Eingelangt am 14.02.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Henrike Brandstötter,
Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen
an den Vizekanzler und Bundesminister
für Kunst‚ Kultur‚ öffentlichen Dienst und Sport
betreffend Zuständigkeitschaos gegen
Diskriminierung im BMKÖS
Gleichberechtigung
in allen Lebensbereichen ist für viele Bevölkerungsgruppen nach wie
vor schwierig zu erreichen. Egal, ob Diskriminierungen aufgrund des
Geschlechts, der sexuellen Orientierung, des Alters, des
Migrationshintergrundes oder aufgrund einer Behinderung - nach wie vor kommt es
viel zu häufig vor, dass Menschen ohne sachliche Rechtfertigung ungleich
behandelt werden. Als Ansprechspartnerin dafür sollte die
Gleichbehandlungsanwaltschaft zur Verfügung stehen, oftmals ist diese aber
gar nicht zuständig. So gibt es zwischen Bundesgesetz und verschiedenen
Landesgesetzen zur Gleichbehandlung Unterschiede, auch deshalb haben Betroffene
es oft schwer, die richtige Ansprechstelle zu finden.
Als Zeichen der
Bemühungen wurden im BMKÖS die Stellen IRIS und VERA eingerichtet,
zusätzliche Stellen, die gegen Diskriminierung helfen sollen – dabei
aber für Verwirrung über Zuständigkeiten und Mehrgleisigkeiten
sorgen. So gibt es im BMKÖS mittlerweile ein Kompetenzzentrum für
Diversität, Antirassismus und Antidiskriminierung (1), mit IRIS (dem
Institut für Respekt und Integrität im Sport) ein Dach für die
Nationale Antidoping Agentur, die Vereinigung "Fair Play Code" und
den Verein 100% Sport (2) und mit VERA die Vertrauensstelle gegen
Belästigung und sexuelle Gewalt in Kunst, Kultur und Sport (3) - die
wiederum mit "Safe Sport"(4) eine eigene Anlaufstelle für
Vorfälle im Sportbereich hat.
Nicht ganz ersichtlich ist
allerdings, inwiefern sich die Aufgabenbereiche dieser Einrichtungen
überschneiden, wo Kompetenzgrenzen verlaufen und an welche dieser Stellen
sich Betroffene von Diskriminierung in welchem Fall am Besten wenden.
Immerhin lässt sich
grob zusammenfassen:
- Die Kompetenzstelle soll
Diversität über Geschlechtergrenzen hinweg denken und dafür
sorgen, dass das BMKÖS in seiner Personalbesetzung vielfältiger
ist. Soweit aus der Geschäftseinteilung des BMKÖS ersichtlich
ist, soll damit besonders im Zuständigkeitsbereich des Ressorts
für mehr Gleichbehandlung gesorgt werden (5)
- Zusätzlich gibt es
im BMKÖS eine weitere Abteilung "Diversitätsmanagement,
Kompetenzcenter Inklusion, Bundeslehrlingskoordination,
Gleichbehandlung" (6), die ähnliche Aufgaben wie die
Kompetenzstelle hat, damit aber Gleichbehandlung in allen Bereichen des
öffentlichen Dienstes vorantreiben soll. Gemessen an der Vielzahl an
Strategien, die die verschiedenen Ministerien im Gleichbehandlungsbericht
des Bundes angeben, ist etwas Streamlining wohl eine gute Idee. Inwiefern diese Aufgaben mit der zuständigen Ministerin
abgesprochen sind, ist allerdings unklar.
- IRIS selbst wurde
lediglich präsentiert und in Presseaussendungen gibt es grobe
Umschreibungen des Aufgabengebiets. Eigene Website oder konkrete
Informationsübersicht zur Tätigkeit von IRIS gibt es allerdings
nicht.
- Als externe Einheit des
BMKÖS sieht sich 100 % Sport als Zentrum für Genderkompetenz mit
einem Schwerpunkt in der Prävention von sexualisierten
Übergriffen. Also genau dem Aufgabenbereich von VERA, wodurch es auf
den Websiten Querreferenzen zwischen diesen verschiedenen Institutionen
gibt. Wie genau diese Vielfalt von Projekten,
Visionen und Arbeitstiteln Betroffenen helfen soll, leichter Hilfe zu
bekommen, erscheint allerdings rätselhaft.
Solche Mehrgleisigkeiten
führen nicht nur bei Betroffenen zu Verwirrung, sondern oft auch zu
Ineffizienzen in der Verwaltung. Da schon bei den Überschneidungen
zwischen Gleichbehandlungsanwaltschaft und Gleichbehandlungsanwaltschaften der
Länder Ineffizienzen und Mehraufwand (speziell in Hinsicht auf notwendige
Clearinggespräche) entstehen, müssen auch diese Mehrgleisigkeiten
innerhalb des BMKÖS unabhängig von noch so gutgemeinten Intentionen
in Hinsicht auf ihre Wirkungsorientierung hinterfragt werden.
- https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211108_OTS0208/budgetausschuss-zusaetzliche-45-mio-fuer-sportfoerderungen-im-jahr-2022
- https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220524_OTS0168/prammer-institutionen-fuer-respekt-und-integritaet-im-sport-iris-ist-meilenstein-fuer-respekt-und-integritaet-im-sport
- https://vera-vertrauensstelle.at/
- https://safesport.at/
- https://www.bmkoes.gv.at/dam/jcr:9de63d79-fb53-4184-a63c-df6c6be739c0/Gesch%C3%A4ftseinteilung_zum_1._Juli_2022.pdf
- https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_11162/imfname_1465165.pdf
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Welche Kosten entstanden durch die
Einrichtung des Kompetenzzentrums für Diversität, Antirassismus
und Antidiskriminierung im BMKÖS bisher?
- Welche jährlichen Kosten erwartet man
für den Betrieb des Kompetenzzentrums für Diversität,
Antirassismus und Antidiskriminierung im BMKÖS? (Bitte um
Aufschlüsselung nach Personal- und Sachkosten, sowie veranschlagten
Kosten für externe Dienstleistungen)
- Warum wurde das Kompetenzzentrum als eigene
Stelle geschaffen und nicht innerhalb der Abteilung elf?
- Welche konkreten Maßnahmen sollen
durch das Kompetenzzentrum gesetzt werden?
- Welche Kosten entstanden durch die
Einrichtung der Abteilung "Diversitätsmanagement,
Kompetenzcenter Inklusion, Bundeslehrlingskoordination,
Gleichbehandlung" im BMKÖS bisher?
- Welche jährlichen Kosten erwartet man
für die Abteilung "Diversitätsmanagement, Kompetenzcenter
Inklusion, Bundeslehrlingskoordination, Gleichbehandlung" im
BMKÖS? (Bitte um Aufschlüsselung nach Personal- und Sachkosten,
sowie veranschlagter Kosten für externe Dienstleistungen)
- Welche konkreten Maßnahmen sollen
durch die Abteilung gesetzt werden?
- Welche Kosten entstanden durch die
Einrichtung des Instituts für Respekt und Integrität im Sport im
BMKÖS bisher?
- Welche jährlichen Kosten erwartet man
für das Institut für Respekt und Integrität im Sport im
BMKÖS? (Bitte um Aufschlüsselung nach Personal- und Sachkosten,
sowie veranschlagter Kosten für externe Dienstleistungen)
- Welche konkreten Maßnahmen sollen
durch das Institut gesetzt werden?
- Welche konkreten Maßnahmen wurden
seitens des Instituts bisher gesetzt? (Bitte um Aufschlüsselung nach
einzelnen Veranstaltungen, Abstimmungen und angefallenen Kosten)
- Die Gesamtförderung für 100% Sport
wurde 2021 von 200.000€ p.A. auf 400.000€ erhöht. Welche
Zahlungen gab es seitens des BMKÖS in den vergangenen Jahren und gab
es darüber hinaus weitere Förderungen an 100% Sport?
- Falls ja, für welche konkreten Zwecke,
Maßnahmen oÄ?
- Welche jährliche Gesamtförderung
für 100% Sport ist seitens des BMKÖS aktuell vorgesehen?
- 2022 sind von dieser Gesamtförderung
126.600€ für die Vertrauensstelle budgetiert. Wie hoch war
diese zweckgebundene Summe in den Vorjahren und gibt es bereits
Pläne, wie hoch diese in den nächsten Jahren sein soll?
i. Zählt diese Summe für die Vertrauensstelle als reine
Förderung für 100% Sport oder wird diese Summe ebenso als
Förderung für VERA als Vertrauensstelle angeführt?
- Welche laufenden Kosten fallen bei 100%
Sport jährlich für den regulären Betrieb an? (Bitte um
Angabe der Betriebs-, Personal- und Sachkosten für die vergangenen
fünf Jahre)
- Welche Mittel werden von 100% Sport
für dezidierte Gleichstellungsmaßnahmen genutzt? (Bitte um
Angabe der einzelnen Projekte und Maßnahmen inklusive der Kosten
für die vergangenen drei Jahre)
- Welche Mittel werden von 100% Sport
für die Beratungsstelle für Opfer von sexueller Gewalt und
Belästigung genutzt? (Bitte um Angabe der Summen pro Jahr)
- Wie viele Betroffene wurden bisher von 100%
Sport beraten und unterstützt und mit welchem Ergebnis? (Bitte um
Angabe der Beratungsgespräche und Anzahl der hilfesuchenden
Betroffenen pro Jahr)
- Laut 9694/AB gibt es im BMKÖS
zweckgewidmete Budgets für Gleichstellungsmaßnahmen und soweit
ersichtlich ist dieses deckungsgleich mit der Fördersumme für
den Verein 100% Sport. Infolgedessen stellt sich die Frage, auf welcher
rechtlichen Basis 100% Sport als alleiniger Umsetzungspartner des
BMKÖS gewählt wurde und ob hierzu eine Ausschreibung erfolgte.
- Auf welche Summen belief sich das Budget
für Gleichstellungsmaßnahmen jährlich seit 2020 und
welche dieser Mittel sind in oben angeführte Abteilungen/
Institutionen/ Vereine geflossen bzw sind für die nächsten zwei
Jahre für diese vorgesehen?
- Auf welcher rechtlichen Basis wird 100%
Sport mit der Umsetzung von Gleichstellungsmaßnahmen vom BMKÖS
beauftragt?
- Da die 100% Sport - soweit ersichtlich -
die gesamte Abwicklung der Gleichstellungsmaßnahmen im Sportbereich
übernimmt, handelt es sich weniger um eine Förderung, als eine
Auftragsvergabe. Erfolgte hierfür eine Ausschreibung?
i. Wenn ja: Wann, mit welchen Kriterien und welcher Laufzeit?
ii. Wenn nein: Warum nicht?
- Gibt es ein Gleichstellungsbudget des
BMKÖS abseits der Fördersummen für den Verein 100% Sport?
i. Falls ja: Für welche Maßnahmen oder an welche
Fördernehmer wird dies ausbezahlt?
- Ist ersichtlich, welche Mittel der
erhaltenen Förderungen 100% Sport zur Umsetzung von
Gleichstellungsmaßnahmen nutzt?
- Wie genau kann Betroffenen leicht vermittelt
werden, welche der angeführten Stellen in welchem Fall die richtige
Ansprechstelle ist?
- Wurde evaluiert, welche (potenziellen)
Überschneidungen es mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft oder
Gleichbehandlungsanwaltschaften der Länder gibt?
- Falls ja: Mit welchem Ergebnis?
- Falls nein: Warum nicht?
- Wurde evaluiert, welche (potenziellen)
Überschneidungen es mit Gleichbehandlungsstellen in anderen
Ministerien gibt?
- Falls ja: Mit welchem Ergebnis?
- Falls nein: Warum nicht?
- Gab es seitens des BMKÖS vor
Einrichtung der oben genannten Antidiskriminierungsstellen Gespräche
mit der Ministerin für Frauen (und Gleichstellung) oder mit Mitarbeitern
dieses Ressorts?
- Falls ja: Mit welchem Ergebnis und wie lief
die Koordination mit dem BMFFIM ab? (Bitte um Angabe von
Gesprächsterminen, teilnehmenden Personen und
Gesprächsinhalten)
- Falls nein: Warum nicht?
- Gab es seitens des BMKÖS vor
Einrichtung der oben genannten Antidiskriminierungsstellen Gespräche
mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft, mit welchen Mitteln
Gleichstellungsziele bestmöglich erreicht werden können?
- Falls ja: Mit welchem Ergebnis und wie lief
die Koordination mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft ab? (Bitte um
Angabe von Gesprächsterminen, teilnehmenden Personen und
Gesprächsinhalten)
- Falls nein: Warum nicht?
- Gibt es Pläne durch die Abteilung
Diversitätsmanagement, Kompetenzcenter Inklusion,
Bundeslehrlingskoordination, Gleichbehandlung in Ministerien einheitliche
Richtlinien zur Umsetzung von verbesserten Antidiskriminierungs- und
Gleichstellungsmaßnahmen zu schaffen (Beispielsweise in Bezug auf
Gütesiegel zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Barrierefreiheit
oder Inklusion)?
- Falls ja: Wie sehen diese bis dato aus und
bis wann sollen diese umgesetzt werden?
- Falls nein: Warum nicht?