14114/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.02.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

betreffend strukturelle Krise in der Ärzt*innen-Ausbildung

Der seit dem Studienjahr 2015/2016 bestehende Masterstudiengang Medizin an der Sigmund-Freud-Privatuniversität sorgt seit Monaten für Diskussionen. Nach der Widerrufung der Zulassung für diesen Studiengang durch die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria), kommunizierte die Leitung der Privatuniversität Anfang 2023, dass gegen diese Entscheidung Einspruch eingelegt werden soll. Darüber hinaus soll die Wiedereinreichung des Studienganges durch Antrag auf Neuakkreditierung vorbereitet werden.

Grund für den Entzug der Zulassung durch die AQ Austria waren unter anderem die "große Abweichungen von national und international üblichen Standards, „erhebliche Bedenken“ bei den Studienplänen, zu später und zu wenig klinischer Unterricht etc. - Mängel, die als innerhalb der vorgesehenen Zeit von zwei Jahren „nicht behebbar“ eingestuft wurden. Gerade für jene Studierenden, die gerade den entsprechenden Bachelor-Studiengang besuchen, stellt die aktuelle Unsicherheit eine enorme Herausforderung dar.

Generell zeigt der potenzielle Wegfall dieses Masterstudienganges aber auch ein größeres, strukturelles Problem in der Ärzt*innen-Ausbildung in Österreich: Während seit Jahren deutlich ist, dass die Zahl der fertig ausgebildeten Ärzt*innen nicht ausreichen wird, um den steigenden Ärzt*innen-Mangel in Österreich zu mindern, reagiert die Bundesregierung nicht mit der Stärkung der ordentlichen Medizin-Studiengänge an den öffentlichen Universitäten - insbesondere durch mehr finanzielle Mittel und mehr Studienplätze. Dass die Aufrechterhaltung der flächendeckenden medizinischen Versorgung zumindest teilweise von Medizin-Studiengängen an Privatuniversitäten abhängt, unterstreicht die Ernsthaftigkeit einer Krise, die sich in den kommenden Jahren noch deutlich verstärken wird.

Genau dieser Umstand bereitet auch für Bundesländer wie die Steiermark akute Probleme. Erst im Februar 2022 präsentierte das Land Steiermark eine Ausbildungsoffensive des Landes „in Kooperation mit der KAGes und der Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien“. Das Ziel „zusätzliche Jungmedizinerinnen und Jungmediziner in die Steiermark“ zu holen, sollte dabei helfen, den akuten Ärzt*innen-Mangel in vielen Regionen zu beheben:

„Die Sigmund-Freud-Privatuniversität bietet jährlich 200 bis 220 Humanmedizinplätze an, 20 dieser Plätze sind für das Stipendienprogramm des Landes Steiermark reserviert. „Eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung erfordert hervorragend ausgebildete Medizinerinnen und Mediziner. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass wir neben den steirischen Ausbildungsmöglichkeiten nun auch mit dem Stipendienprogramm an der Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien einen weiteren starken Partner gewonnen haben", so Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß, die weiters betont: ..Nicht nur die Studierenden werden davon profitieren, sondern auch die heimischen Patientinnen und Patienten. Zudem erhält die KAGes zusätzliche Ärztinnen und Ärzte. "[1]

 

Diese Kooperationen wurden mit der stolzen Summe von 9 Millionen Euro seitens des Landes finanziert. Bereits nach dieser Ankündigung gab es mediale Kritik. Die Tageszeitung Kronen Zeitung berichtete dazu am 12. September 2022:

 

„Daran gab es viel Kritik, vor allem, weil das Land eine ähnliche Regelung mit der öffentlichen Med-Uni Graz im ersten Jahr verabsäumte. Von Kommunikationsproblemen mit dem Ministerium war die Rede. Wie sieht es für das nächste Jahr aus? „Das Thema wurde angesprochen, aber noch nicht umgesetzt“, sagt Med-Uni-Rektor Hellmut Samonigg zur Krone.“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie ist der gegenwärtige Stand der Verhandlungen über eine weitere Zulassung des SFU-Masterstudiengangs Humanmedizin?

2.    Bis wann wird eine Entscheidung über die Berufung der SFU erwartet?

3.    Bis wann wird eine Entscheidung über den Reakkreditierungsantrag der SFU erwartet?

4.    Welche konkreten Schlüsse zieht das BMBWF aus dem Fall SFU, insbesondere um die ausreichende Ausbildung künftiger Medizinerinnen sicherzustellen?

5.    Ist eine Vergrößerung der Anzahl von jährlich vorgesehenen Medizinstudienplätzen an den öffentlichen Universitäten, insbesondere im Fall eines Ausfalls der jährlich 200 bis 220 Studienplätze an der SFU, vorgesehen?

a.   Wenn ja, auf wie viel sollen diese Plätze soll die Zulassungsquote an welchen Universitäten erhöht werden?

b.   Wenn nein, warum gibt es keine Pläne, um diesen Ausfall auszugleichen?

6.    Welche konkreten Schritte plant das BMBWF, um ähnliche Fälle von Akkreditierungsentzügen bzw. -widerrufen in Zukunft zu vermeiden?



[1] https://www.news.steiermark.at/cms/beitrag/12862889/156812949