13794/J XXVII. GP
Eingelangt am 31.01.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Robert Laimer und Genoss:innen
an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend Verpflegssystem Cook & Chill
Das Österreichische Bundesheer betreibt in Summe 88 Verpflegseinrichtungen in ganz Österreich. Dabei handelt es sich um vier Regionalküchen mit 58 angeschlossenen Finalisierungsküchen, welche nach dem System „Cook & Chill“ produzieren und 24 Truppenküchen mit dem Produktionssystem „Cook & Serve“ sowie zwei Verpflegsausgabestellen (Nachhaltigkeitsbericht BMLV 2021). Die Ausgaben der territorialen Verpflegseinrichtungen betrugen diesem Bericht zufolge 2018 € 15.544.085,11, 2019 € 15.268.176,27 und 2020 € 14.672.234,43 (BBG-Abrufwerte Brutto (€) der Berichtsjahre 2018-2020, Quelle: MIMZ). „Das erfolgreich im Österreichischen Bundesheer (ÖBH) implementierte Verpflegssystem Cook & Chill ist unbestritten“ wird in einer Stellungnahme des BMLV zur Petition Nr. 67/PE ausgeführt.
Mit der Umstellung von Truppenküchen zum sogenannten Cook & Chill System sollten ursprünglich erhebliche Einsparungen verbunden sein; dem gegenüber steht nach wie vor die Kritik an einem ungünstigen ökologischen Fußabdruck durch Transportkosten und Verpackungsmüll sowie an Einbußen bei der regionalen Wertschöpfung gegenüber.
Das ÖBH war und ist für viele Klein- und Mittelbetriebe in den Regionen ein wichtiger Auftraggeber; viele dieser kleinen regionale Anbieter kommen bei der zentralen Beschaffung von Lebensmitteln nicht mehr so leicht zum Zug . Das BMLV argumentiert dazu, dass die Beschaffung von Lebensmitteln für Großabnehmer (zB ÖBH) gemäß der Verordnung des BMF, BGBl. II Nr.2008/2001 idgF durch die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) nach dem Bundesvergabegesetz zu erfolgen hat. Dazu ermittelt die BBG im Vorfeld des Vergabeverfahrens den qualitativen und quantitativen Bedarf. Zur Erreichung eines breiten Bieterspektrums wird für die Vergabe das Bundesgebiet in Regionen gesplittet, ausgeschrieben und vergeben. Die Zuschläge erfolgen nach dem Bestbieterprinzip. Natürlich haben grundsätzlich auch regionale Bieter die Möglichkeit einer Anbotslegung – es stellt sich aber die Frage, wie viele kleine regionale Bieter es wirtschaftlich schaffen, Bestbieter bei diesen Ausschreibungen zu werden.
Mittlerweile erfolgt mit der angestrebten Stärkung der Autarkie der Kasernen ein erstes Umdenken: künftig soll es neben zentralen Regionalküchen nach dem Prinzip „Cook & Chill“ auch dezentrale Küchen und dezentrale Lebensmittelbestände geben.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nachfolgende
Anfrage:
1.
Wie haben
sich die regionalen und kleinräumigen Wertschöpfungsketten seit der
Umstellung auf Zentralküchen des ÖBH und die zentrale Beschaffung der
Lebensmittel verändert? Welcher Abfluss an Kaufkraft hat sich durch die
Einführung der Zentralküchen insbesondere für ohnehin
benachteiligte Regionen im ländlichen Raum ergeben?
2.
Wie hoch war
der Anteil an Lebensmittel, die bei Klein- und Mittelbetrieben in der Region
beschafft wurden, vor der Umstellung auf die Zentralküchen (bitte absolut
und in % nach Bundesländern gegliedert anführen)?
3.
Wie hoch ist
der Anteil an Lebensmittel, die bei Klein- und Mittelbetrieben in der Region
beschafft werden, aktuell (bitte absolut und in % anführen)?
4. Haben aus Ihrer Sicht regionale Klein- und
Mittelbetriebe im Umkreis der Kasernen in ländlichen Regionen,
insbesondere zB. Güssing, reale Chancen, sich an den jeweiligen
Ausschreibungen der BBG zu beteiligen und dann auch noch als Bestbieter aus dem
Ausschreibungsverfahren hervorzugehen?
5.
Wie viel wird konkret für die
Betriebskosten (Energie und Wasser) der Zentralküchen aufgewendet? Wie
hoch waren die Betriebskosten im speziellen bei der Zentralküche Graz in
den Jahren 2017-2022? (bitte nach Jahren getrennt aufgliedern)
6. Wie
viele Kilometer wurden von 2017-2022 jährlich verfahren, um die in den
Zentralküchen produzierten Speisen in die jeweiligen Kasernen zu liefern
(bitte nach den jeweiligen Zentralküchen und Jahren gegliedert
anführen)?
7. Welche
Fahrtkosten sind für diese Transportfahrten entstanden? (bitte ebenfalls
nach Jahren gegliedert anführen) Welcher CO2 -Ausstoß ergibt sich
aus diesen Transportwegen pro Jahr?
8. Wer
ist mit dem Transport beauftragt und wie hoch sind die Kosten, die für den
Transport entstehen (bitte nach Bundesländern gegliedert anführen)?
Mussten für den Transport zusätzliche Fahrzeuge angeschafft werden
und wenn ja, wo und wie viele?
9. Wurden
die Transporte von den Zentralküchen zu den Kasernen an Drittfirmen
ausgelagert? Liegen dazu Werkverträge vor und wenn ja, welche Kosten
fallen dadurch zusätzlich an? (bitte gegliedert nach Bundesländern
und Kasernen sowie Jahre anführen)
10. Wie
hoch ist der Anfall an Verpackungsabfällen, der durch den Transport der in
den Zentralküchen produzierten Speisen in die jeweiligen Kasernen pro Jahr
entsteht? Werden durchgängig wiederverwertbare Verpackungen verwendet?
Wenn ja, in welchem Ausmaß?
11. Wie hoch sind die Kosten der
Zubereitung, Verteilung und Ausgabe durchschnittlich je Tagesportion und
insgesamt aktuell pro Jahr? (bitte um Vollkostenberechnung unter
Berücksichtigung der Kosten für Infrastruktur, Betrieb,
Gerätebeschaffung, Wareneinsatz und Personal sowie Transportkosten und
Fremdleistungen aufgliedern). Wäre diese Essensportion bei direkter
Produktion in einer kaserneneigenen Küche billiger? Liegen Ihrem Ressort
aktuelle betriebswirtschaftliche Bewertungen dieser Frage vor und wenn, was
sagen sie aus?
12. In 11932/AB haben Sie ausgeführt,
dass „das System Cook & Chill zur Zeit einer Prüfung
unterzogen wird und auch andere Möglichkeiten eines Verpflegskonzeptes
evaluiert werden. Der Fokus bei der Ausarbeitung eines neuen
Küchenkonzeptes liegt darin, dort wo es möglich ist, wieder
verstärkt selbst zu kochen“. Welche Erkenntnisse liegen zum Verpflegungssystem
Cook&Chill aktuell vor, welche Verbesserungsmöglichkeiten ergab die
Evaluierung und welche davon werden Sie umsetzen? Was bedeutet dieser
Evaluierungsbericht konkret für die Verpflegung in der Kaserne in
Güssing?
13. Dem BMLV-Nachhaltigkeitsbericht 2021 ist
zu entnehmen, dass es 24 Truppenküchen mit dem Produktionssystem
„Cook & Serve“ gibt. Um welche konkreten Standorte handelt es
sich dabei? Nach welchen Kriterien wurden diese Standorte (Kasernen)
ausgewählt?
14. Im
Sinne von mehr Autarkie sind künftig neben zentralen Regionalküchen
nach dem Prinzip „Cook & Chill“ auch dezentrale Küchen und
dezentrale Lebensmittelbestände geplant. An welchen Standorten sind
dezentrale Küchen geplant und bis wann sollen diese realisiert sein? Wo
und wie erfolgt die Ausbildung von Personal, das für die autarke
Versorgung von Einheiten im Einsatz sorgen kann?
15. Autarke
Kasernen sollen sich Fall eines Blackouts für 14 Tage selbst versorgen
können. „ Das
heißt, dass sie bei einem Blackout genau so funktionieren wie vorher, mit
eigener Tankstelle, eigener Wasser-, Strom- und medizinischer Versorgung und
mit Lebensmittelbevorratung. Die Kaserne Güssing ist natürlich
dabei“, wird der Sprecher Ihres Ressorts in Medienberichten
zitiert. Bevorratung an Lebensmitteln ist wichtig; aber wie soll in einer
reinen Finalisierungsküche wie zB in der Kaserne Güssing
sichergestellt werden, dass ohne entsprechende Infrastruktur (zB
Kochgeräte) und ohne ausreichendes Personal die Mitarbeiter:innen auch im
Ernstfall eines Blackouts mit Tagesportionen verpflegt werden sollen? Liegt
Ihrer Einschätzung nach im Ernstfall Verpflegungssicherheit für die
über 300 Beschäftigten der Kaserne Güssing vor, die über
„kalte Teller“ hinausgeht?
16. Welche Verpflegssituation ist derzeit in der Kaserne
Güssing gegeben? Wie viele Köche arbeiten aktuell in der Kaserne
Güssing?
17. Welche Arten der Finalisierungsküchen gibt es? Um welche
Art der Finalisierungsküche handelt es sich bei der Kaserne Güssing?
18. Wie viel Personal war von 2017 – 2022 im Bereich der Verpflegung des ÖBH insgesamt tätig? (bitte nach Bundesländern, jeweiligen Standorten und Jahren gegliedert anführen) Wie viele Lehrlinge bildet das ÖBH in diesem Bereich aus (bitte von 2017 – 2022 nach Jahren und Standorten gegliedert anführen)