durch “unzählige Studien widerlegt” sei der Satz: “Eine durchgemachte Infektion schützt nicht vor einem schweren Krankheitsverlauf”. Selbst Untersuchungen aus Österreich widerlegen diese Behauptung.

 

Irreführend ist die Aussage: “Die Impfung wirkt. Sie kann eine Ansteckung nicht immer verhindern …“.  Dazu meint Sprenger: “Der Passus ‘nicht immer’ suggeriert, dass dies in den meisten Fällen gelingt. Das ist nicht korrekt”.

Keine Belege für Schutz vor Long Covid

 

Mehrere Kritikpunkte hat Sprenger zu einem Info-Kasten:

 

Dass alle verfügbaren Impfstoffe “umfangreich getestet” sei strittig: “Ob die frühzeitig enblindeten Zulassungsstudien und nach wie vor nicht zugänglichen Rohdaten die Aussage ‘umfangreich getestet’ zulässig machen, darf debattiert werden”, erklärt Martin Sprenger.

 

Zu den “schweren Krankheitsverläufe” erklärt Sprenger unter Verweis auf die verfügbaren zahlen, dass diese bei Kindern und Jugendlichen “extrem selten” sind. “Aktuell ist das Risiko eines gesunden jungen Menschen an Covid-19 schwer zu erkranken minimal, vor allem wenn sich die Person schon ein- oder mehrmals mit SARS-CoV-2 infiziert hat.

 

Keinen empirischen Beleg gebe es dafür, dass die Impfstoffe “einen guten Schutz” vor Long Covid bieten: “Die verfügbaren Beobachtungsstudien bieten dazu keine verlässliche Datenbasis. Hinzukommt, dass Long Covid bei jungen Menschen ebenfalls nicht gut belegt ist und auch für Erwachsene das Risiko unter Omikron noch einmal deutlich abgenommen hat.

 

Dem Artikel beigefügt sind folgende Abbildungen des gegenständlichen Impf-Folders:

https://exxpress.at/media/2022/11/impf-folder-2.jpeg

 

https://exxpress.at/media/2022/11/impf-folder-635x447.jpeg

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Warum wird die Impfung ab dem 5. Lebensjahr im Impf-Folder empfohlen, obwohl zahlreiche Länder diese Empfehlung nicht aussprechen?

2.    Warum wird im Impf-Folder nicht darüber informiert, dass eine Impfung ab dem 5. Lebensjahr in zahlreichen Ländern nicht empfohlen ist?

3.    Warum wird im Impf-Folder die Impfung ab dem 5. Lebensjahr empfohlen, ohne das aktuelle Nutzen/Risiko-Verhältnis der jeweiligen Personen- und Altersgruppen zu berücksichtigen?

4.    Welche Evidenz hat die Aussage, dass „auch genesene Personen […] für den bestmöglichen Schutz eine Grundimmunisierung bzw. Auffrischung“ benötigen?

5.    Welche Empfehlungen der Gesundheitsbehörden anderer EU-Staaten sprechen für diese Aussage?

6.    Inwiefern sind „alle derzeit verfügbaren Impfstoffe […] umfangreich getestet [worden] und zeigen einen guten Schutz vor schweren Krankheitsverläufen und Long Covid“?

7.    Welche zugänglichen Rohdaten stützen diese Behauptung?

8.    Welche Begründung geben Sie für die Behauptung, wonach die Impfung „schwere Krankheitsverläufe“ bei Kindern und Jugendlichen verhindere?

9.    Welche empirischen Belege können Sie vorlegen, wonach die „verfügbaren Impfstoffe“ „einen guten Schutz“ vor Long Covid bieten?

10. Woher nehmen Sie die Aussage und wie begründen sie diese, dass sich „Expertinnen und Experten weltweit […] einig“ sind?

11. Inwiefern ist COVID-19 für junge Menschen „weiterhin gefährlich“?

12. In welchem Bezug zu welchen anderen Krankheiten steht diese Aussage und wie begründen Sie diese?

13. Inwiefern schützt „die Impfung […] auch vor möglichen Langzeitfolgen von COVID-19 (Long Covid)“?

14. Welche evidenzbasierten Daten stützen diese Aussage?

15. Inwiefern schützt „eine durchgemachte Infektion […] nicht vor einem schweren Krankheitsverlauf“?

16. Wie begründen Sie diese Aussage, zumal sie durch zahlreiche Studien bereits widerlegt ist?

17. Welchen Aussagewert hat die widersprüchliche Konstruktion: „Die Impfung wirkt. Sie kann eine Ansteckung nicht immer verhindern ...“?

18. Was bedeutet dabei „nicht immer“?

19. Inwiefern entspricht Ihr Folder den 15 Kriterien für Gute Gesundheitsinformation?

20. Erkennen Sie die von Ihnen angegebenen Informationen als irreführend oder nicht korrekt?

a.    Wenn nein, mit welchen Begründungen nicht?

21. Wie vielen Personen wurde dieser Folder zugänglich gemacht?

22. Welche Konsequenzen und Maßnahmen werden Sie bzgl. der Verbreitung dieses irreführenden Folders ergreifen?

23. Welche Gegenaufklärungen bzw. Richtigstellungen für die in diesem Folder behaupteten Aussagen werden Sie den betroffenen Personen zugänglich machen, um gute Gesundheitsinformation zu betreiben?



[1] https://exxpress.at/experte-martin-sprenger-kritisiert-falsch-infos-in-johannes-rauchs-impf-folder/