13783/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.01.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Künstliche Befruchtung in Österreich

 

Selten breit diskutiert, aber angesichts von Budgetzielwerten oder auch dem Arbeitskräftemangel immer wieder am Rande erwähnt, ist die Geburtenrate in Österreich doch ein immer wieder erwähnter Kennwert. Die freiwillige Entscheidung gegen Kinder wird immer wieder (medial) diskutiert, die unfreiwillige wird allerdings seltener thematisiert. Wie bei anderen "umstrittenen" Themen wurde auch das Fortpflanzungsmedizingesetz 2015 nur in Folge einer Gerichtsentscheidung geändert und wie das IVF (In-vitro-Fertilisation)-Fondsgesetz seitdem inhaltlich de facto nicht reformiert. Ohne weiterlaufende Entwicklung sind Reformen irgendwann aber kein Zeichen des Fortschritts mehr und so wundert es nicht, dass die restriktiven Vorgaben dieser beiden Gesetze dazu führen, dass Österreich im europäischen Fertility-Ranking nur Platz 22 belegt (1).

Neben teilweise restriktiven Zugangsregelungen ist diese Platzierung auch durch mangelnde Informationen über künstliche Befruchtung beeinflusst, allerdings ist der Informationsstand zu diesem Thema grundsätzlich eher schlecht. So sind der Fortpflanzungsmedizinbericht (2) und der IVF-Fondsbericht (3) auf unterschiedlichen Webseiten verlinkt und bieten lediglich einen statistischen Überblick, der allerdings auf wenige Kennzahlen beschränkt ist und immer nur einzelne Jahreszahlen liefert. Wer einen fortlaufenden Überblick haben möchte, muss diese Berichte also mühsam vergleichen. Berichte des IVF-Fonds sind auch nur für die letzten Jahre verfügbar, ein durchgehendes Archiv gibt es nicht.

Betrachtet man die Berichte genauer und versucht, einen umfassenden Überblick über medizinisch unterstützte Fortpflanzung in Österreich zu erhalten, ergeben sich viele Informationslücken. Beispielsweise wie sich die finanzielle Gebarung des Fonds entwickelt hat oder ob es Schwankungen in der Verteilung der Beitragszahlungen gab. Ebenso unklar sind Differenzen in den Angaben der durchführenden Zentren, da IVF-Fondsbericht und FMedG (Fortpflanzungsmedizingesetz)-Bericht hier von unterschiedlichen Gesamtzahlen für Österreich sprechen.

Klar ersichtlich ist durch die Berichte nur, dass viele Paare ihre Fruchtbarkeitsbehandlungen abseits des IVF-Fonds durchführen lassen. Immerhin meldet der IVF-Fondsbericht für das Jahr 2021 insgesamt 3.354 Schwangerschaften, die mithilfe von Fondsmitteln erreicht werden konnten (4), laut FMedG-Bericht wurden 2021 aber insgesamt 5.198 Schwangerschaften mit medizinischer Unterstützung erreicht (5). In der Praxis bedeutet das für betroffene Paare hohe private Kostenanteile, immerhin führen die Altersgrenzen der Gesetze dazu, dass es einerseits Personen gibt, die eine künstliche Befruchtung nur ohne Zuschuss des IVF-Fonds durchführen dürfen, andererseits sind beispielsweise alleinstehende Frauen mit Kinderwunsch dazu gezwungen, für Fruchtbarkeitsbehandlungen ins Ausland zu reisen und so auch weitaus höhere Kosten für die Erfüllung eines Kinderwunsches oder das präventive Einfrieren von Eizellen zu tragen.

Angesichts des wohl anhaltenden gesellschaftlichen Wandels, des konsequent ansteigenden Alters der Mutter bei der Geburt des ersten Kindes (6) und zunehmenden Informationen über Umwelt, Ernährung oder auch Erkrankungen wie COVID, die zu einer höheren Anzahl an unfruchtbaren Personen führen, ist weiterhin von einem steigenden Bedarf an künstlichen Befruchtungen auszugehen - und in weiterer Folge höheren Kosten für den IVF-Fonds sowie einem Anpassungsbedarf in der Gesetzgebung.

  1. https://www.epfweb.org/sites/default/files/2022-03/FERTIL%20Atlas_EN%202021-v10.pdf
  2. https://goeg.at/IVF_Statistik
  3. https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Eltern-und-Kind/IVF-Fonds.html
  4. https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:a8a11543-3155-4d70-b623-808775acc747/IVF-Fonds,_Jahresbericht_2021.pdf
  5. https://jasmin.goeg.at/2322/1/Bericht%20%C2%A721%20FMedG%202021_bf.pdf
  6. https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/bevoelkerung/geburten/soziodemographische-merkmale-der-eltern-von-geborenen

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie hoch waren die Einnahmen des IVF-Fonds seit 2015 bis zum Datum der Anfragebeantwortung? (Bitte um Auflistung nach Beitragszahlern pro Jahr)
  2. Wie hoch waren die Ausgaben des IVF-Fonds im Jahr 2015 bis zum Datum der Anfragebeantwortung? (Bitte um Angabe der Ausgaben nach Befruchtungsmethode sowie aufgeschlüsselt nach Kosten pro Versuch/pro erfolgter Schwangerschaft nach Befruchtungsmethode sowie nach privaten und öffentlichen Zentren jeweils pro Jahr)
  3. Bei Nutzung des IVF-Fonds ist in der Statistik auch ersichtlich, wie viele Befruchtungsversuche betroffene Frauen bereits hatten. Sind derartige Aufschlüsselungen auch für Daten aus dem FMedG-Register verfügbar?
    1. Falls ja: Bitte um Aufschlüsselung der Versuche nach Befruchtungsmethode pro Jahr
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Statistiken zur Nutzung von künstlichen Befruchtungsmethoden: Bitte um Aufschlüsselung aller Antworten nach Zeitreihen der vergangenen fünf Jahre, Angaben nach Bundesland, Alterskategorie, Aufschlüsselung nach verheirateten Paaren/eingetragenen Partnerschaften/nachgewiesenen Lebensgemeinschaften sowie Aufschlüsselung nach sexueller Orientierung pro Jahr
    1. Gibt es Statistiken, wie viele Erstgespräche für Behandlungen nach dem Fortpflanzungsmedizingesetz in den vergangenen fünf Jahren geführt wurden?
    2. Gibt es Statistiken, wie sich betroffene Paare zusammengesetzt haben? 
    3. Gibt es Statistiken, wie viele Inseminationen getrennt nach §3 (1), (2) und (3) FMedG durchgeführt werden?
    4. Gibt es Statistiken, wie viele Paare mehrere Versuche einer Insemination durchführen ließen? 
    5. Gibt es Statistiken, wie viele Paare einen ablehnenden Bescheid für eine Mitfinanzierung aus dem IVF-Fonds erhielten?
    6. Gibt es Statistiken, wie viele Paare während einer Behandlung aus der Gruppe der Anspruchsberechtigen fielen - also beispielsweise, wie viele Frauen vor Nutzung von vier Versuchen das 40. Lebensjahr vollendet haben? 
    7. Erlauben die Statistiken über die Nutzung von Präimplantationsdiagnostik Rückschlüsse über beispielsweise das Alter der Mutter und begründen damit beispielsweise die unterschiedlichen Altersgrenzen von Frauen gemäß IVF-Fondsgesetz und Fortpflanzungsmedizingesetz?
    8. Bitte auch um Übermittlung der vorhandenen Statistiken zu durchgeführten Befruchtungen (Insemination, IVF und ICSI) erzielten Schwangerschaften und erfolgten Geburten gemäß IVF-Fonds und FMedG unter Angabe der Zeitreihen und Alterskategorie der Mutter für die vergangenen fünf Jahre
  1. Wie viele Zentren sind aktuell laut FMedG zur Durchführung von medizinischen Befruchtungsmethoden berechtigt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und privater/öffentlicher Trägerschaft)
  2. Wie viele dieser Zentren führen vom IVF-Fonds mitfinanzierte Befruchtungen durch? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und privater/öffentlicher Trägerschaft)
  3. Wurde nachverfolgt, warum die Schwangerschaftsraten und Baby-Take-Home-Rates in privaten und öffentlichen IVF-Zentren unterschiedlich ist?
    1. Falls ja: Warum und welche Folgen hatte die Erkenntnis der Ursache?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Reformpotenzial: Bitte jeweils um Angabe, inwiefern es Prüfungen gab, zu welchem Ergebnis diese gekommen sind und ob mit der Vorlage von Änderungen zu rechnen ist.
    1. Sind die Erkenntnisse des Fertility Monitors dem BMSGPK bekannt und wurde hinsichtlich der kritisierten Regelungen schon einmal das Reformpotenzial in FMedG und IVF-FondsG nachgedacht?

                                          i.    Falls ja: Zu welchen konkreten Punkten wurden Reformüberlegungen geprüft und (bis wann) ist mit einer Vorlage zu rechnen?

                                        ii.    Falls nein: Warum nicht?

    1. Wurde darüber nachgedacht, auch Inseminationen (grundsätzlich beziehungsweise für lesbische Paare) durch den IVF-Fonds zu bezuschussen?

                                          i.    Falls ja: Mit welchem Ergebnis?

                                        ii.    Falls nein: Warum nicht?

    1. Wurde darüber nachgedacht, die Altersgrenze von 40 Jahren für Frauen zur Abdeckung durch den IVF-Fonds auf 45 Jahre, wie im FMedG festgelegt, anzupassen?

                                          i.    Falls ja: Mit welchem Ergebnis?

                                        ii.    Falls nein: Warum nicht?

    1. Wurde darüber nachgedacht, alleinstehenden Frauen den Zugang zu Reproduktionsmedizin zu ermöglichen?

                                          i.    Falls ja: Mit welchem Ergebnis?

                                        ii.    Falls nein: Warum nicht?

    1. Wurde darüber nachgedacht, die Berichtsformen anzupassen und transparenter zu machen, sodass IVF-Register und Fortpflanzungsmedizinregister als öffentlich zugängliche Register einen umfassenden Datenüberblick (wie vergleichsweise ein StatCube der Statistik Austria) ermöglichen?