13767/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.01.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Sterbeverfügungen in Österreich

 

Ein Jahr nach der Einführung des neuen Sterbeverfügungsgesetzes wurde erstmals Bilanz gezogen. 110 Personen haben bis Ende 2022 eine Sterbeverfügung errichtet (1), im zweiten Halbjahr wurde dieses Instrument also stärker genutzt, immerhin waren bis Mai nur zwei Sterbeverfügungen errichtet worden (2).
Gleichzeitig dürften viele Personen diese erst einmal zur Absicherung errichtet haben, immerhin haben nicht alle Betroffenen ein tödliches Präparat abgeholt, nur ein Elftel der Personen mit Sterbeverfügung hat tatsächlich den assistierten Suizid vollzogen (1).
Befürchtungen, es komme hier zu einer Welle an assistierten Suiziden erweisen sich somit als völlig unbegründet.

Die Wartezeit bis eine Sterbeverfügung genutzt werden kann, ist sehr lange und daher möglicherweise die Ursache für den großen Unterschied zwischen errichteten und genutzten Verfügungen. Diese Fristen einerseits und die Suche nach Ärztinnen oder Ärzten, die die notwendigen Gutachten erstellen könnten (3), andererseits führten dazu, dass Sterbeverfügungen in einzelnen Medienberichten geradezu
als "Unmöglichkeit" und damit rein theoretisches Konzept bezeichnet wurden (4). Dennoch scheinen Sterbeverfügungen bis zu einem gewissen Grad für Patientinnen und Patienten eine Absicherung darzustellen - immerhin wurden offenbar auch Präparate retourniert (5).

Seit Einführung dieses Gesetzes gibt es aufgrund dieser Schwierigkeiten Kritik, besonders die Österreichische Palliativgesellschaft (OPG) fordert eine Reform (6). Just die Veröffentlichung der Jahresstatistik des BMSGPK führt bei der OPG zu öffentlich geäußerten Zweifeln an den Zahlen (7). 

So spricht die Gesellschaft für Palliativmedizin von 23 innerhalb der OPG doku-mentierten Fällen genutzter Sterbeverfügungen, weitere seien bekannt. Mängel in der Totenbeschau werden als potenzielle Ursache für die abweichenden Statistiken gesehen, inwiefern Todesursachenstatistik und Sterbeverfügungsregister mit einander abgeglichen werden (können), ist aber nicht bekannt. Problematisch ist auch, dass der Zugang zum Sterbeverfügungsregister für den die Totenbeschau vornehmenden Arzt nur auf Verdacht oder Hinweis auf assistierten Suizid erfolgt (8). In allen anderen Fällen ist unklar, inwiefern eine Meldung erfolgt, die bekannten Personalmängel in der Totenbeschau (9) und die mit knapp neun Prozent (10)
sehr niedrige Obduktionsrate in Österreich lassen allerdings nicht darauf schließen, dass beispielsweise bei alleinlebenden Patienten ein assistierter Suizid tatsächlich festgestellt werden kann. Die Unterstellung unvollständiger Daten verlangt allerdings, dass bisherige Daten und vor allem der potenzielle Datenabgleich hinterfragt werden und derartige Diskussionen dank faktischer Antworten gar nicht zu moralischen Debatten verkommen.


Quellen:

  1. https://oe1.orf.at/programm/20221215/702086/Ein-Jahr-Sterbehilfe-Eine-Bilanz
  2. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_10191/index.shtml
  3. https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2138691-Sterbehilfe-ohne-Helfer.html
  4. https://noe.orf.at/stories/3143542/
  5. 20230125_Ausschussdokumentation_Familienausschuss
  6. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20221228_OTS0021/assistierter-suizid-oesterreichische-palliativgesellschaft-fordert-aenderung-des-sterbeverfuegungsgesetzes-bild
  7. https://www.tt.com/artikel/30843172/sterbehilfe-befreien-sie-uns-aus-dieser-rolle-die-uns-zugemutet-wird
  8. https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:41404f4e-adc6-40da-a69a-bc30168b85c4/Sterbeverf%C3%BCgung_-_Leitfaden_f%C3%BCr_die_Praxis_.pdf
  9. https://www.heute.at/s/kein-arzt-toter-mann-muss-9-stunden-am-esstisch-sitzen-100217025
  10. https://statcube.at/statistik.at/ext/statcube/jsf/tableView/tableView.xhtml


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie viele Personen haben bisher - soweit nachvollziehbar - ein erstes Aufklärungsgespräch bei einer ärztlichen Person geführt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländern)
  2. Wie viele Personen haben bisher eine Sterbeverfügung errichtet? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländern)
  3. Wie viele Personen haben bisher bei den Patientenanwaltschaften Beschwerde eingereicht, dass sie keine Möglichkeit hätten, eine Sterbeverfügung zu errichten? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländern)
  4. Wie viele Personen haben bisher ein letales Präparat in einer Apotheke abgeholt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländern)
  5. Wie viele Personen haben bisher ein letales Präparat in einer Apotheke zurück gegeben? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländern)
  6. Wie viele Personen haben bisher assistieren Suizid durchgeführt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländern)
  7. Wie viele Totenbeschauärzte haben bisher Einstieg in das Sterbeverfügungsregister angefordert, um einen potenziellen assistierten Suizid einzumelden? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländern)
  8. Wie viele Obduktionen wurden bisher bei Verdacht auf assistierten Suizid durchgeführt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländern)
  9. Wie viele assistierte Suizide wurden bisher nach einer Obduktion eingemeldet? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monaten und Bundesländern)
  10. Gibt es eine Möglichkeit, das Sterbeverfügungsregister und das Personenstandsregister zu verknüpfen und automatisch abzugleichen?
    1. Falls ja: Wie können dann verschiedene Meldungen über Sterbeverfügungen erklärt werden?
    2. Falls nein: Warum nicht?

                                          i.    Wurde eine Verknüpfung der beiden Register zur genaueren Datenverfolgung bereits geprüft?

                                        ii.    Falls ja: Mit welchem Ergebnis?