13404/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.12.2022
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

betreffend Keine zweite BUWOG – Nein zu Anlegerwohnungen im gemeinnützigen Wohnbau und der schleichenden Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit!

 

 

Der offiziellen Parlamentskorrespondenz vom 14.6.2022, Nr. 671 lässt sich entnehmen, dass sich der zuständige Wirtschaftsminister Martin Kocher gegenüber dem Nationalrat dahingehend äußerte, dass die WGG-Novelle 2022 Spekulation entgegenwirken soll. Wie der „Kurier“ im Artikel „Sozialwohnungen drohen in die Hand von Investoren zu fallen“ vom 6.12.2022 berichtet, warnen jetzt etwa die Sozialpartner vor Anlegerwohnungen im gemeinnützigen Wohnbau. Auch Klaus Baringer, Obmann des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen, ortet demnach dringenden Handlungsbedarf. Das zuständige Wirtschaftsministerium äußert sich kalmierend. Man scheint entweder die Augen vor der Problematik zu verschließen. Oder der gemeinnützige Wohnbau soll(te) bewusst für Anlegerwohnungen geöffnet werden – und es auch bleiben.

 

Diese strukturelle Etablierung von Anlegerwohnungen im sozialen Wohnbau kommt wohnpolitisch allerdings faktisch einer zweiten BUWOG gleich. Es würde sich um nichts weniger als die schleichende Abschaffung des gemeinnützigen Wohnbaus in Österreich handeln. Vorliegende Vortragsunterlagen etwa aus dem Umfeld der steirischen Aufsichtsbehörde dokumentieren die Problematik exemplarisch:

 

Die Wünsche, mit denen sich die Aufsicht konfrontiert sieht, sind unterschiedlich: Veräußerung von Paketen an Anleger für die Hälfte der errichteten Wohnungen, weil das im Rahmen der ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung unabdingbar erforderlich sei. […] Als weitere Anliegen wurden auch Verkaufsüberlegungen in einem Gesamtpaket an investierende Fonds ventiliert.

(Quelle: Vortragsunterlage Freitag-Akademie für Führungskräfte Modul 96 vom 18.11.2022, Seite 32)

 

Ein Vortragender im Rahmen selbiger Veranstaltung brachte zu Paper, dass seit der WGG-Novelle 2022 der Verkauf gemeinnütziger Wohnungsbestände im Neubau außerhalb der Selbstnutzung ohne Ausnahmegenehmigung durch die Landesregierung im steuerfreien Hauptgeschäft zulässig sei. In einem Ausmaß von 3 Wohnungen pro Erwerber und Anlage. (Quelle: Vortragsunterlage Freitag-Akademie für Führungskräfte Modul 96 vom 18.11.2022, Seite 5) Dies würde zunächst einen unkontrollierten Vermögensabfluss aus der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zugunsten von Fonds bzw. Privatstiftungen bedeuten.

 

In einem weiteren Schritt würden gemeinnützigen Bauvereinigungen, die derartige Geschäfte tätigen, an den Rand der Zerschlagung geraten: Der genossenschaftliche Revisionsverband und die Finanzverwaltung haben bereits kundgetan, dass sie den auch materiell mehrfach fehlerbehafteten, kryptischen Erläuterungen nicht folgen, da diese im Widerspruch zum Gesetzestext stehen. Dies würde die betroffenen Unternehmen folglich bis hin zum Entzug des Status der Gemeinnützigkeit führen. Der Zerfall der Wohnungsgemeinnützigkeit würde schleichend eingeleitet.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft folgende

 

Anfrage

 

1.    Gab es im Zuge der Konzeption bzw. Ausarbeitung der WGG-Novelle 2022 einen politischen Auftrag, den gemeinnützigen Wohnungssektor für Anlegerwohnungen zu öffnen?

a.    Wenn ja, durch welche Person bzw. Stelle und welche Person bzw. welche Stelle hat eine entsprechende Weisung erhalten?

b.    Wenn nein, welche Maßnahme werden Sie setzen, um den Warnungen der Sozialpartner und des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen – Revisionsverband zu entsprechen und einen schleichenden Zerfall der Branche zu verhindern?

2.    Erteilen das Bundesministerium bzw. Vertreter des Bundesministeriums gemeinnützigen Bauvereinigungen Auskünfte hinsichtlich Wohnungsverkäufen außerhalb der Selbstnutzung im Hauptgeschäft gemeinnütziger Bauvereinigungen?

a.    Wenn ja, wann, gegenüber welchen Unternehmen und wie lauten diese Auskünfte?

3.    Wann wurde im Jahr 2022 durch das Ministerium zu einer allfälligen Tagung bzw. Konferenz mit Aufsichtsbehörden geladen?

4.    Wurde auch der Revisionsverband dazu eingeladen?

a.    Wenn nein, weshalb blieb dieser entgegen der Usance ausgespart?

b.    Kann ausgeschlossen werden, dass dies an der ablehnenden Haltung des Revisionsverbandes in Bezug auf Wohnungsverkäufe außerhalb der Selbstnutzung im Hauptgeschäft gemeinnütziger Bauvereinigungen liegt?