13609/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.01.2023
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Gefährdung eines in Österreich lebenden iranischen Staatsbürgers durch bürokratisches Versagen

 

Der Umgang mit Menschenrechten und Homosexualität im Iran ist weitläufig bekannt. Die Zahl der Hinrichtungen unter dem islamischen Regime ist seit Jahren alarmierend hoch. Rund 5000 Menschen wurden laut der Dokumentation von NGOs seit der islamischen Revolution allein wegen homosexueller Handlungen hingerichtet. Erst im Jänner wurde ein homosexuelles Paar vom Staat öffentlich exekutiert (https://www.spiegel.de/ausland/homosexualitaet-iran-exekutiert-zwei-schwule-maenner-a-1bcc09dd-a219-4bd6-8e60-4cbd210e203e).

Man sollte daher davon ausgehen können dürfen, dass österreichische Behörden alles in ihrer Macht stehende tun, um gefährdete Personen vor der menschenrechtswidrigen Verfolgung des Gottesstaates zu schützen. Allerdings berichtete die Wochenzeitung Der Falter in der Ausgabe Nr. 38/2022 vom 21.09.2022 vom Fall eines in Österreich lebenden iranischen Staatsbürgers, dem es aufgrund des Verhaltens des österreichischen Außenministeriums und der dem Außenamt unterstellten Botschaft in Teheran verunmöglicht wurde, jemals wieder in sein Heimatland zurückkehren zu können, ohne sein Leben in Gefahr zu bringen (https://www.falter.at/zeitung/20220921/verraten-vom-aussenamt/_347cb5c321).

Der betroffene Mann ist homosexuell, mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und wollte seine Eltern nach Österreich einladen. Im Rahmen des für die Einreise nach Österreich erforderlichen Visaverfahrens hatte die betroffene Familie massive Sorgen, dass die Offenbarung der Beziehung der beiden Männer zum Problem werden könnte. Diese Bedenken äußerten sie auch gegenüber den Behörden, worauf ihnen jedoch mitgeteilt wurde, dass der zuständige österreichische Botschafter in Teheran, Herr Mag. Wolf Dietrich Heim, unmöglich zu erreichen sei. Nach einer E-Mail an Außenminister Schallenberg langte folgende Antwort der Teheraner Botschaft ein: "Wenngleich uns die Problematik im Iran natürlich bewusst ist, sehen wir nichts, worüber Sie besorgt sein brauchen. Wir werden das Visaverfahren Ihrer Schwiegereltern wie jedes andere abhandeln und die Frage der sexuellen Orientierung der Einlader ist dabei nicht relevant. Österreichische Botschaft Teheran."

Der Kern des Problems liegt darin begründet, dass die österreichische Botschaft die Visaabwicklung an einen in Dubai ansässigen Konzern, die Visa Facilitation Services Global (kurz: "VFS Global") ausgelagert hat. Dieser betreibt für Österreich ein Büro im Iran, wo statt österreichischen, auf die Verfassung vereidigten Beamte:innen, iranische Mitarbeiter:innen die Visaanträge prüfen und Antragsteller:innen befragen. In weiterer Folge mussten die Eltern wie befürchtet in einem Großraumbüro von VFS Global vorsprechen und wurden dort von iranischen Mitarbeitern auch zur Hochzeit und zur homosexuellen Ehe ihres Sohnes befragt.

Wie reagiert das Außenamt auf all das? Sowohl Botschafter Heim als auch Konsul Erlsbacher waren zu keiner Stellungnahme bereit und verwiesen auf Antonia Praun, die Sprecherin des Außenministeriums. Sie versichert, dass VFS Global ein vertrauenswürdiges Unternehmen sei, das sich zur Geheimhaltung verpflichtet habe.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche konkreten Maßnahmen setzt Ihr Ressort, um die Gleichstellung homosexueller Paare auch gegenüber dem Ausland zu wahren?
  2. Warum war der zuständige Botschafter im konkreten Fall für die betroffenen Personen nicht erreichbar?
  3. Warum haben sich sowohl Botschafter Heim als auch Konsul Erlsbacher zu diesem Fall noch nicht zu Wort gemeldet?
  4. Hat sich Botschafter Mag. Wolf Dietrich Heim mittlerweile offiziell bei den Betroffenen entschuldigt, wie von der Volksanwaltschaft angeraten wurde?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Gab es irgendeine Form der Wiedergutmachung?
    3. Wenn nein, warum nicht?
    4. Wenn nein, ist dies für die Zukunft geplant?
  1. Warum werden von Ihrem Ressort Tätigkeiten der Hoheitsverwaltung an Private ausgelagert, die nicht den strengen Verpflichtungen des österreichischen Dienstrechts unterliegen?
    1. Welche weiteren in den Bereich der Hoheitsverwaltung fallenden Aufgaben wurden ausgelagert?
  1. Im Lichte der zur Zeit vor sich gehenden Unterdrückung von Bürgerrechten im Iran, trifft das BMEIA Vorkehrungen, dass sich Vorgänge wie die in diesem Fall geschilderten nicht auch im Falle von beschuldigten, verdächtigten oder tatsächlichen Regimegegner:innen wiederholen?
    1. Wenn ja, welche?
  1. Aus welchen konkreten Gründen wurde das Unternehmen Visa Facilitation Services Global mit der Visaabwicklung beauftragt?
  2. Wurde der Auftrag öffentlich ausgeschrieben?
    1. Wenn nein, warum nicht?
    2. Wenn ja, wo, wann und in welcher Form erfolgte die Ausschreibung? (Bitte um Bereitstellung von relevanten Weblinks oder anderen Quellenverweisen.)
    3. Wurde das Vergabeverfahren von Ihrem Ressort abgewickelt oder ausgelagert?
  1. Welche Vertragslaufzeit besteht hinsichtlich des Vertrags mit dem genannten Unternehmen?
    1. Besteht die Möglichkeit einer vorzeitigen Vertragsbeendigung?

                                          i.    Wenn ja, ziehen Sie eine solche in Erwägung?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

  1. Gibt es andere Ausschreibungsverfahren Ihres Ressorts, an denen sich die Visa Facilitation Services Global beteiligte?
  2. Haben Sie aufgrund des in der Begründung zitierten Medienberichts Schritte welcher Art auch immer gesetzt?
    1. Wenn ja, welche?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Gibt es weitere Fälle, in denen befürchtet werden muss, dass sensible Informationen in die falschen Hände (z.B. ausländischer Behörden) gelangten?
  2. Setzen sie konkrete Maßnahmen, um diesen Missstand zu beheben?
    1. Wenn ja, welche und wann?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Gehen Sie nach wie vor davon aus, dass Visa Facilitation Services Global vertrauenswürdig ist?
    1. Wie stellen Sie sicher, dass die Geheimhaltungsverpflichtungen eingehalten werden, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Visaantragsprüfung von iranischen Staatsbürgern in einem Büro im Iran durchgeführt wird?
  1. Können Sie ausschließen, dass im in der Begründung geschilderten Fall geheimhaltungspflichtige Informationen nach außen getragen wurden?
    1. Wenn ja, inwiefern?
    2. Das BMEIA schrieb, dass sexuelle Orientierung keine Rolle spiele; die Eltern des in Österreich lebenden Mannes wurden danach aber zu genau dieser befragt. Wurden bei der Abwicklung des Visaantrags Normen bzw. Vorgaben des BMEIA an den Vertragspartner gebrochen?
    3. Aus welche Gründen wurden die Eltern des in Österreich lebenden Mannes zu dessen sexuellen Orientierung befragt, wenn diese Sachlage keinen Einfluss auf die Visaerteilung hat?
  1. Hat Ihr Ressort Nachforschungen bei Visa Facilitation Services Global veranlasst, um herauszufinden, ob im konkreten Fall geheimhaltungspflichtige Informationen nach außen getragen worden sein könnten?
    1. Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen wurden gesetzt?
    2. Wenn ja, gibt es bereits ein Ergebnis? Welches?
    3. Wenn nein, warum nicht?