13128/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.11.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Folgeanfrage: Fake News und Asyl

 

Am 2. Mai 2022 gab das Bundesministerium für Inneres bekannt, eine "Aktion scharf" gegen "Asyl-Missbrauch" zu starten. "Unser Ziel ist jenen zu helfen, die Hilfe benötigen, aber auch klare Grenzen zu jenen zu ziehen, die die Situation ausnutzen", so Innenminister Gerhard Karner. Die „steigenden Asylzahlen“ sowie der vermeintliche „Asyl-Missbrauch“ dienen dem Innenministerium als Legitimierung für die sogenannte „Aktion scharf“. Jedoch ist sowohl die Darstellung der Zahlen als auch die Argumentation des Innenministeriums aus mehreren Gründen zutiefst irreführend. Die Art wie Daten zu Asyl vom Innenministerium präsentiert werden, müssen sowohl kritisch betrachten als auch kontextualisiert werden. 

Datum

01.2019

01.2020

01.2021

01.2022

07.2022

Anzahl Grundversorgung

43.140

30.878

26.659

30.221

31.334

 


 

Im Rahmen der "Aktion scharf" finden seit Mai 2022 zahlreiche Schwerpunktaktionen statt. Den Mehrwert solcher Aktionen kann das Bundesministerium für Inneres nicht quantifizieren - obwohl letztere zwischen Mai bis Juli 2022 1,5 Mio Euro gekosten haben. Es stellte sich in der Beantwortung zur NEOS-Anfrage 11823/J beispielsweise heraus, dass keine Daten dazu erhoben werden, wie viele der im Rahmen der Schwerpunktaktionen angezeigten Verwaltungsübertretungen sich tatsächlich auf Delikte des FPG stützen. Wieso die sogenannte "Aktion Scharf" überhaupt notwendig ist, rechtfertigt das Innenministeriums durch „ressortinterne Analysen und externe Hinweise". Der konkrete Inhalt dieser Analysen und Hinweise wird jedoch nicht wiedergegeben. Die Dauer der Aktion scharf will das BMI aus „kriminalstatistischen Gründen“ nicht nennen. Etliche Fragen werden seitens des Bundesministeriums für Inneres zur Gänze ignoriert. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wieso wurde seitens Ihres Ressorts die Entscheidung getroffen, bei der medialen Darstellung der Anzahl an Asylanträgen zwischen originären Anträgen, Anträgen von nachgeborenen Kindern und Familienzusammenführung von einer Unterscheidung abzusehen?
  2. Wieso wurde seitens Ihres Ressorts die Entscheidung getroffen, bei der medialen Darstellung der Anzahl an Asylanträgen die „sonstigen Entscheidungen“, d.h. insbesondere eingestellte Verfahren einzuberechnen?
  3. Wieso wurde seitens Ihres Ressorts die Entscheidung getroffen, „sonstige Entscheidungen“, d.h. insb. Verfahrenseinstellungen, in die Berechnung der Schutzquote miteinzubeziehen?
  4. Wieso und basierend auf welcher Datenlage hat Ihr Ressort die Entscheidung getroffen, einen kausalen Zusammenhang zwischen der Anzahl an Asylanträgen und vermeintlichem „Asyl-Missbrauch“ zu ziehen?
  5. Wieso und basierend auf welcher Datenlage hat Ihr Ressort die Entscheidung getroffen, einen kausalen Zusammenhang zwischen der Anzahl an Asylanträgen und einer "Belastung" des "Systems" zu ziehen?
    1. Ist Ihnen, Herr Bundesminister für Inneres, bewusst, dass die Anzahl an Personen in der Grundversorgung (exkl. Schutzsuchende iSd Vertriebenen-VO) über die letzten Jahre ungefähr gleich geblieben ist?

                                          i.    Wenn ja, aufgrund welcher Daten- und Sachlage geht das Bundesministerium für Inneres von einer zusätzlichen „Belastung“ aus?

  1. Welche Maßnahmen hat Ihr Ministerium wann ergriffen um der hohen Anzahl an Verfahrenseinstellungen zu begegnen?
    1. Ist eine Evaluierung vorgesehen?

                                          i.    Wenn ja, wann und von wem soll sie durchgeführt werden?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

    1. Gibt es dazu einen Austausch auf EU-Ebene bzw. sind auf EU-Ebene Maßnahmen geplant?

                                          i.    Wenn ja, wann und welche? 

  1. Wieso wurde seitens Ihres Ressorts die Entscheidung getroffen, in der Asylstatistik die Schutzgewährungen den rechtskräftig negativen Entscheidungen gegenüberzustellen?
    1. Ist Ihnen bewusst, Herr Innenminister, dass in einem Asylverfahren oft mehrere Entscheidungen getroffen werden und es für eine Person ggf. mehrere Entscheidungen geben kann?
    2. Ist Ihnen bewusst, Herr Innenminister, dass aus dieser Darstellung weder akkurat ableitbar ist, wie viele Menschen betroffen sind, noch, wie viele in Österreich bleiben dürfen oder nicht?
    3. Wird diese Information von Mitarbeiter_innen Ihres Ressorts an Medien weitergegeben?
  1. Aufgrund welcher Sachlage gingen Sie, Herr Innenminister, davon aus, dass der Krieg in der Ukraine zu einer Abnahme der Zahl der Flüchtlingen aus anderen Regionen führen werde?
    1. Ist Ihnen bewusst, Herr Innenminister, dass ein Schutzstatus nach Maßgabe der GFK und des AsylG gewährt wird und nicht nach Quoten oder Nationalität?
  1. Zu den Fragen 1-8 (exkl. 6.b.): Aus welchen Gründen war es Ihnen bzw. Ihrem Ressort nicht möglich, diese Fragen im Rahmen der Beantwortung 11530/AB zu 11823/J zu beantworten? 
  2. Mit welchen Kosten war die "Aktion scharf'' seit 2. Mai bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung insgesamt verbunden?
  3. Mit welchen Kosten wird die "Aktion scharf'' künftig noch verbunden sein bzw. Mittel in welchem Ausmaß plant Ihr Ministerium für die "Aktion scharf" noch ein? 
  4. Laut 11530/AB musste "auf Basis ressortinterner Analysen und externer Hinweise von einem erhöhten Risiko des illegalen Grenzübertrittes und erhöhter Schlepperkriminalität ausgegangen werden". Was ist der konkrete Inhalt dieser "ressortinternen Analysen"? Bitte um Übermittlung der Analysen.
    1. Von wem haben Sie jeweils wann "externe Hinweise" bekommen? 

                                          i.    Was war der konkrete Inhalt dieser Hinweise? 

                                        ii.    Wie konnten Sie bzw. Ihr Ressort die Standhaftigkeit dieser externen Hinweise überprüfen? 

  1. In der Beantwortung 11530/AB vertritt das Innenministerium die Ansicht, dass eine "Abänderung oder Aufhebung einer Entscheidung des BFA durch das BVwG für sich keine Qualitätsaussage zulässt“. Woran beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort die Qualität der Arbeit des BFA, wenn nicht an dessen Fehlerquote? 
  2. Durch die Beantwortung zur NEOS-Anfrage 11921/J stellte sich heraus, dass die Fehlerquote des BFA im ersten Halbjahr 2022 rund 57% betrug. Sehen Sie bzw. Ihr Ressort Handlungsbedarf zur Qualitätssicherung im erstinstanzlichen Asylverfahren? 
    1. Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie wann setzen? 
    2. Wenn nein, warum nicht?