13791/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.01.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Budgetlangfristprognose offenbart eine demographisch bedingte Budgetkrise

 

Budgetkrise voraus: Ausgaben, Defizite und Schulden steigen stark

Die Budgetlangfristprognose 2022 (1) wurde im Vergleich zur letzten Budgetlangfristprognose 2019 deutlich korrigiert, und zwar im negativen Sinne. Demnach sollen die Staatsausgaben bis 2060 von 49 % des BIP auf 56 % des BIP steigen. Und da die ohnehin schon sehr hohen Staatseinnahmen voraussichtlich bis 2060 bei 50 % des BIP stagnieren werden, steigen parallel auch die Staatsdefizite auf bis zu 6 % des BIP. Die Grundlage für diese negativen Entwicklungen ist im Wesentlichen der Umstand, dass die Niedrigzinsphase nicht für die nötigen ausgabensenkenden Reformen, vor allem im Pensions-, Gesundheits- und Pflegebereich, genutzt wurde. So fallen spätestens ab 2034 sämtliche ausgabendämpfenden Effekte aus einem ohnehin nur sehr langsam steigenden effektiven Pensionsantrittsalter weg. Ab diesem Zeitpunkt soll das effektive Pensionsantrittsalter nämlich stagnieren, während die Lebenserwartung weiterhin steigt - von aktuell leicht über 80 Jahren auf knapp 90 Jahre bis 2060 (2). In der Folge müssen die steigenden Staatsausgaben immer stärker mit Schulden finanziert werden, was wiederum die Zinsaufwände von 1,4 %BIP (2019) auf 4,7 %BIP (2060) fast verdreifacht. Dieser budgetäre Teufelskreis bewirkt, dass die Schuldenquote zwischen 2035 und 2060 förmlich explodiert, und zwar von 72 %BIP auf 121% %BIP. Und diese Tendenz wird sich mit ziemlicher Sicherheit auch über 2060 hinaus fortsetzen, da ab diesem Zeitpunkt Budgetdefizite über 6 %BIP die Regel sein werden. 

Reformen und höheres Pensionsantrittsalter nötig

Die Budgetlangfristprognose zeigt daher die negativen Folgen einer Politik, die jedes Problem mit Helikoptergeld und noch mehr Bürokratie zu lösen versucht, anstatt endlich die nötigen Reformen anzugehen. Dabei hätte speziell diese Regierung, die in Umfragen nur noch auf 30 Prozent kommt, eigentlich nichts mehr zu verlieren und könnte die verbleibende Zeit bis zu den Wahlen 2024 nutzen, um die notwendigen Reformen auf Schiene zu bringen. Denn die Budgetlangfristprognose zeigt, dass speziell bei den demographisch abhängigen Ausgabenbereichen dringend Reformen notwendig sind. Vor allem das effektive, durchschnittliche Pensionsantrittsalter muss endlich auf das Niveau von Schweden oder Schweiz (66 Jahre) steigen, was einen drastischen Abbau der Frühpensionsanreize erfordert. Ergänzend sind natürlich auch wesentliche Reformen im Gesundheits- und Pflegebereich nötig, wo eine fehlende Steuerung und eine zersplitterte Finanzierung zu einer unnötig teuren stationären Über-/Fehlversorgung führen und sich negativ auf die gesunden Lebensjahre auswirken (3). Hier wäre schon viel erreicht, wenn man den Krankenkassen endlich die Daten aus dem stationären Bereich übermitteln würde, damit diese ihre Versicherten besser und kostengünstiger durch das Gesundheitssystem leiten können. Diesbezüglich beklagte der ÖGK-Chef am 4.1.2023 in der "Die Presse" berechtigt: "Ich möchte wissen, was in den Ambulanzen passiert, welche Leistungen dort für die Patienten erbracht werden." (4).

 

Abbildung 1: Kennzahlen zur längerfristigen budgetären Entwicklung

Ein Bild, das Tisch enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Quelle: Budgetlangfristprognose 2022 (1)

 

Abbildung 2: Starke Korrektur der Schuldenquoten-Entwicklung nach oben

 

Quelle: Budgetlangfristprognose 2022 (1)

 

Abbildung 3: Stagnierendes effektives Pensionsantrittsalter ab 2035

 

Quelle: WIFO-Bericht (2)

 

Quellen:

(1) https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:195757e3-ed8a-41d7-90dc-541db37a8c5e/Langfristige_Budgetprognose_2022.pdf

(2) https://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/main.jart?content-id=1454619331110&publikation_id=70395&detail-view=yes

(3) https://orf.at/stories/3110225/

(4) https://www.diepresse.com/6234071/oegk-chef-das-gefaehrlichste-ist-wenn-politiker-ihre-eigene-propaganda-glauben

 

 

 


 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche ausgabensenkenden Maßnahmen setzen Sie in Abstimmung mit dem Sozialminister im Pensionsbereich?
    1. In welchem Ausmaß wirken sich diese Maßnahmen ausgabensenkend auf die Budgetlangfristprognose aus?
  1. Welche ausgabensenkenden Maßnahmen setzen Sie in Abstimmung mit dem Sozialminister im Pflegebereich?
    1. In welchem Ausmaß wirken sich diese Maßnahmen ausgabensenkend auf die Budgetlangfristprognose aus?
  1. Welche ausgabensenkenden Maßnahmen setzen Sie in Abstimmung mit dem Gesundheitsminister im Gesundheitsbereich?
    1. In welchem Ausmaß wirken sich diese Maßnahmen ausgabensenkend auf die Budgetlangfristprognose aus?
  1. Welche weiteren ausgabensenkenden Maßnahmen setzen Sie in Abstimmung mit den Fachministern?
    1. In welchem Ausmaß wirken sich diese Maßnahmen ausgabensenkend auf die Budgetlangfristprognose aus?
  1. Die Prognose der SV-Beiträge sind in der Budgetlangfristprognose nur aggregiert dargestellt. Wie gliedern sich die SV-Beiträge getrennt nach Pensionsversicherung, Unfallversicherung, Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung bis 2060? (Darstellung in %BIP und pro Jahr)
  2. Wie viele Personen verlassen in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich pensionsbedingt den Arbeitsmarkt? (nach Jahr)
  3. Wie viele Personen rücken in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich am Arbeitsmarkt nach? (nach Jahr)
  4. Wie entwickelt sich voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren die Zahl der erwerbsfähigen Personen? (nach Jahr)
  5. Wie viele Einwohner vollenden in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich das 18. Lebensjahr? (nach Jahr)
  6. Wie entwickelt sich voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren die Zahl der Pensionisten? (nach Jahr)
  7. Wie entwickelt sich voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren die Zahl der Pflegegeldbezieher? (nach Jahr)