Eingelangt am 14.02.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen
und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend Verordnungen der
Oesterreichischen Nationalbank
Die innerstaatliche Durchführung von Sanktionen gegen Russland
liegt zu einem großen Teil bei der Oesterreichischen Nationalbank. Laut
§ 2 Abs 1 Sanktionengesetz ist die Oesterreichische Nationalbank
ermächtigt, soweit dies zur Erfüllung von völkerrechtlich
verpflichtenden Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen oder der
Europäischen Union erforderlich ist, durch Verordnung oder Bescheid die
nachstehend angeführten Maßnahmen anzuordnen:
1. das Einfrieren von Vermögenswerten von
a)Personen, die terroristische Handlungen
begehen, zu begehen versuchen oder sich an deren Begehung beteiligen oder diese
erleichtern sowie von sonstigen Personen oder Einrichtungen, gegen die
Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen oder der Europäischen
Union verhängt wurden,
b)Einrichtungen, die unmittelbar oder mittelbar
im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen oder Einrichtungen
gemäß lit. a) stehen,
c)Personen und Einrichtungen, die im Namen oder
auf Anweisung von Personen gemäß lit. a) und oder Einrichtungen
gemäß lit. a) oder lit. b) handeln
einschließlich der Gelder, die aus
Vermögen stammen oder hervorgehen, das unmittelbar oder mittelbar im
Eigentum oder unter der Kontrolle dieser Personen und mit ihnen verbundener
Personen und Einrichtungen steht;
2. die Untersagung der direkten oder indirekten Bereitstellung von
Vermögenswerten für Personen und Einrichtungen gemäß Z 1
oder zu deren Gunsten.
Die Erlassung und Aufhebung von Verordnungen nach diesem Absatz bedarf
der Zustimmung der Bundesregierung, bei Gefahr im Verzug genügt die
Zustimmung des Bundeskanzlers.
Laut Abs 2 ist die Bundesregierung ermächtigt, durch
Verordnung oder Bescheid die nachstehend angeführten Maßnahmen
anzuordnen:
- die Beschlagnahme von Verkehrsmitteln, die sich mehrheitlich im
Eigentum einer Person oder eines Unternehmens mit Sitz oder Tätigkeit
in einem bestimmten Staat befinden oder von solchen Personen oder
Unternehmen kontrolliert werden;
- den Verfall der unter Z 1 angeführten Verkehrsmittel, wenn
festgestellt wird, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen
bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet wurden;
- die Beschlagnahme von Verkehrsmitteln sowie von diesen
beförderten Waren, wenn der Verdacht besteht, dass sie zur Begehung
eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder
Durchfuhrbestimmungen verwendet beziehungsweise entgegen solchen
Bestimmungen befördert wurden;
- den Verfall der unter Z 3 angeführten Verkehrsmittel und
Waren, wenn festgestellt wird, dass sie zur Begehung eines Verstoßes
gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet
beziehungsweise entgegen solchen Bestimmungen befördert wurden;
- das Verbot der Erbringung von Dienstleistungen an natürliche
oder juristische Personen zum Zweck der Ausübung geschäftlicher
Tätigkeiten in einem bestimmten Staat;
- die Befreiung von der Verpflichtung zur Erfüllung
zivilrechtlicher Forderungen, wenn sie im Zusammenhang mit Verträgen
oder sonstigen Rechtsgeschäften geltend gemacht werden, deren
Erfüllung durch Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen oder
der Europäischen Union beeinträchtigt wurde.
Die Erlassung von Verordnungen nach diesem Absatz bedarf des
Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrats.
Österreich kann aber auch über die Sanktionen der EU hinaus
Maßnahmen setzen. Dafür kann die Oesterreichische Nationalbank
abermals mit Zustimmung der Bundesregierung oder bei Gefahr im Verzug nur mit
Zustimmung des Bundeskanzlers Verordnungen erlassen (oder aufheben)
(§§ 3 und 4 Devisengesetz 2004).
§3 Abs 1 Devisengesetz besagt, dass soweit der Rat (der EU)
Maßnahmen gemäß Art. 64 Abs. 2 und 3, Art. 66, 75 und 215 AEUV
trifft, die Oesterreichische Nationalbank gemäß § 4 allenfalls
erforderliche Schritte zur Durchführung dieser Maßnahmen
gegenüber dem betroffenen Drittstaat zu setzen hat.
Laut Absatz 2 kann die Oesterreichische Nationalbank zur Erfüllung
völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrung der auswärtigen
Interessen Österreichs, sofern unmittelbar anwendbares Recht der
Europäischen Union nicht entgegensteht, gemäß § 4 die
zur Einschränkung des Kapital- und Zahlungsverkehrs erforderlichen
Maßnahmen treffen, um
- die Sicherheit der Republik Österreich zu gewährleisten
oder
- eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker
zu verhindern oder
- die Wirtschaftsbeziehungen Österreichs im Bereich des
Kapital- und Zahlungsverkehrs mit Staaten einzuschränken, in denen
ein bewaffneter Konflikt herrscht oder wiederholt schwere
Menschenrechtsverletzungen stattfinden, oder
- zu verhüten, dass die auswärtigen Beziehungen der
Republik Österreich erheblich gestört werden, oder
- völkerrechtlich verbindliche Beschlüsse im Rahmen der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen
Union durchzuführen.
Gem. Absatz 3 kommen die Abs. 1 und 2 kommen nicht zur
Anwendung, soweit das Sanktionengesetz anwendbar ist.
§ 4 Devisengesetz besagt:
(1) Die Oesterreichische Nationalbank kann in Vollziehung des
§ 3 durch Verordnung oder Bescheid einzelne oder alle der in
Abs. 4 genannten Rechtsgeschäfte und Handlungen für
bewilligungspflichtig erklären oder teilweise oder zur Gänze
untersagen. Die Oesterreichische Nationalbank hat diese Maßnahmen
aufzuheben, sobald die Notwendigkeit ihrer Verhängung gemäß
§ 3 wegfällt.
(2) Die Erlassung und Aufhebung von Verordnungen nach Abs. 1
bedarf der Zustimmung der Bundesregierung, bei Gefahr im Verzug genügt die
Zustimmung des Bundeskanzlers.
(3) Zur Erteilung von Bewilligungen für die gemäß
Abs. 1 durch Verordnung oder Bescheid bewilligungspflichtig gestellten
Rechtsgeschäfte und Handlungen ist die Oesterreichische Nationalbank
zuständig.
(4) Rechtsgeschäfte und Handlungen im Sinne des Abs. 1 sind:
- Verfügung über ausländische Zahlungsmittel;
- Verfügung über inländische Zahlungsmittel und Gold,
soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein
Ausländer an der Verfügung beteiligt ist;
- Verfügung über Forderungen oder Verbindlichkeiten in
ausländischer Währung;
- Verfügung über Forderungen oder Verbindlichkeiten in
inländischer Währung, soweit diese zugunsten eines
Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung
beteiligt ist;
- Verfügung über ausländische Wertpapiere;
- Verfügung über inländische Wertpapiere, soweit
diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an
der Verfügung beteiligt ist;
- Verbringung oder Versendung von Zahlungsmitteln, Gold oder
Wertpapieren ins Ausland;
- Verfügung über nicht in Wertpapieren verbriefte
Anteilsrechte an juristischen Personen sowie Unternehmen, gleich welcher
Rechtsform, mit Sitz im Inland, soweit diese zugunsten eines
Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung
beteiligt ist;
- Verfügung über nicht in Wertpapieren verbriefte
Anteilsrechte an juristischen Personen sowie Unternehmen, gleich welcher
Rechtsform, mit Sitz im Ausland;
- Verfügung über eine im Ausland gelegene Liegenschaft
eines Inländers oder über ein dingliches Recht eines
Inländers an einer im Ausland gelegenen Liegenschaft;
- Verfügung über eine im Inland gelegene Liegenschaft
eines Ausländers oder über ein dingliches Recht eines
Ausländers an einer im Inland gelegenen Liegenschaft;
- Verfügung über eine im Inland gelegene Liegenschaft
eines Inländers oder über ein dingliches Recht eines
Inländers an einer im Inland gelegenen Liegenschaft jeweils zugunsten
eines Ausländers;
- Verfügung über Immaterialgüterrechte, soweit diese
zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der
Verfügung beteiligt ist.
2014 hat Österreich so bereits vor dem
Beschluss auf EU-Ebene Russland aufgrund der Annexion der Krim Vermögen in
Österreich eingefroren (https://star.worldbank.org/sites/star/files/verordnung_devg_1-2014final_mit_unterschriften.pdf). So
könnten auch jetzt Familienmitglieder oder Strohmänner von Oligarchen
in Österreich in den Fokus genommen werden, die nicht auf der
EU-Sanktionenliste stehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Haben Sie, Herr Bundeskanzler, oder einer
Ihrer Vorgänger bei der Erlassung oder Aufhebung einer Verordnung
gem. §2 Abs 1 Sanktionengesetz, im Zeitraum seit 2014, die alleinige
Zustimmung erteilt?
- Wenn ja, wann und in welchen Fällen?
- Wenn ja, welche Gründe lagen für
die Annahme von Gefahr in Verzug vor?
- Haben Sie oder einer Ihrer Vorgänger
bei der Erlassung oder Aufhebung einer Verordnung gem. §4 Abs 2
Devisengesetz, im Zeitraum seit 2014, die alleinige Zustimmung erteilt?
- Wenn ja, wann und in welchen
Fällen?
- Wenn ja, welche Gründe lagen für
die Annahme von Gefahr in Verzug vor?
- Haben Sie bzw. wer aus Ihrem Ressort (auf
Ihre wann erteilte Weisung/Aufforderung/... hin oder aus eigenen
Stücken?) sich seit 21.02.2022 eigeninitiativ zum Thema Sanktionen
aufgrund des Angriffskrieges Putins gegen die Ukraine informiert?
- Wenn ja, inwiefern wann in welchem Umfang
durch wen?
- Welche Maßnahmen setzten Sie bzw. wer
aus Ihrem Ressort (auf Ihre wann erteilte Weisung/Aufforderung/... hin
oder aus eigenen Stücken?) in der Folge wann?
- Wenn nein, warum nicht?
- Haben Sie bzw. wer aus dem BKA seit
dem 21.02.2022 aktiv zu Gesprächsrunden zum Thema Sanktionen und
weiterer der im Sanktionengesetz und/oder Devisengesetz gegen Russland
eingeladen?
- Wenn ja, von welchem/n Ressort(s) und wer
war wann anwesend?
i. Wie oft gab es solche Gesprächsrunden (Bitte um genaue Auflistung
der anwesenden Ressorts inklusive des jeweiligen Datums)?
ii. Welche eingeladenen Ressorts sind der Einladung aus welchem Grund nicht
gefolgt?
- Wenn ja, was war wann das Ergebnis der
Gespräche?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wurden Sie bzw. wer aus dem BKA seit dem
21.02.2022 von anderen Ressorts zu Gesprächsrunden zum Thema Sanktionen
und weiterer der im Sanktionengesetz und/oder Devisengesetz gegen Russland
genannten Maßnahmen eingeladen?
- Wenn ja, von welchem/n Ressort(s) und wer
war wann anwesend?
- Wenn ja, was war wann das Ergebnis der
Gespräche?
- Wenn ja, sind Sie bzw. wer aus dem BKA
diesen Einladungen gefolgt?
i. Wenn nein, warum nicht?
- Haben Sie bzw. wer aus Ihrem Ressort auf
Ihre wann erteilte Weisung/Aufforderung/... hin sich seit 21.02.2022
eigeninitiativ an die OeNB gewandt hinsichtlich der Erlassung von
Sanktionen bzw. weiterer der im Sanktionengesetz und/oder Devisengesetz
genannten Maßnahmen?
- Wenn ja, wann und zu welchen
Maßnahmen genau?
- Haben Sie bzw. wer aus Ihrem Ressort auf
Ihre wann erteilte Weisung/Aufforderung/... sich aktiv an die OeNB
gewandt, um über das Erlassen von Verordnungen wegen Gefahr in
Verzug gem. §2 Abs 1 Sanktionengesetz und/oder §4 Abs 2
Devisengesetz zu sprechen?
i. Wenn ja, wann, mit wem und mit welchem Ergebnis?
ii. Wenn nein, warum war es aus Ihrer Sicht nicht notwendig?