1338/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.04.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Ermittlungen wegen mutmaßlichen Falschaussagen Michael Kloib- müllers vor dem BVT-Untersuchungsausschuss

Die Erstanfragestellerin brachte am 23. Juli 2019 eine umfassende Sachverhaltsdar­stellung gegen Michael Kloibmüller (ehemaliger Sektionschef der Sektion I und lang­jähriger Kabinettchef im Bundesministerium für Inneres) in Zusammenhang mit mut­maßlichen Falschaussagen 288 Abs 3 iVbm § 288 Abs 1 StGB) im Rahmen seiner Aussage als Auskunftsperson vor dem "BVT-Untersuchungsausschuss" ein.

In dieser Sachverhaltsdarstellung wurden auf 16 Seiten stichhaltige Beweise vorgebracht und konkrete Ermittlungsschritte angeregt. Bereits anhand klarer Widersprüche zwischen mehreren glaubwürdigen Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss (vor allem jene des BVT-Direktors Gridling) sowie den nicht nachvollziehbaren bis denkunmöglichen Erklärungen des Michael Kloibmüller wird in der Sachverhaltsdarstellung belegt, hinsichtlich welcher Aussagen der erhärtete Verdacht der Erfüllung des Tatbestands des § 288 besteht.

So gab sich Kloibmüller etwa hinsichtlich der Bedeutung der Bezeichnung "rot-weiß­rot" in Zusammenhang mit Personalbesetzungen in der Ära "Strasser" völlig unwissend, obwohl diesem aufgrund seiner beruflichen Vergangenheit die Bezeichnung "rot-weiß-rot" als Codewort für ÖVP absolut klar sein musste. So war Kloibmüller als ehemaliger Personalchef und später als Kabinettschef im BM.I auch direkt mit der Bearbeitung zahlreicher, an ihn oder den damaligen Bundesminister Ernst Strasser, gerichteter "Interventionen” befasst, in welchen zB Strasser von einem ÖVP Abgeordneten explizit ersucht wurde "rot-weiß-rote" Überlegungen bei Nachbesetzungen in Betracht zu ziehen. Entsprechende Belege dafür sind in der Sachverhaltsdarstellung angeführt.

Dies wurde, wie ebenfalls in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, auch von ande­ren Auskunftspersonen im Rahmen ihrer Befragungen vor dem BVT- Untersuchungsausschuss bestätigt. Dass ausgerechnet der damalige Chef der Sek­tion I (für Personalwesen zuständig), der noch dazu zum Teil selbst Adressat diver­ser "Interventionen" von ÖVP Politikern war und in diese Mailverkehre eingebunden war, nicht über diese klar erkennbare Bedeutung im Bilde war und nach wie vor ist, scheint geradezu denkunmöglich.

Die Erstanfragestellerin geht daher, wie in der Sachverhaltsdarstellung dargelegt, davon aus, dass Kloibmüller als einem der Hauptproponenten in den "Strasser-Mails" selbstverständlich in vollem Ausmaße klar war, dass "rot-weiß-rot” nicht nur die Far­ben der Republik sind, sondern dies ganz bewusst als Code für eine Nähe zur ÖVP verwendet wurde.

Auch das Projekt "Donauwalzer", einer auch medial bekannten Organisationsreform im Bereich der Polizei Anfang der 2000er Jahre, war Kloibmüller laut dessen Aussa­gen nicht bekannt, was in Anbetracht seines beruflichen Werdegangs (er war damals bereits im Kabinett des Innenministers Strasser tätig) nicht plausibel ist.

Hinsichtlich der Frage nach der mutmaßlichen Einholung von Informationen zu V- Leuten im BVT verneinte Kloibmüller eine solche Anfrage getätigt zu haben. Dies steht in offenem Widerspruch zu den Aussagen von BVT-Direktor Gridling, wonach Kloibmüller genau nach diesen Informationen gefragt habe. Es müssen sohin die objektiven Tatbestandsmerkmale des § 288 StGB zwingend bei einer der beiden Personen vorliegen.

Ein weiterer Punkt der Sachverhaltsdarstellung war, dass es laut BVT-Direktor Grid­ling wiederholt zu Interventionen bei Postenbesetzungen im BVT gekommen sei. So sei etwa R.-U. P. laut Gridling über "Intervention des Kabinetts" zu ihrer Anstellung im BVT gelangt. Auch hier verneinte Kloibmüller im Rahmen seiner Befragung als Auskunftsperson jegliche Intervention bzw. jegliche Kenntnis über politisch motivierte Postenbesetzungen in seiner Zeit im BM.I, obwohl der als Kabinettschef mit aller­höchster Wahrscheinlichkeit über diese Vorgänge Bescheid wusste. Gerade im Zu­sammenhang mit den vielzitierten "Strasser-Mails”, der Aussagen des BVT-Direktors und anderen Auskunftspersonen, sowie den Medienberichten rund um politisch moti­vierte Postenbesetzungen im BM.I, liegt auch hier der Verdacht einer falschen Be­weisaussage nahe.

Weiters wurde der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gebracht, dass Kloibmüller im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BVT-Untersuchungsausschuss bestritt, dass die Erlangung seines derzeitigen Postens bei der WET-Gruppe in irgendeinem Zu­sammenhang mit seiner offensichtlichen politischen Nähe/Zugehörigkeit zur ÖVP stünde. In der Sachverhaltsdarstellung wurde detailliert dargelegt, dass die WET Gruppe im Einflussbereich der ÖVP steht. Dies liegt einerseits an der Eigentü­merstruktur der WET-Gruppe, kann aber auch anhand der Unternehmenspolitik in Sachen "Werbemaßnahmen" in ÖVP Parteimedien beobachtet werden. Es erscheint schlicht lebensfremd, dass der langjährige Kabinettchef verschiedener ÖVP- Innenminister rein zufällig nach seinem Ausscheiden bei einem Unternehmen "unter­kommt", welches belegbar im direkten Einflussbereich der ÖVP steht. (https://www.dossier.at/dossiers/inserate/inserieren-fuer-die-volkspartei/ sowie https://www.derstandard.at/story/2000072570214/inserieren-fuer-niederoesterreichs- volkspartei).

All diese und weitere Gründe wurden in der Sachverhaltsdarstellung vom 23. Juli 2019 detailreich und mit Beweisanboten unterlegt dargestellt.

Nachdem die anfragestellende Abgeordnete bis dato noch nicht von einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens in Kenntnis gesetzt wurde und die klare Beweislage eine Erledigung nach § 35c StAG keineswegs zulässt, wird davon ausgeganen, dass der­zeit ein Ermittlungsverfahren in Gang ist.

Da trotz der eindeutigen Beweislage nach Informationsstand der Abgeordneten bis dato noch keine Anklage erhoben wurde und seit Einbringung der Sachverhaltsdar­stellung bereits 8 Monate vergingen, besteht auch hier - trotz Wissen um die immen­se Arbeitsbelastung der Staatsanwältlnnen - die Gefahr, dass dieses politisch heikle Verfahren vorerst zur Seite gelegt wird, um es zu einem späteren Zeitpunkt einzu­stellen.

Aus Sicht der Anfragesteller_innen ist es von enormer Bedeutung die in der Sach­verhaltsdarstellung dargelegten Widersprüche und Ungereimtheiten durch umfas­sende Ermittlungen aufzuklären. Falschaussagen vor Untersuchungsausschüssen sind im Sinne des Gesetzes entsprechend zu ahnden, damit die verhängten Sanktio­nen ihre generalpräventive Wirkung entfalten können. In diesem Sinne sollte die par­lamentarische sowie die strafrechtliche Aufarbeitung politisch und strafrechtlich rele­vanter Vorgänge der Vergangenheit nicht einfach durch krudes Abstreiten von Offen­sichtlichem oder unerklärbare Erinnerungslücken behindert werden, ohne jemals Folgen zu zeitigen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Welche Staatsanwaltschaft ermittelt unter welcher Geschäftszahl in der Causa?

2.    Wird die Sache als Verschlusssache geführt und wenn ja, warum?

3.    Mit welchem Datum wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und welche Er­mittlungsschritte wurden bis dato gesetzt?

4.    Wird Michael Kloibmüller derzeit als Verdächtiger oder Beschuldigter geführt?

5.    Gab es bereits Vernehmungen von Zeug_innen und/oder Beschuldigten?

a.    Wenn ja, wie viele jeweils?

b.    Wenn ja, wie viele dieser Vernehmungen wurden jeweils von der Kriminalpolizei durchgeführt?

c.    Wenn nein, warum nicht?

6.    Wurden irgendwelche Unterlagen zur Beurteilung des Verdachts beigeschafft?

a.    Wenn ja, wurden die Protokolle und sonstige Unterlagen des "BVT- Untersuchungsausschusses” beigeschafft?

b.    Wenn ja, wurden auch weitere Unterlagen beigeschafft?

c.    Wenn nein, warum unterblieb dies jeweils?

7.    Wurden die in der Sachverhaltsdarstellung konkret bezeichneten Beweismittel aufgenommen oder herbeigeschafft?

a.    Wenn ja, welche, wann, von wem und mit welchem Ergebnis für das Er­mittlungsverfahren?

b.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Wurden irgendwelche sonstigen Schritte zur Aufklärung des geschilderten Sach­verhaltes unternommen?

a.    Wenn nein, warum nicht?

i.    Ist ein derart langes Ausbleiben von wesentlichen Ermittlungsschritten üblich und wenn ja, worauf ist dies zurückzuführen?

9.    In Anbetracht der langjährigen Führungsposition und hochgradigen Vernetzung des Beschuldigten Kloibmüller innerhalb des BM.I, wäre es für den objektiven Fortgang des Ermittlungsverfahren höchst nachteilig, dessen Vernehmung sowie die Vernehmungen von Zeug_innen von der Kriminalpolizei durchführen zu las­sen. Wird dafür Sorge getragen, dass Vernehmungen und sonstige Beweisauf­nahmen von der StA selbst durchgeführt werden?

 

a.    Wenn ja, wie?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Soweit Vernehmungen und Beweise bereits durch die Kriminalpolizei durchgeführt wurden: wie genau wurde sichergestellt, dass die Ermittlun­gen zielgerichtet durchgeführt wurden?

10. Wie lange rechnet die StA, bis es zu einem Abschluss des Ermittlungsverfahrens kommen wird?

11. Ist eine Anklage aus heutiger Sicht wahrscheinlich und wann ist mit dieser zu rechnen?

12. Handelt es sich um ein berichtspflichtiges Verfahren?

a. wenn ja, aus welchem Grund?

13. Wie viele Berichte wurden seitens der Staatsanwaltschaft erstattet?

14. Wie viele davon fertigte die Staatsanwaltschaft von sich aus an und wie viele wurden angefordert?

15. Wie viele der angeforderten Berichte wurden von der OStA suo motu angefordert und wie viele wurden basierend auf § 8a Abs 3 StAG erstellt?

16. Wie oft, wann, von wem und mit welchem Inhalt wurden bei der Staatsanwalt­schaft Wien Anfragen im Sinne des § 8a Abs 4 StAG gestellt?

17. Gab es im gegenständlichen Ermittlungsverfahren Weisungen der OStA?

a. Wenn ja, wann, durch wen, an wen, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

18. Gab es im gegenständlichen Ermittlungsverfahren Weisungen der Bundesminis­terin für Justiz oder sonstiger befugter Organe?

a. Wenn ja, wann, durch wen, an wen, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

19. Gab es Dienstbesprechungen in der Causa?

a.    Wenn ja, wann fanden diese jeweils statt, wer nahm daran Teil, und was war Anlass bzw. Inhalt der Besprechungen?

b.    Wurden dabei Weisungen erteilt?

i.     Wenn ja, wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Zu­sammenhang und wie lautete deren Inhalt?

ii.     Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage wurden diese Weisungen er­teilt?

iii.    Wenn ja:, wird die Weisung nach § 29a Abs 3 StAG an das Parla­ment berichtet?

1. Wenn nein, warum besteht aus Ihrer Sicht für die genannten Weisungen keine Berichtspflicht?

20. Gab es in diesem Verfahren Dienstbesprechungen, in Folge deren als Ergebnis das ursprüngliche Ansinnen der Staatsanwaltschaft abgeändert wurde?

a.    Wenn ja, was war das ursprüngliche Ansinnen der ermittelnden Staatsan­waltschaft und was die abgeänderte Vorgehensweise?

b.    Wenn ja, wer pochte warum auf die abgeänderte Vorgehensweise?

21.  Gab es sonstige Interventionsversuche, welcher Art auch immer, in dieser Causa?

 

a. Wenn ja, wann, durch wen, bei wem, auf welche Art und Weise und mit welchem Inhalt?

22.  War SC Pilnacek in irgendeiner Funktion mit dieser Causa befasst?

a.    wenn ja, wann und in welchem Zusammenhang?

b.    gab es Besprechungen/Treffen/schriftliche oder mündliche Kontakte zwi­schen SC Pilnacek und den in der Causa angezeigten Personen?

i.     wenn ja, wann, auf wessen Initiative und was wurde dabei bespro­chen?

ii.    wenn ja, wurde über diese Besprechungen/Treffen/schriftliche oder mündliche Kontakte ein Aktenvermerk angelegt?

1. wenn nein, warum unterblieb dies?