13595/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.01.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Sabine Schatz, GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend die Aktivitäten von Staatsverweigerer:innen im Jahr 2022

 

Die Corona-Krise hat antisemitischen, verschwörungstheoretischen und rechtsextremistischen Strömungen in Österreich neuen Aufwind verliehen. Dass das Monitoring der sogenannten Staatsverweigerer:innen-Szene relevant ist, hat jedoch nicht nur die Corona-Krise bewiesen, sondern auch die aktuellen Hausdurchsuchungen in der deutschen Reichsbürger:innen-Szene. Denn die Ereignisse haben die länderübergreifende Vernetzung der Szene einmal mehr bewiesen. Auch in Österreich beschäftigt die Szene der Staatsbürger:innen, zu denen Zu auch „Souveräne“, „Souveränisten“, „Freeman on the Land“, „Selbstverwalter“, „Reichsbürger“ und andere „staatsfeindliche Verbindungen und Bewegungen“[1] gehören, die Behörden schon seit Jahren.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

Staatsverweigerer allgemein im Jahr 2022

 

1.       Wie viele Personen, die zur Szene der Staatsverweigerer im breitesten Sinn gehören, sind in Ihrem Ressort mit Stand 31.12.2022 namentlich bekannt?

a.       Liegt in Ihrem Ressort eine Auflistung nach Bundesländern vor?

b.       Wie viele namentlich bekannte Personen dieser Szene sind Männer/Frauen bzw. Personen mit diverser/nicht-binärer Geschlechtsidentität?

c.       Gegen wie viele Personen, die dieser Szene zugerechnet werden können, besteht ein aufrechtes Waffenverbot?

d.       Ist in Ihrem Ressort bekannt, wie viele der in Ihrem Ressort namentlich bekannten Staatsverweigerer*innen in Österreich über eine Waffenbesitzkarte verfügen?

e.       Gegen wie viele der namentlich bekannten Staatsverweigerer*innen wurde in den von 1.1.2022 bis 31.12.2022 wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Verbotsgesetz ermittelt?

f.        Wurde seitens der Finanzpolizei im Jahr 2022 um Amtshilfe Ihres Ressorts angesucht, um gegen einen oder mehrere namentlich bekannte/n Staatsverweigerer*innen zu ermitteln?

                                                               i.      Wenn ja, in wie vielen Fällen?

                                                             ii.      Wenn ja, wegen des Verstoßes gegen welche Rechtsnorm?

                                                            iii.      Wenn ja, wann?

2.       Welche Gruppierungen sind nach Ermittlungserkenntnissen Ihres Ressorts derzeit in Österreich aktiv?

a.       Welche Gruppierungen gehören haben die meisten Zugehörigen?

b.       Welche Gruppierungen gehören zu jenen mit der größten gesellschaftlichen Reichweite?

3.       Welche zentralen Aktivitäten der Staatsverweigerer*innen-Szene sind in Ihrem Ressort für das Jahr 2022 bekannt?

4.       Wie viele Arbeitsstunden Ihres Ressorts wurden in ganz Österreich durch Aktivitäten der Staatsverweigerer*innen in Österreich 2022 insgesamt gebunden?

5.       Kam es 2022 zu neuerlichen Aktivitäten der Kreise rund um den „Staatenbund Österreich“?

                                                               i.      Wenn ja, zu welchen?

6.       Kam es im Zuge im Zeitraum von 1.1.2022 bis zum 31.12.2022 zu behördlichen oder anderweitigen Vereinsauflösungen in der genannten Szene? (Bitte um Auflistung)

a.       Wenn ja, ist in Ihrem Ressort bekannt, was mit dem Vereinsvermögen passiert ist?

7.       Die Entstehung welcher neuen Gruppierungen im Jahr 2022 sin in Ihrem Ressort in der „Staatsverweigerer-Szene“ im weitesten Sinne bekannt?

8.       Sind im Jahr 2022 in Österreich Aktivitäten rund um den „International Common Law Court of Justice Vienna“ (ICCJV) bekannt?

a.       Wenn ja, welche?

b.       Wenn ja, wie viele Personen werden diesem Umfeld zugrechnet mit Stichtag 31.12.2022?

c.       Wenn ja, ist in Ihrem Ressort bekannt, wie die Aktivtäten rund um den ICCJV in Österreich finanziert werden?

9.       Ist in Ihrem Ressort bekannt, wie stark die personelle Überschneidung zwischen dem ICCJV und der Corona-Verschwörungstheorie-Szene sind? (Bitte um Ausführungen)

10.   Sind im Jahr 2022 in Österreich noch Aktivitäten rund um den „„Global Common Law Court“ bekannt?

a.       Wenn ja, welche?

b.       Wenn ja, wie viele Personen aus Österreich rechnet Ihr Ressort dem „Global Common Law Court“ zum Stichtag 31.12.2022 zu?

c.       Wenn ja, ist in Ihrem Ressort bekannt, wie die Aktivtäten des „Global Common Law Court“ in Österreich finanziert werden?

11.   Ist in Ihrem Ressort bekannt, wie stark die personelle Überschneidung zwischen dem „Global Common Law Court“ und der Corona-Verschwörungstheorie-Szene sind? (Bitte um Ausführungen)

12.   Haben Prozesse gegen zwei Anhänger des Pseudogerichts „Global Common Law Court“[2] zu einer Schwächung der genannten Verbindung geführt?

13.   Würden seitens Ihres Ressorts zwischen 1.1.2022 und 31.12.2022 zu Hausdurchsuchungen/Razzien bei Personen, die der Reichsbürger*innen-Szene im breitesten Sinn zuzuordnen sind, durchgeführt?

a.       Wenn ja, wann? (Bitte um Auflistung)

b.       Wie viele Beamt*innen waren bei den jeweils Hausdurchsuchungen insgesamt vor Ort?

c.       Was wurde bei den Hausdurchsuchungen konkret beschlagnahmt?

d.       Wie viele nicht legale Waffen wurden dabei insgesamt gefunden?

14.   Bilden russische Vereine, Medien oder Organisationen für die Szene der Staatsverweigerer*innen grundsätzlich einen wichtigen Bezugspunkt?

a.       Wenn ja, welche Vereine sind hier besonders relevant?

b.       Hat sich hier nach derzeitigem Ermittlungsstand seit der Corona-Krise etwas verändert?

c.       Gibt es seitens Ihres Ressorts hier Ermittlungen?

15.   Sind Verbindungen zwischen Staatsverweigerer*innen im breitesten Sinn und russischen Rechtsextremen bekannt?

                                                               i.      Wenn ja, welche?

                                                             ii.      Gibt es seitens Ihres Ressorts hier Ermittlungen?

16.   Ist in Ihrem Ressort bekannt, ob es seitens russischer Organisationen finanzielle Zuwendungen an die Reichsbürger*innen-Szene im breitesten Sinn kommt?

a.       Wenn ja, von wem konkret?

b.       Wenn ja, seit wann?

c.       Wenn ja, gibt es in Ihrem Ressort Erkenntnisse über die Höhe dieser Zuwendungen?

17.   Ist in Ihrem Ressort bekannt, ob es seitens österreichischer Personen aus der Staatsverweigerer-Szene zu propagandistischen, finanziellen oder anderweitigen Unterstützungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Jahr 2022 gekommen ist?

a.       Wenn ja, welche?

18.   In der 1032/AB vom 21.04.2020 zu 994/J (XXVII. GP) heißt es: „Es ist bekannt, dass Vertreter der Szene der Staatsverweigerer Kontakt zu russischen staatlichen Einrichtungen, Organisationen oder Einzelpersonen suchen.“ Ist eine Verstärkung dieser Kontakte im Jahr 2022 in Ihrem Ressort bekannt?

a.       Zu welchen russischen staatlichen Einrichtungen, Organisationen oder Einzelpersonen im konkreten?

b.       Ist Ihr Ressort diesbezüglich im Austausch mit dem Außenministerium?

                                                               i.      Wenn nein, warum nicht?

                                                             ii.      Wenn ja, seit wann?

19.   In der 1032/AB vom 21.04.2020 zu 994/J (XXVII. GP) heißt es: „Zu den Fragen nach der Finanzierung dieser Gruppierungen wird ausgeführt, dass sich die meisten Gruppierungen insbesondere durch Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, (Groß-)Spenden, Schulungs-/Ausbildungsbeiträgen, Verkauf von Pseudodokumenten und durch die Verrechnung von „Rechtshilfe-/Prozesskosten“ für ihre Pseudogerichte finanzieren“. Ist in Ihrem Ressort bekannt, um welche Summen es hierbei im Jahr 2022 jeweils geht?

20.   Gibt es in Ihrem Ressort Ermittlungen oder Informationen zu Schulabmeldungen im Staatsverweigerer*innen-Milieu im Hinblick auf für Ihr Ressort relevante Aspekte im Schuljahr 2021/2022?

 

Verbindungen der Staatsverweigerer*innen zur rechtsextremen Szene im Jahr 2022

21.   In einer Anfragebeantwortung 4144/AB vom 18.11.2019 zu 4172/J (XXVI. GP) des damaligen Innenministers heißt es: „Österreichische Vertreter der Szene der Staatsverweigerer wurden auch seitens der „deutschen Reichsbürger“ zu „Rechtssachverständigen“ ausgebildet bzw. indoktriniert. Ein Teil dieser kostenpflichtigen Ausbildung bzw. Indoktrinierung beinhaltete auch die Vermittlung von nationalsozialistischem Gedankengut.“ Ist dies in Ihrem Ressort auch für das Jahr 2022 bekannt?

a.       Wenn ja, in wie vielen Fällen ist solch eine Vermittlung von nationalsozialistischem Gedankengut im Jahr 2022 im Ausland Ihrem Ressort bekannt?

b.       Durch welche Organisationen passierte eine solche Vermittlung nationalsozialistischer Ideologie im Jahr 2022?

c.       Steht Ihr Ressort diesbezüglich mit den deutschen Sicherheitsbehörden in Austausch?

                                                               i.      Wenn ja, seit wann?

22.   Gibt in Ihrem Ressort Ermittlungserkenntnisse/Informationen darüber, ob es Medien/Plattformen/Zeitschriften (offline wie online) gibt, die 2022 sowohl von Staatsverweigerer*innen als auch von Rechtsextremen betrieben werden?

a.       Wenn ja, welche?

23.   Gibt in Ihrem Ressort Ermittlungserkenntnisse/Informationen darüber, ob es Medien/Plattformen/Zeitschriften (offline wie online) gibt, die 2022 sowohl von Staatsverweigerer*innen als auch von Rechtsextremen gelesen werden?

a.       Wenn ja, welche?

24.   Welche konkreten Verbindungen bestehen zwischen der rechtsextremen Szene in Österreich und den Staatsverweigerer*innen im Jahr 2022? (Bitte um Ausführung)

25.   Stellt nach Ermittlungserkenntnissen Ihres Ressorts die Szene der Corona-Verschwörungstheoretiker*innen einen Verbindungsraum zwischen Rechtsextremen und dem Milieu der Staatsverweigerer*innen im breitesten Sinn dar?

26.   Welche konkreten Verbindungen bestanden zwischen Neonazis und den Staatsverweigerer*innen im Jahr 2022?

a.       Ist in Ihrem Ressort bekannt, dass der amtsbekannte Holocaust-Leugner Gottfried Küssel aktiv in der Corona-Leugner-Szene ist?

                                                               i.      Wenn ja, ist in Ihrem Ressort bekannt, welche Rolle er in der Organisation der Proteste einnimmt?

27.   Welche konkreten Verbindungen bestanden 2022 zwischen den Staatsverweigerer*innen und öffentlichen Mandatsträger*innen oder parlamentarischen Parteien?

 

Die Arbeit des DSB im Bereich „Staatsverweigerer“ im Jahr 2022

28.   Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2018 heißt es: „Die Aufarbeitung der bisher vorliegenden Daten bestätigte, dass alle relevanten Gruppen in der Staatsverweigerer*innen-Szene nicht nur auf nationaler Ebene aktiv und vernetzt sind. Sie besitzen und betreuen in der Regel auch Kontakte zu Gruppen im Ausland.“ Gab es diesbezüglich konkret Austausch und Zusammenarbeit auf europäischer Ebene im Jahr 2022?

a.       Wenn ja, welche Form von Austausch gab es? (Bitte um konkrete Auflistung)

b.       Wann gab es seitens Ihres Ressorts im Jahr 2022 insbesondere mit dem deutschen und dem Schweizer Austausch die Szene der Staatsverweigerer*innen betreffend? (Bitte um konkrete Auflistung)

 

„Reichsbürger*innen“ in Österreich

29.   Welche Informationen und Ermittlungsergebnisse liegen in Ihrem Ressort zur Größe der Szene der „Reichsbürger“ in Österreich im Jahr 2022 vor?

30.   Ist in Ihrem Ressort bekannt, wie die politischen Aktivitäten der Reichsbürger*innen-Szene in Österreich finanziert werden? (Bitte um Ausführung)

31.   Welche Informationen und Ermittlungsergebnisse liegen in Ihrem Ressort zum Verhältnis zwischen „Reichsbürger*innen“ und „Staatsverweigerer*innen“ im Jahr 2022 vor?

32.   Welche Informationen und Ermittlungsergebnisse liegen in Ihrem Ressort zur Relevanz der Reichsbürger*innen-Szene in Österreich im Jahr 2022 vor?

33.   Welche Verbindungen zwischen „Reichsbürger*innen“ und öffentlichen Mandatsträger*innen oder im Parlament vertretenen Parteien sind in Ihrem Ressort im Jahr 2022 bekannt?

34.   Welche Verbindungen zwischen „Reichsbürger*innen“ und Identitären sind in Ihrem Ressort im Jahr 2022 bekannt?

a.       Sind in Ihrem Ressort personelle Überschneidungen bekannt, die sich insbesondere durch die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung ergeben haben?

35.   Welche Verbindungen zwischen „Reichsbürger*innen“ und der Hooligan-Szene sind in Ihrem Ressort im Jahr 2022 bekannt?

36.   Welche Verbindungen zwischen „Reichsbürger*innen“ und der Neonazi-Szene sind in Ihrem Ressort im Jahr 2022 bekannt?

37.   Gab es im Jahr 2022 Gründungen neuer Gruppen/Organisationen und Vereine in der Reichsbürger*innen-Szene in Österreich?

38.   Gibt in Ihrem Ressort mittlerweile Ermittlungserkenntnisse/Informationen darüber, ob es Medien/Plattformen/Zeitschriften (offline wie online) gibt, die 2022 sowohl von Reichsbürger*innen als auch von Rechtsextremen betrieben werden?

a.       Wenn ja, welche?

39.   Gibt in Ihrem Ressort mittlerweile Ermittlungserkenntnisse/Informationen darüber, ob es Medien/Plattformen/Zeitschriften (offline wie online) gibt, die 2022 sowohl von Reichsbürger*innen als auch von Rechtsextremen gelesen werden?

a.       Wenn ja, welche?

40.   Wie viele Arbeitsstunden Ihres Ressorts wurden in ganz Österreich durch Aktivitäten der Reichsbürger*innen in Österreich 2022 gebunden?


[1] Bericht der Bundesstelle für Sektenfragen an das Bundeskanzleramt, Berichtszeitraum: 2018, S. 79; online verfügbar unter: https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:caf3baef-f990-453d-9769-d6ffaaa2aa6a/6_5_ber.pdf, abgerufen am 28. August 2019, vgl. auch Rathje, Jan: Reichsbürger, Selbstverwalter und Souveränisten. Vom Wahn des bedrohten Deutschen, Münster. S. 31-38 und 45-48.

[2] https://burgenland.orf.at/stories/3107800/, abgerufen am 19.7.2021