14127/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.02.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Verordnungen der Oesterreichischen Nationalbank

Die innerstaatliche Durchführung von Sanktionen gegen Russland liegt zu einem großen Teil bei der Oesterreichischen Nationalbank. Laut § 2 Abs 1 Sanktionengesetz ist die Oesterreichische Nationalbank ermächtigt, soweit dies zur Erfüllung von völkerrechtlich verpflichtenden Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union erforderlich ist, durch Verordnung oder Bescheid die nachstehend angeführten Maßnahmen anzuordnen:

1. das Einfrieren von Vermögenswerten von

a)Personen, die terroristische Handlungen begehen, zu begehen versuchen oder sich an deren Begehung beteiligen oder diese erleichtern sowie von sonstigen Personen oder Einrichtungen, gegen die Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union verhängt wurden,

b)Einrichtungen, die unmittelbar oder mittelbar im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen oder Einrichtungen gemäß lit. a) stehen,

c)Personen und Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung von Personen gemäß lit. a) und oder Einrichtungen gemäß lit. a) oder lit. b) handeln

einschließlich der Gelder, die aus Vermögen stammen oder hervorgehen, das unmittelbar oder mittelbar im Eigentum oder unter der Kontrolle dieser Personen und mit ihnen verbundener Personen und Einrichtungen steht;

2. die Untersagung der direkten oder indirekten Bereitstellung von Vermögenswerten für Personen und Einrichtungen gemäß Z 1 oder zu deren Gunsten.

Die Erlassung und Aufhebung von Verordnungen nach diesem Absatz bedarf der Zustimmung der Bundesregierung, bei Gefahr im Verzug genügt die Zustimmung des Bundeskanzlers.

Laut Abs 2 ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Verordnung oder Bescheid die nachstehend angeführten Maßnahmen anzuordnen:

  1. die Beschlagnahme von Verkehrsmitteln, die sich mehrheitlich im Eigentum einer Person oder eines Unternehmens mit Sitz oder Tätigkeit in einem bestimmten Staat befinden oder von solchen Personen oder Unternehmen kontrolliert werden;
  2. den Verfall der unter Z 1 angeführten Verkehrsmittel, wenn festgestellt wird, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet wurden;
  3. die Beschlagnahme von Verkehrsmitteln sowie von diesen beförderten Waren, wenn der Verdacht besteht, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet beziehungsweise entgegen solchen Bestimmungen befördert wurden;
  4. den Verfall der unter Z 3 angeführten Verkehrsmittel und Waren, wenn festgestellt wird, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet beziehungsweise entgegen solchen Bestimmungen befördert wurden;
  5. das Verbot der Erbringung von Dienstleistungen an natürliche oder juristische Personen zum Zweck der Ausübung geschäftlicher Tätigkeiten in einem bestimmten Staat;
  6. die Befreiung von der Verpflichtung zur Erfüllung zivilrechtlicher Forderungen, wenn sie im Zusammenhang mit Verträgen oder sonstigen Rechtsgeschäften geltend gemacht werden, deren Erfüllung durch Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union beeinträchtigt wurde.

Die Erlassung von Verordnungen nach diesem Absatz bedarf des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrats.

 

Österreich kann aber auch über die Sanktionen der EU hinaus Maßnahmen setzen. Dafür kann die Oesterreichische Nationalbank abermals mit Zustimmung der Bundesregierung oder bei Gefahr im Verzug nur mit Zustimmung des Bundeskanzlers Verordnungen erlassen (oder aufheben) (§§ 3 und 4 Devisengesetz 2004).

§3 Abs 1 Devisengesetz besagt, dass soweit der Rat (der EU) Maßnahmen gemäß Art. 64 Abs. 2 und 3, Art. 66, 75 und 215 AEUV trifft, die Oesterreichische Nationalbank gemäß § 4 allenfalls erforderliche Schritte zur Durchführung dieser Maßnahmen gegenüber dem betroffenen Drittstaat zu setzen hat.

Laut Absatz 2 kann die Oesterreichische Nationalbank zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrung der auswärtigen Interessen Österreichs, sofern unmittelbar anwendbares Recht der Europäischen Union nicht entgegensteht, gemäß § 4 die zur Einschränkung des Kapital- und Zahlungsverkehrs erforderlichen Maßnahmen treffen, um

  1. die Sicherheit der Republik Österreich zu gewährleisten oder
  2. eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhindern oder
  3. die Wirtschaftsbeziehungen Österreichs im Bereich des Kapital- und Zahlungsverkehrs mit Staaten einzuschränken, in denen ein bewaffneter Konflikt herrscht oder wiederholt schwere Menschenrechtsverletzungen stattfinden, oder
  4. zu verhüten, dass die auswärtigen Beziehungen der Republik Österreich erheblich gestört werden, oder
  5. völkerrechtlich verbindliche Beschlüsse im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union durchzuführen.

Gem. Absatz 3 kommen die Abs. 1 und 2 kommen nicht zur Anwendung, soweit das Sanktionengesetz anwendbar ist.

§ 4 Devisengesetz besagt:

(1) Die Oesterreichische Nationalbank kann in Vollziehung des § 3 durch Verordnung oder Bescheid einzelne oder alle der in Abs. 4 genannten Rechtsgeschäfte und Handlungen für bewilligungspflichtig erklären oder teilweise oder zur Gänze untersagen. Die Oesterreichische Nationalbank hat diese Maßnahmen aufzuheben, sobald die Notwendigkeit ihrer Verhängung gemäß § 3 wegfällt.

(2) Die Erlassung und Aufhebung von Verordnungen nach Abs. 1 bedarf der Zustimmung der Bundesregierung, bei Gefahr im Verzug genügt die Zustimmung des Bundeskanzlers.

(3) Zur Erteilung von Bewilligungen für die gemäß Abs. 1 durch Verordnung oder Bescheid bewilligungspflichtig gestellten Rechtsgeschäfte und Handlungen ist die Oesterreichische Nationalbank zuständig.

(4) Rechtsgeschäfte und Handlungen im Sinne des Abs. 1 sind:

  1. Verfügung über ausländische Zahlungsmittel;
  2. Verfügung über inländische Zahlungsmittel und Gold, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist;
  3. Verfügung über Forderungen oder Verbindlichkeiten in ausländischer Währung;
  4. Verfügung über Forderungen oder Verbindlichkeiten in inländischer Währung, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist;
  5. Verfügung über ausländische Wertpapiere;
  6. Verfügung über inländische Wertpapiere, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist;
  7. Verbringung oder Versendung von Zahlungsmitteln, Gold oder Wertpapieren ins Ausland;
  8. Verfügung über nicht in Wertpapieren verbriefte Anteilsrechte an juristischen Personen sowie Unternehmen, gleich welcher Rechtsform, mit Sitz im Inland, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist;
  9. Verfügung über nicht in Wertpapieren verbriefte Anteilsrechte an juristischen Personen sowie Unternehmen, gleich welcher Rechtsform, mit Sitz im Ausland;
  10. Verfügung über eine im Ausland gelegene Liegenschaft eines Inländers oder über ein dingliches Recht eines Inländers an einer im Ausland gelegenen Liegenschaft;
  11. Verfügung über eine im Inland gelegene Liegenschaft eines Ausländers oder über ein dingliches Recht eines Ausländers an einer im Inland gelegenen Liegenschaft;
  12. Verfügung über eine im Inland gelegene Liegenschaft eines Inländers oder über ein dingliches Recht eines Inländers an einer im Inland gelegenen Liegenschaft jeweils zugunsten eines Ausländers;
  13. Verfügung über Immaterialgüterrechte, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist.

2014 hat Österreich so bereits vor dem Beschluss auf EU-Ebene Russland aufgrund der Annexion der Krim Vermögen in Österreich eingefroren (https://star.worldbank.org/sites/star/files/verordnung_devg_1-2014final_mit_unterschriften.pdf). So könnten auch jetzt Familienmitglieder oder Strohmänner von Oligarchen in Österreich in den Fokus genommen werden, die nicht auf der EU-Sanktionenliste stehen. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Haben Sie, Herr Bundeskanzler, oder einer Ihrer Vorgänger bei der Erlassung oder Aufhebung einer Verordnung gem. §2 Abs 1 Sanktionengesetz, im Zeitraum seit 2014, die alleinige Zustimmung erteilt?
    1. Wenn ja, wann und in welchen Fällen?
    2. Wenn ja, welche Gründe lagen für die Annahme von Gefahr in Verzug vor?
  1. Haben Sie oder einer Ihrer Vorgänger bei der Erlassung oder Aufhebung einer Verordnung gem. §4 Abs 2 Devisengesetz, im Zeitraum seit 2014, die alleinige Zustimmung erteilt?
    1. Wenn ja, wann und in welchen Fällen? 
    2. Wenn ja, welche Gründe lagen für die Annahme von Gefahr in Verzug vor?
  1. Haben Sie bzw. wer aus Ihrem Ressort (auf Ihre wann erteilte Weisung/Aufforderung/... hin oder aus eigenen Stücken?) sich seit 21.02.2022 eigeninitiativ zum Thema Sanktionen aufgrund des Angriffskrieges Putins gegen die Ukraine informiert?
    1. Wenn ja, inwiefern wann in welchem Umfang durch wen?
    2. Welche Maßnahmen setzten Sie bzw. wer aus Ihrem Ressort (auf Ihre wann erteilte Weisung/Aufforderung/... hin oder aus eigenen Stücken?) in der Folge wann?  
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Haben Sie bzw. wer aus dem BKA  seit dem 21.02.2022 aktiv zu Gesprächsrunden zum Thema Sanktionen und weiterer der im Sanktionengesetz und/oder Devisengesetz gegen Russland eingeladen?
    1. Wenn ja, von welchem/n Ressort(s) und wer war wann anwesend?

                                          i.    Wie oft gab es solche Gesprächsrunden (Bitte um genaue Auflistung der anwesenden Ressorts inklusive des jeweiligen Datums)?

                                        ii.    Welche eingeladenen Ressorts sind der Einladung aus welchem Grund nicht gefolgt?

    1. Wenn ja, was war wann das Ergebnis der Gespräche?  
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wurden Sie bzw. wer aus dem BKA seit dem 21.02.2022 von anderen Ressorts zu Gesprächsrunden zum Thema Sanktionen und weiterer der im Sanktionengesetz und/oder Devisengesetz gegen Russland genannten Maßnahmen eingeladen?
    1. Wenn ja, von welchem/n Ressort(s) und wer war wann anwesend?
    2. Wenn ja, was war wann das Ergebnis der Gespräche?  
    3. Wenn ja, sind Sie bzw. wer aus dem BKA diesen Einladungen gefolgt?

                                          i.    Wenn nein, warum nicht?

  1. Haben Sie bzw. wer aus Ihrem Ressort auf Ihre wann erteilte Weisung/Aufforderung/... hin sich seit 21.02.2022 eigeninitiativ an die OeNB gewandt hinsichtlich der Erlassung von Sanktionen bzw. weiterer der im Sanktionengesetz und/oder Devisengesetz genannten Maßnahmen?
    1. Wenn ja, wann und zu welchen Maßnahmen genau?
    2. Haben Sie bzw. wer aus Ihrem Ressort auf Ihre wann erteilte Weisung/Aufforderung/... sich aktiv an die OeNB gewandt, um über das Erlassen von Verordnungen wegen Gefahr in Verzug gem. §2 Abs 1 Sanktionengesetz und/oder §4 Abs 2 Devisengesetz zu sprechen?

                                          i.    Wenn ja, wann, mit wem und mit welchem Ergebnis?

                                        ii.    Wenn nein, warum war es aus Ihrer Sicht nicht notwendig?