Eingelangt am 06.02.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Nikolaus
Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend Vollziehung des Art. 20 Abs. 5
B-VG
Der Verfassungsgesetzgeber hat im Juli 2022 im
Zuge der Parteiengesetzesreform den mit 1.1.2023 in Kraft getretenen Art. 20
Abs. 5 B-VG mit folgendem Inhalt erlassen:
„Alle
mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe haben
Studien, Gutachten und Umfragen, die sie in Auftrag gegeben haben, samt deren
Kosten in einer für jedermann zugänglichen Art und Weise zu
veröffentlichen, solange und soweit deren Geheimhaltung nicht
gemäß Abs. 3 geboten ist.“
Da die Novelle ohne Erläuterungen oder
einfachgesetzliche Konkretisierung erlassen wurde, was unter den jeweiligen
Begriffen (zB Gutachten, Studie, Umfragen, Kosten...) zu verstehen ist, erheben
sich für die Vollziehung einige Fragen. Der Verfassungsdienst weist
in seinem Rundschreiben (Geschäftszahl: 2022-0.851.995) auf einige
rechtliche Unklarheiten hin, ein Raum für unterschiedliche
Interpretationen bleibt bestehen. Als mit Aufgaben der Bundesverwaltung
betrautes Organ müssen Sie die Bestimmung vollziehen, aufgrund der
teilweise nicht eindeutigen (verfassungsgesetzlichen) Vorgaben ist daher von
Interesse, wie Sie die Bestimmung vollziehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Folgen Sie den Empfehlungen des
Verfassungsdienstes hinsichtlich des funktionellen
Organbegriffes (Rundschreiben des VD, Geschäftszahl:
2022-0.851.995)?
- Welche Organe aus Ihrem Vollzugsbereich
fallen dementsprechend unter den funktionellen Organbegriff? Bitte um
Auflistung alle entsprechenden Organe.
- Wenn Sie den Empfehlungen des
Verfassungsdienstes nicht folgen, warum?
- Wenn Sie den Empfehlungen des
Verfassungsdienstes nicht folgen, in welchen Punkten nicht?
- Folgen Sie der Interpretation des Verfassungsdienstes
hinsichtlich der Begriffe "Studien", "Gutachten",
"Umfragen" sowie "Kosten" (Rundschreiben des VD,
Geschäftszahl: 2022-0.851.995)?
- Wenn nein, warum und in welchen Punkten
nicht?
- Wenden Sie die
Veröffentlichungspflicht neben Studien, Gutachten und Umfragen auch
noch für andere Werke (laut Begründung des
Abänderungsantrages sollen zu den zu veröffentlichenden Werken
„neben Studien, Gutachten und Umfragen auch Leitbilder, Konzepte,
Publikationen, Werbebroschüren, sonstige Publikationen und Vergleichbares
[zählen]" - vgl Rundschreiben des VD, Geschäftszahl:
2022-0.851.995, S 4) an? Wenn ja, welche?
- Wie findet die Veröffentlichung in
Ihrem Vollziehungsbereich statt?
- Welche Studien, Gutachten, Umfragen wurden
bereits veröffentlicht? Wenn ja, wo?
- Ist die Veröffentlichung auf einer
bestimmten Website geplant? Wenn ja, auf welcher?
- Gab es bezüglich der
Veröffentlichungspflicht Gespräche mit anderen Organen der
Bundes-, Landes- oder Gemeindeverwaltung, um eine koordinierte
Veröffentlichung (zB auf einer gemeinsamen Onlineplattform) zu
ermöglichen? Wenn ja, was haben diese Gespräche ergeben?
- Gib es von Ihrer Seite Vorgaben, wann die
in Art 20 Abs 5 B-VG genannten Werke (Gutachten, Studien und Umfragen)
nach Fertigstellung veröffentlicht werden müssen?
- Wie lange muss ein Werk veröffentlicht
bleiben?
- Die Veröffentlichung hat zu erfolgen,
"solange und soweit deren Geheimhaltung nicht gemäß Abs.
3 geboten ist.“ Abs 3 legt die Amtsverschwiegenheit dar. Wer in
Ihrem Ressort ist für die Entscheidung darüber, was unter die
Amtsverschwiegenheit fällt, zuständig?
- Innerhalb welcher Zeitabstände werden
Sie Überprüfungen durchführen lassen, ob die Geheimhaltung
noch geboten ist?
- Haben Sie zur Konkretisierung des Art 20 Abs
5 B-VG Durchführungsverordnungen oder generelle Weisungen erlassen?
- Wenn ja, welche?
- Wenn nein, beabsichtigen Sie dies noch zu
tun?