14129/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.02.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen, an den Bundesminister für Inneres

betreffend Diskriminierung HlV-positiver Personen bei der Polizei

HIV hat sich durch die medizinischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte zu einer gut behandelbaren Infektion entwickelt. Menschen mit HIV haben - sofern sie sich in guter und regelmäßiger medizinischer Behandlung befinden - eine nahezu normale Lebenserwartung mit guter Lebensqualität. HIV ist zwar eine chronische Infektion, HlV-Positive unter wirksamer Therapie können jedoch jeden Beruf ohne Einschränkungen ausüben. Eine HIV- positive Person, die unter retroviraler Therapie steht, scheidet als Überträger*in des Hl-Virus aus: Die konsequente Behandlung mittels einer antiretroviralen Therapie führt dazu, dass die Virenlast unter der sogenannten Nachweisgrenze (laut WHO: 200 Kopien/ml Blut) liegt - es besteht damit aus medizinischer Sicht keine Ansteckungsgefahr mehr.

Leider schreitet die gesellschaftliche Entstigmatisierung von HIV nicht mit gleich großen Schritten voran wie die medizinische Behandelbarkeit. Gerade auch der öffentliche Dienst hat in dieser Frage noch großen Aufholbedarf: Ein positiver HIV-Test schließt bis heute pauschal vom Bewerbungsverfahren für den Polizeidienst in Österreich pauschal aus. Begründet wird dies vom BMI bisher damit, dass jede chronische Erkrankung, die einer Dauermedikation bedarf, ein Ausschlusskriterium darstellt. Dieser generelle Ausschluss ohne Begutachtung der individuellen Tauglichkeit der jeweiligen Person ist laut aktuellem wissenschaftlichem Stand der medizinischen Forschung nicht nachvollziehbar und kommt daher einer Diskriminierung von HlV-positiven Menschen gleich. Gleichzeitig ist eine HIV- Infektion im Zuge des aktiven Dienstzeitraums kein Grund für eine Kündigung oder ähnliches - sie stellt nur beim Zugang zum Polizeidienst eine Hürde dar.

Die besonders verantwortungsvolle und herausfordernde Tätigkeit im Rahmen des Polizeidienstes kann natürlich von HlV-positiven Menschen gut bewältigt werden. Die individuelle ärztliche Begutachtung des Einzelfalls und die jeweilige körperliche Leistungsfähigkeit sind klarerweise von enormer Bedeutung - der Hl-Virus an sich, vor allem unter der Nachweisgrenze, ist dafür aber kein relevantes Kriterium Der aktuelle generelle Ausschluss erfolgt nicht nach sachlich gerechtfertigten Maßstäben.

In Deutschland hat das Verwaltungsgericht Hannover im Jahr 2019 im Falle eines abgelehnten Bewerbers für den Polizeidienst festgehalten, dass eine HlV-lnfektion allein nicht untauglich macht und auch für das Erreichen des Dienstalters kein Thema ist. Damit gerade der öffentliche Dienst seine Verpflichtungen im Bereich der Antidiskriminierung endlich erfüllt, ist es dringend notwendig, diese unwissenschaftliche und vorurteilsbehaftete Praxis endlich zu ändern und den Generalausschluss HlV-positiver Personen vom Zugangstest zum Polizeidienst zu beenden!

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Seit wann ist eine HlV-lnfektion als Ausschlussgrund vom Bewerbungsverfahren zum Polizeidienst Praxis?

2.    Auf welcher konkreten rechtlichen Basis erfolgt dieser Ausschluss?

3.    Welche anderen medizinischen Indikationen werden bei der Zulassung zum Bewerbungsverfahren zum Polizeidienst, abseits der generellen physischen Verfassung etc., noch getestet und können ähnlich einer HlV-lnfektion zum Ausschluss führen?

4.    Liegen Ihnen Zahlen darüber vor, wie viele Personen auf Basis einer HlV-lnfektion bisher vom Bewerbungsverfahren für den Polizeidienst ausgeschlossen wurden?

5.    Welche weiteren Infektionen bzw. Diagnosen werden nach derselben Praxis als Ausschlussgrund vom Polizeidienst genutzt?

6.    Warum wurde diese Praxis seitens Ihres Ressorts nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen der letzten Jahrzehnte, insbesondere bez. der Nachweisgrenzen, angeglichen?

7.    Welche Begründung hat Ihr Ressort dafür, dass Personen, die mit HIV leben, vom Bewerbungsverfahren zum Polizeidienst ausgeschlossen werden, gleichzeitig aber eine HlV-lnfektion während des Dienstzeitraums keine Konsequenzen nach sich zieht?

8.    Welche konkreten Schritte plant Ihr Ressort, um die Diskriminierung HlV-positiver Personen rasch zu beenden und damit qualifizierten Personen gerade angesichts der aktuellen Rekrutierungsprobleme den Zugang zum Polizeidienst zu ermöglichen?

9.    Bis wann wird der generelle Ausschluss HlV-positiver Personen vom Bewerbungsverfahren zum Polizeidienst spätestens beendet werden?