14205/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.02.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Medizinstipendien für die langfristige Versorgung in Österreich

 

Sieht man sich die Debatte über die medizinische Versorgung in Österreich an, kann man durchaus von einem Flickenteppich sprechen: Verschiedene Bundesländer stehen untereinander im Konkurrenzkampf, um Medizinabsolventen für ihre praktische (Facharzt-)Ausbildung an eigene Krankenhäuser zu bringen, wenn es um den Wechsel in den niedergelassenen Bereich geht, nimmt diese Konkurrenz sogar noch weiter zu. Nachdem aufgrund der Altersstruktur der Ärzteschaft nicht davon ausgegangen werden kann, dass dieses Problem kleiner werden wird, wurden beispielsweise im Regierungsprogramm die sogenannten Landärztestipendien vorgesehen (1). Offensichtlich ohne Wissen der Bundesländer  (2) - und wie sich herausstellen sollte, des Gesundheitsministers - wurden diese im Studienjahr 2022/23 in  Form von 92 Studienplätzen eingeführt, die "für Aufgaben im öffentlichen Interesse" zur Verfügung gestellt werden sollten (3). 

Besonders spannend ist, dass lediglich das Bundesheer informiert wurde und insgesamt sechs der Studienplätze aus diesem Kontingent nutzte, wobei bei dieser Präsentation im Oktober 2022 auch der Gesundheitsminister dabei war (4). Spannend wird ab dann der zeitliche Ablauf. Wie in der Anfrage 10985 (5) ausgeführt, forderte die Landesgesundheitsreferentenkonferenz im November 2021 eine gemeinsame Aufstockung der Medizinstudienplätze und auch das im Regierungsprogramm angekündigte Landarztstipendium (6). Soweit aus der Anfragebeantwortung ersichtlich, wurde das Gesundheitsministerium abseits davon nicht weiter über das Thema informiert, im gesamten Laufe des Jahres 2022 waren nur Sonderaktionen einzelner Bundesländer zu verzeichnen. So wurde im Februar 2022 über die Medizinplätze des Landes Steiermark an der Sigmund-Freud-Privatuniversität berichtet (7), mittlerweile dürften diese Formen von Stipendien mangels einer Zulassung für die Sigmund-Freud-Universität als Medizinische Universität allerdings hinfällig sein. Nach wie vor ist aber nicht klar, inwiefern die Bundesländer über die Landarztstipendien informiert waren, obwohl diese bereits im Mai 2022 Gegenstand der Berichterstattung waren (8). Spannend ist, dass am genau gleichen Tag über Überlegungen des Gesundheitsministers berichtet wurde, Medizinstudenten als Kassenärzte zu verpflichten - ein Vorschlag, der seitens der Ärztekammer als Zwangsarbeit abgetan wurde (9). 

Nur wenig später (in erwähnter Anfragebeantwortung zu AF 10985) scheint es im Gesundheitsministerium allerdings weder Informationen zu den Kontingenten zu geben, noch Bestrebungen, mehr Informationen über die eingeführten Landarztstipendien zu erhalten. Unklar ist deshalb, ob oder inwiefern die OEAD-Stipendien des Landes Niederösterreich zu diesen Kontingenten gehören oder ob es sich dabei um ein eigenes Instrument handelt (10). Der Beginn des Studienjahres 2022/23 verlief in Hinblick auf die Diskussion ruhig, allerdings nahm die Debatte mit Jahreswechsel wieder Schwung auf. Berichtet wurde damals über die "neuen" Stipendien der ÖGK, die für 50 Jungmediziner:innen eingerichtet wurden, erneut scheinen diese nicht direkt dem Bildungsministerium zuordenbar (11). Gerade in dieser Debatte wurde beispielsweise im Ö1-Journal durch das Bildungsministerium darauf verwiesen, dass die Bundesländer bei Medizinstipendien "abgesprochen vorgehen" würden. Wie diese Absprache aussehen solle, ist aber weiterhin offen. Auch mit dem Gesundheitsministerium scheint es nach wie vor keine Absprache zu geben, immerhin hat auch der Gesundheitsminister Anfang Februar 2023 erneut überlegt, inwiefern Ärzte für den öffentlichen Dienst über einen erleichterten Zugang zum Medizinstudium angesprochen werden könnten. Vorbild für diesen Vorschlag seien eben genau jene Medizinstudienplätze, die für das Bundesheer zur Verfügung stehen (12). Gerade auf Basis dieser verwickelten Informationsströme stellt sich nunmehr erneut - und mit mehr Nachdruck - die Frage, wie es kommt, dass es seitens des Bildungsministeriums Plätze für Medizinstudenten gibt, die sich auf die eine oder andere Art dem öffentlichen Dienst/einem Bundesland/einer Kassenarztstelle verpflichten und dass es seitens des Gesundheitsministeriums offensichtlich keinerlei Informationen über dieses Instrument gibt.

  1. https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:7b9e6755-2115-440c-b2ec-cbf64a931aa8/RegProgramm-lang.pdf
  2. https://vorarlberg.orf.at/stories/3154676/
  3. https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20002128&FassungVom=2021-12-31&Artikel=&Paragraf=71c&Anlage=&Uebergangsrecht=
  4. https://www.diepresse.com/6198419/med-uni-soldaten-vom-feld-in-den-hoersaal-und-wieder-zurueck
  5. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/10985
  6. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211111_OTS0216/konferenz-der-landesgesundheitsreferenten-in-hall
  7. https://www.vienna.at/wiener-sigmund-freud-uni-wegen-jungmediziner-stipendien-in-der-kritik/7305562
  8. https://www.derstandard.at/story/2000135432493/parlament-ermoeglichte-studienplaetze-fuer-landaerzte-doch-keiner-nutzt-sie
  9. https://www.derstandard.at/story/2000135502329/rauch-ueberlegt-medizinabsolventen-als-kassenaerzte-zu-verpflichten
  10. https://www.diepresse.com/6164134/stipendien-fuer-kuenftige-landaerzte
  11. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230105_OTS0058/oesterreichische-gesundheitskasse-startet-stipendium-fuer-medizin
  12. https://www.diepresse.com/6247307/rauch-will-anreize-fuer-kassenaerzte-schaffen

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Welche Bemühungen gab es seitens des BMSGPK, mehr Informationen über die Bundesländerkontingente beim Medizinstudium zu erhalten? (Bitte um Angabe der einzelnen Gesprächstermine oder Informationsschreiben inklusive Angabe des Zeitpunktes)
  2. Warum gab es keine Koordination über die Kontingente durch BMBWF und BMSGPK?
  3. Wie kommt es, dass der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz in der Öffentlichkeit über verschiedene Varianten von Erleichterungen beim Zugang zum Medizinstudium sprach und offensichtlich keinen Bezug zu den Kontingenten gemäß §71c Universitätsgesetz herstellte?
  4. Wie kommt es, dass der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz im Mittagsjournal am 4. Februar 2023 von Medizinstudienplätzen, wie das Bundesheeres sie abruft, als Vorbild für Mediziner im öffentlichen Dienst sprach und nicht prüfte, ob Bundesländer diese Kontingente nicht für den öffentlichen Dienst abrufen könnten?
  5. Wurde das Gesundheitsministerium durch die ÖGK über die Einrichtung von Stipendien für Medizinstudenten informiert?
    1. Falls ja: Wieso wurde keine Verbindung zu den Kontingenten gemäß §71c Universitätsgesetz hergestellt?
    2. Falls nein: Wieso nicht?
  1. Wurde das Gesundheitsministerium durch Bundesländer oder die Landesgesundheitsreferentenkonferenz darüber informiert, welche Bundesländer welche Formen von Stipendien oder Kontingenten einführten?
    1. Falls ja: Welche Bemühungen um Koordination dieser Stipendien wurden durch das Gesundheitsministerium gesetzt?
    2. Falls nein: Warum nicht?