13779/J XXVII. GP

Eingelangt am 30.01.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Christoph Matznetter,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

betreffend Verabsäumung der Spannung eines Energieschutzschilds für die österreichischen Energieversorger im Frühjahr 2022 durch die Bundesregierung

Schon am 8. März 2022 hat die EFET (Verband der europäischen Energiehändler) explizit an die europäischen Regierungen adressiert, dass sie ausreichend Liquidität für Energieversorger zur Verfügung stellen sollen. In der EFET vertreten sind neben den österreichischen Landesversorgern auch der Verbund.

Der Hintergrund des Anliegens waren die besorgniserregenden Preisschwankungen an den Energiemärkten. So hat sich beispielsweise das Preisniveau vom nächstfälligen Dutch TTF Gas zum Beispiel von EUR 25/MWh (am 2. Juli 2021) auf einen Preis von über 300 Euro/MWh im März 2022 erhöht. Dabei sprechen wir von einer Preissteigerung von 1.200%(!). Mit solchen Preissteigerungen aufgrund des Ukraine-Kriegs konnten die europäischen Firmen natürlich nicht rechnen. Angesichts der Systematik des Energiehandels war klar, dass wegen der Margin-Verpflichtungen ein plötzlicher, unerwarteter, gigantischer Liquiditätsbedarf bei vielen Energieversorgern - insbesondere jene, die schwerpunktmäßig in der Gasversorgung tätig sind - gegeben ist.

Die EFET weist daher in ihrer Kommunikation ausdrücklich auf dieses Problem hin. Es heißt dabei: „Daher besteht derzeit ein signifikantes Risiko, dass einige Firmen vielleicht nicht in der Lage sein könnten, zusätzlichen Margin Calls ihrer Clearing Bank nachzukommen, obwohl sie ihre physischen Vermögenswerte weiterhin absichern müssen, damit sie nicht dem Marktpreisrisiko ausgesetzt sind.“ Weiters heißt es: „Viele von ihnen kommen an einen Punkt, wo alle Möglichkeiten des Managements ihrer Exponierung und/oder der Suche nach weiterer Finanzierung ausgeschöpft sind.“

Dieses „Margin-Risiko“ ergibt sich somit einzig und allein aufgrund völlig unerwarteter und irrwitziger Preissprünge binnen kürzester Zeit.

Die EU-Kommission hat eigentlich blitzschnell reagiert und schon am 23. März 2022 einen befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine erlassen (Mitteilung 2022/C 131 I). Im Rahmen dieses Krisenrahmens der EU Kommission wurde explizit die Möglichkeit geschaffen, dass Mitgliedstaaten ihren Unternehmen besser helfen können. Dazu zählt vor allem auch das zur Verfügung stellen von Liquidität.

In unserem Nachbarland Deutschland stellten schon am 8. April 2022 der deutsche Finanzminister und Wirtschaftsminister, Christian Lindner und Robert Habeck, ein großes Paket für Energieunternehmen vor. Unter dem Titel: „Schutzschild für vom Krieg betroffene Unternehmen“ wurde ein 5-Punkte-Programm präsentiert. Darunter auch das sogenannte „Margining Instrument“.

 

Dazu wurde von Robert Habeck folgendes festgehalten:

„Und fünftens, und das ist extrem wichtig, ein sogenanntes Margining-Programm für die Energieversorgungsunternehmen. Margining heißt quasi Sicherungsprogramm. Die Unternehmen haben folgendes Problem: Wenn sie Langfristverträge absichern müssen - und das müssen sie brauchen sie dafür die Kapitalausstattung. Und bei den hohen Preisen im Moment an den Märkten ist diese Kapitalausstattung manchmal dünn. Wir dürfen aber in keinem Fall zulassen, dass systemrelevante Unternehmen fallen und damit den deutschen Energiemarkt und damit die Versorgungssicherheit gefährden. Dafür ist dieses Margining- Programm aufgelegt worden. “

Die Größenordnung für den Schutzschild wurde mit 100 Milliarden Euro bekanntgegeben.

Am 19. April 2022, also 6 Wochen nach dem Mahnruf der EFET und 11 Tage nach der Ankündigung der deutschen Bundesregierung, wurde der dringliche Appell, der im Brief der EFET festgehaltenen Forderungen an die europäischen Regierungen, noch einmal wortident wiederholt. Diesmal von fünf Europäischen Branchenverbänden.

Auch die Schweiz hat einen Schutzschirm für Energieversorger in der Größenordnung von 10 Milliarden Franken gespannt.

Am 23. Juni 2022 warnte Habeck in eindringlichen Worten: „Es droht der gesamte Markt umzufallen, also ein Lehman-Brothers-Effekt im Energiesystem.“

Es stellt sich daher die Frage, warum gerade die österreichische Bundesregierung trotz sämtlicher Aufrufe von internationalen Organisationen und des raschen Handelns in unseren Nachbarländern - etwa in Deutschland oder der Schweiz - völlig untätig blieb. Das Problem wurde offenbar vollständig ignoriert oder bewusst in Kauf genommen.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.     Haben Sie die Forderung der EFET im Frühjahr registriert?

a.     Wenn ja, wann?

2.     Haben Bedienstete Ihres Hauses die Forderung der EFET bearbeitet bzw. sich damit beschäftigt?

3.     Ist der Brief der EFET in Ihrem Haus je diskutiert und weiter erörtert worden?

4.     Haben Sie die Vertreter Ihres Hauses in Brüssel je von der Forderung der EFET in Kenntnis gesetzt?

5.     Haben Sie nach dem Brief der EFET und der Reaktion der Bundesrepublik Deutschland das Thema Liquidität für Energieunternehmen je in Ihrem Haus bearbeitet?

a.     Gab es eine Korrespondenz zu diesem Thema mit Ihren Kolleg*innen aus Deutschland?

6.      Waren Sie je in Kontakt mit europäischen Amtskolleg*innen oder waren Mitarbeiter*innen Ihres Hauses mit Mitarbeiter*innen von europäischen Amtskolleg*innen bzw. aus anderen europäischen Ministerien und der Europäischen Union zum Thema Schutzschild für Energieversorger?

7.      Haben Sie Informationen der Österreichischen Botschaft in Deutschland oder einer anderen in Deutschland ansässigen Stelle über die Inhalte der Pressekonferenz von Lindner und Habeck erhalten?

8.      War Ihnen dieser neuerliche Appell geläufig?

9.      Wurden Sie von anderen Stellen darüber informiert?

a.      Wenn ja, welche Schritte haben Sie eingeleitet?

b.      Wenn nein, warum haben Sie nicht reagiert?

10.    Warum haben Sie es verabsäumt, den wiederholten Forderungen aus der Energiebranche nachzukommen?

11.    Waren sie mit Ihren Schweizer Kolleg*innen in Kontakt oder Mitarbeiter*innen Ihrer Häuser?

12.    Gab es diesbezüglich Informationen aus der österreichischen Botschaft in der Schweiz?

13.    Warum haben unsere beiden Nachbarstaaten den Appel! der Branche ernst genommen und einen Schutzschirm errichtet, aber Österreich nicht?

14.    Wurden Sie über den Start des Margining-Sicherungsinstruments informiert?

a.      Wenn ja, was haben Sie aufgrund dieser Information gemacht?

b.      Warum wurde ein ähnliches Instrument in Österreich nicht in Betracht gezogen?

15.    Haben Sie diese ausdrückliche Warnung eines maßgeblichen deutschen Regierungsvertreters wahrgenommen?

a.       Wenn ja, gab es dazu (Krisen)Sitzungen bzw. Gespräche in Ihrem Haus?

b.      Wenn nein, warum haben Sie weiter zugewartet und solche Gespräche nicht geführt?