13762/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.01.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend 1-jähriges Jubiläum eines gebrochenen Reformversprechens: Wo bleibt das Gründerpaket?

 

Reform des Gesellschaftsrechts: Ewige Reformversprechen ohne Ergebnisse

Das österreichische Gesellschaftsrecht gilt schon lange als reformbedürftig,
und selbstverständlich hat auch die Politik dieses Thema seit einiger Zeit für
sich entdeckt. Mit immer unterschiedlichen Namen – von light bis zero, ähnlich
wie bei Softdrinks – wurden immer wieder schlankere Gesellschaftsgründungen versprochen. Ein Gutachten im Auftrag von Wirtschaftsministerin Schramböck
schien im Jahr 2020 noch sehr ambitioniert.
Darin wurden weitgehende Reformen angeregt: die Abschaffung der Notariatsakt-pflichten, Vereinfachungen bei Kapitalerhöhungen, Zulässigkeit der englischen Sprache bei Gesellschaftsverträgen oder Einführung moderner Formen der Mitarbeiter:innenbeteiligung. Voller Zuversicht wurde die Reform auch in den österreichischen Aufbau- und Resilienzplan (RRF) aufgenommen.
Der Europäischen Kommission versprach die österreichische Bundesregierung
die Einführung einer neuen Gesellschaftsform im Rahmen eines Gründer:innen-
bzw. Deregulierungspakets. Dadurch sollte die Attraktivität des Wirtschaftsstand-
orts erhöht werden. Man hat sich eine „starke Signalwirkung für Österreich als Gründerland“ erhofft. Der darin vorgesehene Zeitplan? Für das 1. Quartal 2022 wurde das „Inkrafttreten einer gesetzlichen Grundlage zur Einführung einer neuen Gesellschaftsform“ versprochen. Ein Jahr später ist aber noch immer keine Reform
in Sicht. (1)

 

Keine Scheinreform, bitte: Konservative Haltung der Bundesministerin stößt auf Widerstand bei Startup-Vertretern 

Laut einer Anfragebeantwortung von Bundesministerin Schramböck vom 14.4.2022 (9556/AB) übermittelte das federführende BMJ im Februar 2022 einen Entwurf eines Bundesgesetzes über eine Flexible Kapitalgesellschaft oder Flexible Company (2).

Der wenig ambitionierte Entwurf von Bundesministerin Zadic (3) stieß auf wenig Begeisterung bei Wirtschaftsexperten und Unternehmensvertretern. Auch NEOS warnten vor Scheinreformen, die letztlich keinem nutzen. Die Verhandlungen über diese Materie innerhalb der Regierung froren langsam ein - keine Regierungsvorlage erblickte letztlich das Licht der Welt. Im Anblick des bevorstehenden Stillstand-jubiläums kam hinter den Kulissen ein wenig Bewegung auf.

Diese Anfrage dient dem Ziel, zu erfahren, wann die überfälligen Reformen vorgelegt werden.

 

Quellen

  1. https://materie.at/a/flexco-die-angekuendigte-gruenderinnen-revolution-die-nicht-stattfand/

  2. https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/9556/imfname_1437909.pdf
  3. https://www.derstandard.at/story/2000135079256/schwere-geburt-der-start-up-gmbh



Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Entwurf Februar 2022:
    1. Welche Empfehlungen des Gutachtens (des damaligen BMDW) waren im Gründerpaket bzw. in der neuen Gesellschaftsform enthalten sein? Bitte begründen Sie die Auswahl.
    2. Welche Empfehlungen des Gutachtens (des damaligen BMDW) waren im Gründerpaket bzw. in der neuen Gesellschaftsform nicht enthalten sein? Bitte begründen Sie die Auswahl.

  1. Konsultationen:
    1. Welche Ressorts waren bei den Konsultationen rund um das Gründerpaket bzw. in der neuen Gesellschaftsform beteiligt? (Bitte um Angabe federführende sowie beteiligter Ressorts auf Abteilungsebene)

                                          i.    Wie viele Abstimmungstermine gab es im Jahr 2022 zu dieser Reform?

                                        ii.    Wie viele Abstimmungstermine gab es im Jahr 2023 zu dieser Reform?

    1. Welche Stakeholder waren bei den Konsultationen rund um das Gründerpaket bzw. in der neuen Gesellschaftsform beteiligt? (Bitte um separate Angabe aller Teilnehmer_innen)

                                          i.    Wie viele Abstimmungstermine gab es im Jahr 2022 zu dieser Reform?

                                        ii.    Wie viele Abstimmungstermine gab es im Jahr 2023 zu dieser Reform?

  1. Neuer Entwurf:
    1. Gibt es einen Zeitplan, wann ein Begutachtungsentwurf vorgelegt werden soll?

                                          i.    Wenn ja, wie sieht dieser aus? Wann soll die Reform vorgelegt werden?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

    1. Welche Empfehlungen des Gutachtens (des damaligen BMDW) werden im Gründerpaket bzw. in der neuen Gesellschaftsform enthalten sein? Bitte begründen Sie die Auswahl.
    2. Welche Empfehlungen des Gutachtens  (des damaligen BMDW) werden im Gründerpaket bzw. in der neuen Gesellschaftsform nicht enthalten sein? Bitte begründen Sie die Auswahl.
    3. Welche anderen Reformen (neben der neuen Gesellschaftsform) sollten im Gründerpaket enthalten sein?

  1. Notariatsakte:
    1. Welche Änderungen soll die Reform in diesem Bereich bringen?
    2. Welche Notariatsaktspflichten werden durch die Reform ganz konkret gestrichen?
    3. Abgeleitet von internationalen Erfahrungen: Welche harten Fakten sprechen für die Beibehaltung von Notariatspflichten?

  1. Vereinfachungen Kapitalerhöhungen: 
    1. Welche Änderungen soll die Reform in diesem Bereich bringen?

  1. Zulässigkeit der englischen Sprache:
    1. Welche Änderungen soll die Reform in diesem Bereich bringen?
    2. Wird durch die Reform die Einreichung von Gesellschaftsverträgen in englischer Sprache möglich sein?
    3. Werden durch die Reform Beschlussfassungen und Rechnungslegung in englischer Sprache möglich sein?

  1. Einführung moderner Mitarbeiterbeteiligungsformen
    1. Welche Änderungen soll die Reform in diesem Bereich bringen?
    2. Welche unterschiedlichen Anteilsklassen sollen durch die Reform eingeführt werden?
    3. Welchen Abgabenverpflichtungen sollen die neuen Formen der Mitarbeiterbeteiligung unterliegen?

  1. Nennkapital
    1. Welche Änderungen soll die Reform in diesem Bereich bringen?
    2. Wie hoch muss das Stammkapital der neuen Gesellschaftsform sein?

  1. Rein digitale Gründung (also nicht nur bei Einzelunternehmen und Ein-Personen-GmbH)  
    1. Welche Änderungen soll die Reform in diesem Bereich bringen?
    2. Soll eine rein digitale Gründung bei zusätzlichen Gesellschaftsformen möglich sein? 

                                          i.    Wenn ja, für welche Gesellschaftsformen soll dies ermöglicht werden? (Bitte die einzelnen Schritte)

                                        ii.    Wenn ja, ab wann soll dies möglich sein?

                                       iii.    Wenn nein, warum nicht?

    1. Über welche Plattform soll die digitale Gründung möglich sein?
    2. Inwiefern ist das BMF in diesem Projekt involviert?
    3. Wie hoch sind die Kosten für die Erweiterung der digitalen Gründung und aus welchem Budgetposten (welches Ressorts) werden diese getragen?