Eingelangt am 25.01.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Anzahl und Aufgaben bilateral akkreditierter Diplomat:innen in Wien und Moskau
In einem Monat jährt sich der völkerrechtswidrige, unprovozierte Angriff Russlands auf die Ukraine zum ersten Mal. Die Position der österreichischen Bundesregierung war über die 11 Kriegsmonate konsistent und klar in ihrer Unterstützung für die Ukraine und im Bekenntnis zum Recht der Ukraine, ihr Territorium gegen den russischen Angriff zu verteidigen. Gleichzeitig hat Außenminister Schallenberg wiederholt betont, dass die Diskussionskanäle mit Moskau offen bleiben müssen und Österreich als möglicher Vermittler zur Verfügung steht.
Die hohe Anzahl von in Wien bilateral akkreditierten russischen Diplomat:innen im Vergleich zu anderen Hauptstädten ist bekannt. Ebenso wurde die Rolle Wiens als nachrichtendienstliche Drehscheibe für Russland in Europa bereits vor dem russischen Überfall auf die Ukraine diskutiert. Die Anzahl der Kommunikationsantennen auf den zur russischen Botschaft gehörenden Gebäuden in Wien ist ebenfalls Thema von Debatten.
In Kriegszeiten ist die Frage, welche Rolle akkreditierte Diplomat:innen und Botschaftsmitarbeiter:innen tatsächlich spielen, besonders relevant, vor allem vor dem Hintergrund bekannter Geheimdienstaktivitäten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Im Oktober 2022 waren laut BMEIA (11718/AB) 63 russische Diplomat:innen bilateral in Wien akkreditiert. Hat sich diese Zahl geändert?
2. Wie viele russische Diplomat:innen waren vor Beginn des russischen Angriffskrieges in Wien akkreditiert?
a. Bilateral Stichtag 1.1.2022?
b. Bei internationalen Organisationen Stichtag 1.1.2022?
3. Aufgrund des russischen Angriffskrieges und der internationalen Sanktionen wird eine Vielzahl von in Normalzeiten anfallenden diplomatischen Funktionen derzeit nicht wahrgenommen. Welche Funktionen erfüllen die in Wien bilateral akkreditierten Diplomat:innen derzeit?
4. Wie viele russische Diplomat:innen sind unmittelbar für die Aufrechterhaltung der Gesprächskanäle mit Russland notwendig?
5. Laut BMEIA waren im Oktober 2022 multilateral 88 russische Diplomat:innen akkreditiert. Diese Zahl inkludiert Diplomat:innen bei der OSZE. Diese Organisation ist zur Friedenssicherung berufen. Um die Verhandlungskanäle
zu Russland aufrecht zu erhalten, wären die bei der OSZE akkreditierten, für derartige Verhandlungen ausgebildeten Diplomat:innen nicht ausreichend?
6. Wie viele österreichische Diplomat:innen sind zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung in Russland akkreditiert?
7. Welche Funktionen üben diese Personen aus?
8. Die österreichische Bundesregierung spricht sich seit Kriegsbeginn für die Einhaltung der internationalen Sanktionen gegen Russland aus. Sind in Anbetracht der stark eingeschränkten wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, kulturellen und anderen Beziehungen zu Russland alle österreichischen Diplomat:innen in Russland notwendig?
9. In Anbetracht der durch die Sanktionen stark beschränkten bilateralen Beziehungen, welche Funktionen üben die österreichischen Diplomat:innen in Russland derzeit aus?
10. Die WKO kündigte am 18.1.2023 ein Netzwerktreffen für österreichische Businesses mit Ski-Langlaufen in Odintsovo an. Die Geschmacklosigkeit der Ankündigung inmitten des brutalen Krieges war offensichtlich — sie wurde schnell wieder gelöscht. Ist in der Auslegung des BMEIA eine derartige Veranstaltung mit dem internationalen Wirtschaftssanktionsregimevereinbar?
11. Hat das BMEIA die WKO auf diese Aktivität angesprochen?
12. Ist der Außenwirtschaftscenterin Russland mit der Botschaft assoziiert?
13. War die Botschaft über dieses Event informiert?
14. Erhält das BMEIA bzw. erhalten die Botschaften Einladungen oder Informationen über Zielgruppenveranstaltungen der verschiedenen Außenwirtschaftscenter?
15. Steht oder stand das die Botschaft bzw. das BMEIA mit der WKO seit Kriegsbeginn im Austausch um festzulegen, welche Art von Aktivitäten in Russland unter den Umständen angebracht sind?
a. Wenn nein, wie bestimmt die Bundesregierung, welche Aktivitäten durch Organisationen, die Österreich international repräsentieren, angebracht sind?
16.Wie viele in Russland akkreditierte Mitarbeiter:innen der Botschaft bzw. der Handelsdelegation arbeiten an der Organisation derartiger wirtschaftlicher, kultureller oder anderer, nicht direkt mit der Offenhaltung der Gesprächskanäle verbundenen, Aktivitäten?
17.Wie viele Mitarbeiter:innen benötigt das BMEIA in Russland, um die Verhandlungskanäle mit dem Regime in Russland offen zu?