1390/J XXVII. GP
Eingelangt am 03.04.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen
an
die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
betreffend
Rechtsunsicherheit im Influencer-Marketing – Abgrenzung nichtkommerzieller
Kommunikation zu bloßer Information bzw. zur Meinungsbildung von
Geschäftspraktiken iSd UWG
Das Mediennutzungsverhalten vor allem junger Menschen hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert, insbesondere die Sozialen Medien und Plattformen wie Instagram oder YouTube erfreuen sich großer Beliebtheit und finden mittlerweile bei Kindern und Jugendlichen mehr Anklang als die klassischen linearen Medien (Fernsehen, Zeitung, Radio). Rund um diesen "neuen" Medienkonsum hat sich das, mittlerweile sehr umsatzstarke, Geschäftsfeld des Influencer-Marketings gebildet. Diese Form des Marketings ist für die kooperierenden Unternehmen besonders attraktiv, da die Influencer_innen oft den Eindruck erwecken, als Privatpersonen zu agieren und dabei scheinbar beiläufig (oder niederschwellig) gewisse Produkte bewerben. Erhalten die Influencer_innen eine entgeltwerte Gegenleistung für einen Beitrag, sind sie zur Offenlegung dieser Werbung verpflichtet (§ 26 Mediengesetz, § 6 E-Commerce-Gesetz).
Obwohl in der Praxis mittlerweile ein Bewusstsein für die Offenlegung von kommerzieller Kommunikation geschaffen wurde (Stichwort: Verbot von Schleichwerbung), ergeben sich in diesem Geschäftsfeld, vor allem im Zusammenhang mit Postings, die unentgeltlich erfolgen (z.B. aufgrund einer persönlichen Empfehlung von Influencer_innen), viele rechtliche Unsicherheiten.
Gemäß § 1 Abs 4 Z 2 UWG liegt bereits eine Geschäftspraktik vor, sobald Influencer_innen ein Unternehmen in einem Beitrag "taggen" (einen Link setzen), selbst wenn sie tatsächlich keine Gegenleistung dafür erhalten. Durch das Verlinken von Produkten – auch bloß zur Information ihrer Follower_innen – fördern die Influencer_innen sowohl ihre eigene Reichweite, als auch jene des "getaggten" Unternehmens. Den kommerziellen Zweck einer solchen Handlung müssten die Influencer_innen offenlegen, selbst wenn sie tatsächlich nur das Informationsbedürfnis ihrer Follower_innen befriedigen wollten.
Bezeichnen sie nun einen Beitrag als Werbung/Anzeige, obwohl keine Kooperation mit dem "getaggten" Unternehmen bestand, müssen Influencer_innen Unterlassungsklagen von diesem befürchten, sollte dieses z.B. den Anschein einer Geschäftsbeziehung mit den Influencer_innen nicht wünschen. Dieses juristische Dilemma stellt eine Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit der Influencer_innen dar, weil es ihnen unmöglich gemacht wird, private Empfehlungen zu gewissen Produkten abzugeben. Darüber hinaus wird es den Verbraucher_innen – durch die Kennzeichnung aller Beiträge als Werbung – unmöglich gemacht, zwischen tatsächlicher Werbung und Äußerungen, die vorrangig der Informations- und Meinungsbildung dienen, zu unterscheiden.
Dieses Problem der Abgrenzung nichtkommerzieller Kommunikation zur Information und Meinungsbildung von Geschäftspraktiken wurde in Deutschland bereits vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz erkannt, das einen Regelungsvorschlag unterbreitete.
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Regelungsvorschlag_Influenzer.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Das deutsche Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, sah folgende Ausnahme im deutschen UWG vor:
„Ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn diese vorrangig der Information und Meinungsbildung dient und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde.“
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Hält die Bundeswettbewerbsbehörde die aktuelle Gesetzeslage und deren Vollziehung für ausreichend, um Kinder und Jugendliche vor unlauterer Beeinflussung z.B. durch Schleichwerbung im Internet zu schützen?
a. Wenn ja, wie und in welchem Ausmaß werden diese Medien momentan diesbezüglich von der Bundeswettbewerbsbehörde kontrolliert?
b. Wenn nein, sollte eine Anpassung oder Änderung im Hinblick auf die geschilderte Rechtsunsicherheit durch das BMJ überprüft werden?
c. Welche Maßnahmen plant die Bundeswettbewerbsbehörde, um zum Thema Influencer-Marketing bzw. Schleichwerbung im Internet und insbesondere in Sozialen Medien aufzuklären?
2. Wie viele Beschwerden über Influencer-Marketing bzw. Schleichwerbung im Internet wurden bisher an die Bundeswettbewerbsbehörde herangetragen? Mit welchem Ausgang?