13524/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.01.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, MA, MLS, Genossinnen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Ausfuhrförderung, Klimakrise und Sorgfaltspflichten

Zwar wurde kürzlich der Haftungsrahmen der österreichischen Ausfuhrförderung im
Umfang von EUR 40 Mrd. vor seinem Auslaufen mit Ende des Jahres erneuert.

Doch Verbesserungen der gesetzlichen Grundlagen der österreichischen
Ausfuhrförderung in Hinblick auf Transparenz sowie beschäftigungspolitische,
ökologische, menschenrechtliche und entwicklungspolitische Zielen sowie
Sorgfaltspflichten sind dabei ausgeblieben (siehe dazu ausführlich: 2666/A XXVII. GP, Initiativantrag vom 23.6.2022:
Parlamentarische Materialien).

Zugleich zeigt sich, dass die Exportgeschäfte österreichischer Unternehmen und ihre Auslandsinvestitionen immer wieder von neuem wegen teilweise gravierender ökologischen, menschenrechtlichen, entwicklungspolitischen, kulturellen bzw.
sozialen Auswirkungen in der Kritik stehen. Auch international besteht seit Jahren
ein verstärkter Druck zur Umsetzung ambitionierter Sorgfaltspflichten, wenn es um
die Bekämpfung der Schattenseiten der Globalisierung geht. Zu letzteren zählen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und -entlohnungen, das Abwälzen menschenrechtlicher unternehmerischer Verantwortung auf Sublieferanten,
gesundheitliche Schäden der lokalen Bevölkerung am Produktionsstandort,

Raubbau an der Natur und Umweltzerstörungen. Gerade auch im Rahmen der Ausfuhrförderung wird auf die besondere Verantwortung von Unternehmen und
Staaten zur proaktiven Vorbeugung sowie Bekämpfung derartiger Fehlentwicklungen
im Zuge internationaler Initiativen sowie wissenschaftlicher Expertise seit Jahren hingewiesen.

„Die Außenwirtschaftsförderung ist neben dem öffentlichen Beschaffungswesen das Paradebeispiel für den sogenannten State-Business-Nexus. Dieser bezeichnet
direkte Schnittstellen zwischen privaterwirtschaft und öffentlicher Hand, in denen
also der Staat selbst Wirtschaftsakteur ist, Unternehmen beauftragt oder aber
wesentlich unterstützt. Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
heben diesen Bereich explizit heraus, da hier die extraterritoriale Dimension der menschenrechtlichen Schutzpflicht des Staates in besonders deutlicher und
unstrittiger Weise besteht.“
[1]

„Die Staatenverantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte bildet die völkerrechtliche Grundlage für die Implementierung der Social Due Diligence im österreichischen Ausfuhrförderverfahren. Das bedeutet konkret, dass Österreich
eine Verantwortung für die in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Unternehmen

auch für deren Aktivitäten im Ausland zukommt, zumal wenn Österreich diese Aktivitäten im Ausland fördert.“ [2]

Die aktuelle Lage in Sachen Klima- und Umweltschutz und dem Schutz der Arbeits­
und Menschenrechte macht entschlossene Maßnahmen erforderlich. Keiner dieser Bereiche lässt zu, noch länger zu warten. Sie alle erfordern ein rasches und
entschiedenes Handeln sowie maximale öffentliche Transparenz bei allen
staatlichen Haftungsübernahmen in der Ausfuhrförderung. Österreich muss
diesbezüglich seinen internationalen Verpflichtungen in den Bereichen Umwelt, Arbeitsrechte und Menschenrechte auf ambitionierte Weise nachkommen, künftig
eine Vorreiterrolle einnehmen und dabei immer die entwicklungspolitische Kohärenz
im Auge behalten.

[1] Scheper, Christian (2020) Den State-Business-Nexus gesetzlich regeln: Die Außenwirtschaftsförderung ist notwendiger Bestandteil eines deutschen Lieferkettengesetzes - Verfassungsblog Initiative Lieferkettengesetz -
Rechtsgutachten zur Ausgestaltung eines Lieferkettengesetzes
 (germanwatch.org) [z.a. 3.12.2022]

[2] Raza, Werner (2013) Sozialverträglichkeitsprüfung in der Exportförderung: auf die Umsetzung kommt’s an! - Arbeit&Wirtschaft Blog (awblog.at) [z.a. 3.12.2022]

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

Anfrage:

1)    Das BMF hat zuletzt eine Novellierung der Ausfuhrförderungsverordnung
bzw. der Richtlinien, nach denen Haftungen des Bundes in der Ausfuhrförderung übernommen werden können, in Aussicht gestellt.

a)    Welcher Zeitplan ist dafür vorgesehen?

b)    Ist dafür ein ordentliches Begutachtungsverfahren vorgesehen? Wenn „Nein“: Warum nicht?

2)    Wie ist in Zusammenhang mit diesen Richtlinien und Durchführungsbestimmungen vorgesehen, die Umsetzung von

a)    Transparenz

b)    beschäftigungspolitischen

c)    ökologischen

d)    menschenrechtlichen

e)    entwicklungspolitischen

Zielen sowie Sorgfaltspflichten in der österreichischen Ausfuhrförderung zu
regeln und zu verbessern?

3)    Für welche im Rahmen der österreichischen Ausfuhrförderung angebotenen Garantie- und Haftungsinstrumente bestehen „Allgemeine
Geschäftsbedingungen“ (AGBs)?

a)      Bitte um Ausführung

b)      Bitte um Ausführung der angebotenen Haftungsinstrumente, für die ggf.
keine AGB
bestehen und Begründung hierfür

4)      Wie sind im Rahmen der Richtlinien, Durchführungsbestimmungen und/oder
AGB zu Haftungsinstrumenten einschlägige Ausschlussklauseln geregelt (z.B.
„Ausschluss der Haftung“, Verletzungen „besonderer Verpflichtungen“ des
Garantienehmers, etc.)?

a)      Wie wird in diesem Zusammenhang beispielsweise die Verletzung menschenrechtlicher (o.a.) Sorgfaltspflichten berücksichtigt?

b)      Welche Sanktionsmöglichkeiten sind in diesem Zusammenhang geregelt?

c)      Welches Verbesserungspotential sehen sie diesbezüglich zur Stärkung
von frühzeitigen Informationspflichten, Transparenz sowie
beschäftigungspolitischen, ökologischen, menschenrechtlichen und entwicklungspolitische Zielen sowie Sorgfaltspflichten?

5)      Das österreichische Ausfuhrförderungssystem ist im Rahmen der OECD in
die sog.
„Common Approaches for Officially Supported Export Credits and Environmental and Social Due Diligence” eingebunden. Bitte führen Sie in
diesem Zusammenhang aus:

a)      Wie hoch der Anteil von Haftungsübernahmen (u.a. anteiliges
Finanzvolumen) im Rahmen der österreichischen Ausfuhrförderung ist, die
nicht unter den Anwendungsbereich dieser „Common Approaches“ (CA)
fallen?

b)     Welche Bereiche von Garantie- bzw. Haftungsübernahmen fallen nicht
unter die CA?

6)      Im OECD „Arrangement on Officially Supported Export Credits” (Jänner 2022)
ist eine Ausschlussliste von klimaschädlichen Bereichen (z.B.

Kohlekraftwerke) enthalten, die bis Ende des Jahres 2022 aktualisiert und
erweitert werden soll.

a)      Welche Erweiterungen der Ausschlussliste sind in diesem Zusammenhang in Diskussion?

b)      Welche internationalen Best practice-Beispiele sind in Ihnen in diesem
 Zusammenhang bekannt?

c)      Welche Position vertritt Österreich in diesem Zusammenhang?

d)      Welche Bereiche sollen künftig nicht mehr im Rahmen der
österreichischen Ausfuhrförderung besichert bzw. unterstützt werden?

e)      Bis wann soll die Umsetzung davon erfolgen?