Eingelangt am 16.12.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg
Sarre, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Bestellungsmodus der
Universitätsräte
Der Universitätsrat ist ein Organ der
universitären Selbstverwaltung an österreichischen Hochschulen. Er ist neben dem Rektorat, dem Rektor und dem Senat eines der obersten Organe jeder Universität. Seine
Funktion entspricht in etwa der eines Aufsichtsrats in einer Kapitalgesellschaft.
Ein Universitätsrat besteht aus 5, 7 oder
9 Mitgliedern, davon werden 2, 3 oder 4 vom Senat gewählt und viele von
der Bundesregierung auf Vorschlag des Bundesministers für Wissenschaft und
Forschung bestellt. Das letzte Mitglied wird von den Mitgliedern des
Universitätsrates einvernehmlich bestellt.
Die Mitglieder sollten nach § 21 Abs. 3
Universitätsgesetz 2002 "in verantwortungsvollen Positionen in der
Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft, tätig
[sein] und auf Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen
Beitrag zur Erreichung der Ziele und Aufgaben der Universität leisten
können." Ausgeschlossen sind Angehörige der jeweiligen
Universität oder des zuständigen Bundesministeriums. Auch Mitglieder
der Bundesregierung oder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrats,
des Bundesrats oder eines sonstigen allgemeinen Vertretungskörpers und
Funktionäre einer politischen Partei dürfen nicht zum
Universitätsrat berufen werden. Auch eine Tätigkeit innerhalb der
letzten vier Jahre in einer der genannten Funktionen schließt eine
Position als Universitätsrat aus.
Die Funktionsperiode des Universitätsrats
beträgt fünf Jahre und beginnt jeweils Anfang März. Die seit
2018 laufende Funktionsperiode geht also im Februar 2023 zu
Ende. Für die Bestellung der nächsten Uni-Räte war
seitens der türkis-grünen Bundesregierung ein neuer Bestellungsmodus
mit verbesserten Qualifikationskriterien angekündigt worden, dieser
wurde jedoch bis dato nicht beschlossen. Der Rechnungshof hat in seiner
Follow-Up-Überprüfung 2019 einige Empfehlungen ausgesprochen (vgl. https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/home_7/Universa_titsra_te_FuP.pdf),
deren Umsetzungsstand unklar ist.
Am 13. Dezember 2022 hat nun der Ministerrat
bereits die Bestellung der Mitglieder der Universitätsräte für
die Funktionsperiode 2023-2028 beschlossen, ohne dass vorher Schritte in
Richtung Transparenz und Objektivierung unternommen wurden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Der Rechnungshof hat 2019 die Empfehlung
ausgesprochen, dass das BMBWF bei der Besetzung der Universitätsräte
auf eine ausgewogene Verteilung der Kenntnisse der Mitglieder achten
soll. Sind für die Ernennung 2023 verbindliche Kriterien
und/oder Mechanismen festgelegt worden, die diese ausgewogene
Verteilung der Kenntnisse herbeiführen sollen?
- Wenn ja, welche, und wo wurden sie
veröffentlicht?
- Wenn nein, warum nicht?
- Der Rechnungshof hat 2019 weiters die
Empfehlung ausgesprochen, dass das Ministerium dokumentieren soll, welche
Voraussetzungen die vom Ministerium vorgeschlagenen Kandidatinnen und
Kandidaten für die Tätigkeit als Mitglied eines
Universitätsrats geeignet erscheinen lassen, um die
Nachvollziehbarkeit und Transparenz des Entscheidungsprozesses
sicherzustellen. Mit der UG-Novelle 2021 wurde eine
Begründungspflicht eingeführt, sodass nun
ausgeführt werden muss, warum eine Person vom Senat oder von der
Bundesregierung auf Vorschlag des Wissenschaftsministers als Mitglied des
Universitätsrates vorgeschlagen wird. Der Ministerrat hat
nun eine Bestellungsliste ohne Begründungen beschlossen.
- Wurden die Begründungen an anderer
Stelle veröffentlicht?
i. Wenn ja, wo und wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Der Rechnungshof hat 2019 drittens die
Empfehlung ausgesprochen, dass die Universität für Musik und
darstellende Kunst Graz von den Mitgliedern des Universitätsrats in
regelmäßigen Abständen eine schriftliche Erklärung
über mögliche Unvereinbarkeiten („Statement of Conflict of
Interest“) verlangen soll, um die Verbindlichkeit der Regelung zu
erhöhen und mögliche Unvereinbarkeiten transparent zu machen.
Ist Ihnen bekannt, ob diese Empfehlung umgesetzt wurde?
- Mit welchem Prozedere wurden für die
Ernennung 2023 die Vorschlagslisten des Bundesministers für Bildung,
Wissenschaft und Forschung für Mitglieder der
Universitätsräte erstellt?
- Bitte um Erläuterung der Vorgangsweise.
- Wurden die Listen wieder nach
parteipolitischen Kriterien erstellt, indem beide Regierungsparteien
eigene Listen erstellten, welche dann zusammengeführt wurden?
- In einem Interview mit dem STANDARD am
18.11.2022 merkte der Hochschulforscher Thomas König vom Institut für Höhere Studien (IHS) an,
dass die Bundesländer mittels der Universitätsräte
versuchen, die landespolitischen Standortinteressen bei den Unis ihres
Gebiets geltend zu machen und dass Compliance-Vorgaben
für diese Gremien fehlen.
- In welcher Weise ist die jeweilige
Landespolitik in die Auswahl der Mitglieder der
Universitätsräte eingebunden und wie wirkt sich das auf die
Zusammensetzung der Universitätsräte aus?
- Sind Compliance-Vorgaben für die
Universitätsräte in Ausarbeitung?
i. Wenn ja, wann und wo werden diese voraussichtlich publiziert?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Zu den bestellten Mitgliedern von
Universitätsräten für 2023-2028:
- Wie stellen Sie sicher, dass sich aus der
Doppelrolle als Mitglied eines Universitätsrats und Sektionschefin
im Finanzministerium kein Interessenskonflikt ergibt?
- Wie stellen Sie sicher, dass sich aus der
Doppelrolle als Mitglied eines Universitätsrats und
ÖH-Vorsitzende kein Interessenskonflikt ergibt?