14116/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.02.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dr. Johannes Margreiter,
Kolleginnen und Kollegen

an Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚
Innovation und Technologie

betreffend Wie eine Ministerin Österreich international blamiert: S18

 

Eine hochrangige Straßenverbindung von Österreich in die Schweiz ist seit Jahr-zehnten Thema. 1964 hat die Schweiz nach Absprache mit der Republik Österreich in St. Margrethen gleich jenseits des Rheins eine Autobahnanschlussstelle an die Schweizer A13 gebaut und wartet seither darauf, dass die Österreicher dort ihre Straßenverbindung einmünden lassen. In der Erwartung der österreichischen Straßenanbindung errichten die Schweizer gerade ein neues Zollzentrum in
St. Margrethen.

Ende Jänner 2023 präsentiert nun BM Gewessler eine völlige andere Variante,
die zum einen nicht direkt an der Grenze an die Schweizer Autobahn anschließt, sondern ein Stück weit über Schweizer Territorium verläuft und zum anderen
nicht in St. Margrethen sondern wesentlich weiter südlich zwischen Widnau
und Diepoldsau die Grenze passiert.

Wie den Reaktionen der Politiker aus der Schweizer Nachbarschaft zu entnehmen ist, hat die Bundesministerin ihr Vorgehen nicht mit den Nachbarn abgesprochen, sondern in Eigenregie eine Straßenplanung auf Schweizer Hoheitsgebiet vorge-nommen.

So berichtet das St. Galler Tagblatt am 26.01.2023 unter dem Titel „ ‚Irritierend‘, ‚absolut inakzeptabel‘: Rote Köpfe im Rheintal wegen Vorarlberger Autobahn-verbindung“ [1] von folgenden Reaktionen:

Reto Friedauer, Gemeindepräsident von St. Margrethen und Präsident des Vereins Agglomeration Rheintal: „Es ist höchst fragwürdig, wie hier mit uns umgegangen wird. Das ist eine Entfernung vom partnerschaftlichen und konsensorientierten Planungsprozess, den wir in den letzten Jahren begleiten durften.

„Gleich wie Friedauer erging es Christa Köppel und Roland Wälter. Die Inhaber
der Gemeindepräsidien von Widnau und Diepoldsau bezeichnen das Vorgehen
des Ministeriums als „irritierend“ (Köppel) „absolut inakzeptabel“ und „schlechte Lösung“ (Wälter)

Gegenüber ORF Vorarlberg erklärt Roland Wälter am 26.01.2023, die von
BM Gewessler präsentierte Variante sei „inakzeptabel und kommt gar nicht
in Frage“. Schon am 25.01.2023 war die im Kanton St. Gallen verantwortliche Baudirektorin gegenüber ORF Vorarlberg verbal zurückhaltend, aber inhaltlich
klar: „Die Kommunikation hat hier nicht Gutes geleistet.
Da wurden die Gemeinde-präsidenten vor den Kopf gestoßen, wir auch im
Kanton, und das ist relativ schwierig, mit diesem Thema so umzugehen.“

Das St. Galler Tagblatt hat weitere Stellungnahmen eingeholt und berichtet:
„Selbst die St. Galler Regierung hat Gewesslers Departement nicht informiert.“
Also die Kantonsregierung des Nachbarkantons wusste nichts von den Umtrieben des Gewessler´schen Ministeriums („Departement“).
Die St. Galler Baudirektorin Susanne Hartmann quittiert das Vorgehen der österreichischen Ministerin mit Worten, die in ihrer Deutlichkeit die sonst
sehr gemäßigt-diplomatische schweizerische Ausdrucksweise verlassen:
„Als beteiligte Projektpartner sind wir von der Kopf gestossen, was Inhalt
und Zeitpunkt der Kommunikation angeht. Der Kanton St. Gallen wurde
vorgängig nicht involviert.“

Der Kanton St. Gallen spreche sich gegen die vertiefte Prüfung der von
Wien favorisierten neuen Linienführung aus, teilte die Regierung am
Donnerstag (26.01.2023) mit.

Der Kanton bezweifle die Zweckmässigkeit einer Linienführung im Süden
von Lustenau, heisst es weiter.

Das Ziel der Verkehrsplanung im Rheintal sei es, eine Lösung für den
gesamten Verkehrsraum zu finden – und diese könne nur eine Verbindung
nördlich von Lustenau leisten.

Auf den Punkt bringt es der Gemeindepräsident von St. Margrethen,
Reto Friedauer:

„Ich vermute, dass hier politische Spiele getrieben werden, mit dem
Ziel, letztlich gar nichts zu realisieren.“

Dass die Bundesministerin mit dem neu gewählten zuständigen Bundesrat
Albert Rösti ihre neue Trassenführung bereits ausverhandelt hat, kann man
auf Grund von dessen kurzer Amtszeit (07.12.2022) als ausgeschlossen
ansehen. Der Bundesrat hätte das auch ohne politische Einbeziehung des
Kantons St. Gallen niemals gemacht. Man braucht nämlich keine jahrzehnte-
lange außenpolitische Erfahrung, um zu wissen, dass in der förderalistischen Schweiz (mehr noch als im von Landesfürsten beherrschten Österreich) an
den Kantonen politisch kein Weg vorbei führt.

Die professionelle Projektierung eines solchen Straßenprojekts hätte also
jedenfalls die Exponenten des Nachbarkantons St. Gallen an Bord geholt.

Mit ihrem dilettantischen Vorgehen hat die Frau Bundesministerin also
nicht nur unsere Schweizer Nachbarn beleidigt und vor den Kopf gestoßen
und die Republik Österreich auf internationaler Bühne auf das Peinlichste
blamiert, sondern auch gleich die eigene Variante politisch begraben.
Jede 13-jährige Schulsprecherin einer Mittelschule hätte ein grenzüber-
schreitendes Verkehrsprojekt professioneller aufgesetzt.
Zweifelhaft erscheint daher, ob Leonore Gewessler in einer Position arbeitet,
der sie persönlich und fachlich gewachsen ist.

Quelle:

[1] https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/rheintal/grenzverkehr-irritierend-absolut-inakzeptabel-rote-koepfe-im-rheintal-wegen-vorarlberger-autobahnverbindung-ld.2405928


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Hat die Frau BM die von ihr vorgeschlagene S18-Variante (Widnau) vor der öffentlichen Präsentation am 24.01.2023 mit dem zuständigen Schweizer Bundesrat Albert Rösti besprochen?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Hat die Frau BM die von ihr vorgeschlagene S18-Variante (Widnau) vor der öffentlichen Präsentation am 24.01.2023 mit dem Schweizer Botschafter in Wien besprochen?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Hat die Frau BM die von ihr vorgeschlagene S18-Variante (Widnau) vor der öffentlichen Präsentation am 24.01.2023 mit der zuständigen Regierungsrätin Susanne Hartmann (Kanton St. Gallen) besprochen?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Hat die Frau BM die von ihr vorgeschlagene S18-Variante (Widnau) vor der öffentlichen Präsentation am 24.01.2023 mit dem Zollamt Österreich bzw. dem Finanzministerium besprochen?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Welche Überlegungen führten zu der von der Frau BM gewählten Vorgangsweise, ohne professionelle Einbeziehung der Schweizer Nachbarn eine Straßenverbindung über Schweizer Territorium zu planen?
  2. Wie oft ist es in der Amtszeit der Frau Bundesministerin vorgekommen, dass Verkehrsminister von Nachbarländern der Republik Österreich ohne Rücksprache mit Vertretern der österr. Bundesregierung Straßenprojekte präsentiert haben, die über österreichisches Territorium gehen?