14208/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.02.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm 

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Indizien und Spuren in Sachen Lifebrain und Sicherung von Dokumenten durch die Gesundheitsbehörden

Der „Krisengewinnler“ Lifebrain muss nun seinen Betrieb zurückfahren bzw. liquidieren, da Bund und Land Wien keinen Bedarf mehr an seiner Test-Infrastruktur haben. Das führt zum Abbau von Personal, zur Aufgabe von Labor- und Teststandorten sowie zur Räumung und zum Abverkauf bzw. zur Versteigerung von Einrichtung und Infrastruktur. Hand in Hand damit geht aber auch ein Verlust von Dokumenten und Beweismitteln für aktuelle und zukünftige Zivil- und Strafrechtsverfahren bzw. zur Aufarbeitung entstandener Schäden gegenüber Einzelpersonen, aber auch Kooperations- und Auftragspartnern wie dem Bund oder der Stadt Wien. Gleichzeitig können auf das Arbeitsmarktservice (AMS) zusätzliche Kosten für Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und AMS-Schulungsmaßnahmen in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren zukommen.

Die Tageszeitung „Kurier“ titelte am 17.Februar 2023 folgende Geschichte:  

Lifebrain fährt Betrieb zurück, über 300 Mitarbeiter freigestellt

Mit Ende der Testpflicht stellt das Labor auf "Normalbetrieb" um. 306 Mitarbeiter sind ab heute vom Dienst freigestellt.

Mit der Abschaffung der Testpflicht beim Besuch von Spitälern ab 28. Februar und dem Ende der Teststrategie des Bundes mit 30. Juni sinkt auch die Anzahl der im Lifebrain-Labor ausgewerteten PCR-Tests. Lifebrain wird daher in den nächsten Wochen auf „Normalbetrieb“ zurückgebaut, wie das Unternehmen mitteilt.

Mit dem Aus für die bundesweite Teststrategie wird auch auch das Wiener Testprogramm „Alles gurgelt“ mit 30. Juni 2023 eingestellt. Ab dann ist Corona offiziell keine meldepflichtige Infektionskrankheit mehr. Das Labor wird deutlich verkleinert: Von den aktuell fünf betriebenen Pavillons auf der Baumgartner Höhe werden alle bis auf einen komplett zurückgebaut und dem Eigentümer Wiener Gesundheitsverbund zurückgegeben.

 

Sozialplan für gekündigtes Personal

Von den derzeit rund 550 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wurden mit heutigem Tag 306 vom Dienst freigestellt. Für den "schmerzlichen Prozess" habe man bereits im Vorjahr einen Sozialplan verhandelt. Die Reduktion von Personal werde mit "größtmöglicher Rücksicht und Achtsamkeit“ umgesetzt, erklärt Lifebrain-Geschäftsführer Michael Havel.

„Uns war von allem Anfang an klar, dass die Pandemie zum Glück auch wieder zu einem Ende kommen wird. Wir haben in den letzten 2,5 Jahren mit enormem Tempo, großer Professionalität und höchsten Ansprüchen ein an Größe und Effizienz bislang wohl unerreichtes Labor entwickelt. Nun gehen wir auch bei der Herausforderung des Down-Scaling auf Normalbetrieb mit dem gleichen Maß an Professionalität und Verantwortungsbewusstsein gegenüber unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vor“, sagt Lifebrain-Geschäftsführer Michael Havel.

Deutlicher Rückgang bei Tests

Mit dem Ende der Testpflicht in Spitälern und Pflegeheimen wird das tägliche PCR-Testvolumen im Lifebrain Labor weiter sinken. Aktuell fallen im Schnitt rund 25.000 PCR-Tests pro Tag an. Zu Spitzenzeiten waren es rund 450.000 pro Tag.

Auch die Infrastruktur wie Mietverträge für Räumlichkeiten, IT- und Wartungsverträge, Vereinbarungen mit Logistikpartnern, Bestände an Labormaterialien, Lieferungen von Testkits muss rückabgewickelt werden. So wird der aktuelle Bestand an rund 540 High-Tech Analysegeräten (mehr als 300 PCR-Analysegeräte und 235 Pipettierroboter) auf knapp 170 reduziert. Die Analysegeräte werden ausgebaut und zum Teil verkauft, zum Teil aber auch karitativen Institutionen zur Verfügung gestellt.

https://kurier.at/chronik/wien/lifebrain-faehrt-betrieb-zurueck-ueber-300-mitarbeiter-freigestellt/402332505

 

In der Vergangenheit hatte es bereits Verfahren gegen Lifebrain durch die Ärztekammer gegeben, die vor dem VwGH zwar zu Gunsten der Firma ausgegangen waren, aber gleichzeitig auch das „Zusammenspiel“ zwischen Gesundheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene sowie mit der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) aufgedeckt hatte. Hier könnten noch weitere Zivil- und Strafrechtsverfahren folgen.

https://kurier.at/wirtschaft/coronalifebrain-begruesst-entscheidung-zu-schul-pcr-tests/401881424

https://www.meinbezirk.at/wien/c-gesundheit/klage-der-aerztekammer-wien-gegen-lifebrain-abgewiesen_a5696134

https://www.meinbezirk.at/wien/c-politik/freispruch-fuer-stadt-wien-wegen-pcr-lutschertests_a5680381

https://www.lifebrain-labor.at/pressemeldung/aerztekammer-klage-gegen-lifebrain-bewilligung-abgewiesen/

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch und Peter Wurm an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

Anfrage

1)    Wie gewährleisten Sie als direkter bzw. indirekter Kooperationspartner bzw. Finanzier der Testungen bei der Firma Lifebrain, dass Dokumente, die im Zusammenhang mit dem Testbetrieb für den Bund, die Länder und Gemeinden bzw. deren Gesundheitsbehörden, durchgeführt und abgerechnet wurden, weiterhin für Zivil- und Strafrechtsverfahren bzw. Regressverfahren gegen die Firma Lifebrain oder Dritte den ordentlichen Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichten zugänglich sind?

2)    Verfügen Sie über die Vertragsunterlagen des im Zusammenhang mit dem Testbetrieb der Firma Lifebrain für den Bund, die Länder und Gemeinden bzw. deren Gesundheitsbehörden, stattgefundenen Beschaffungs- und Dienstleistungs-Vorgangs?

3)    Wenn ja, werden Sie diese gegenüber dem österreichischen Nationalrat bzw. Bundesrat und der Öffentlichkeit offenlegen (Frage 2)?

4)    Verfügen Sie über die Budget- und Finanzierungsunterlagen des im Zusammenhang mit dem Testbetrieb der Firma Lifebrain für den Bund, die Länder und Gemeinden bzw. deren Gesundheitsbehörden, stattgefundenen Beschaffungs- und Dienstleistungs-Vorgangs?

5)    Wenn ja, werden Sie diese gegenüber dem österreichischen Nationalrat bzw. Bundesrat und der Öffentlichkeit offenlegen (Frage 4)?

6)    Wie hoch ist der bisher abgerechnete Finanz-Betrag, des im Zusammenhang mit dem Testbetrieb der Firma Lifefrain für den Bund, die Länder und Gemeinden bzw. deren Gesundheitsbehörden, stattgefundenen Beschaffungs- und Dienstleistungs-Vorgangs?

7)    Zu welchen Zeitpunkten wurden Teil-Finanz-Beträge, des im Zusammenhang mit dem Testbetrieb für den Bund, die Länder und Gemeinden bzw. deren Gesundheitsbehörden, stattgefundenen Beschaffungs- und Dienstleistungs-Vorgangs, abgerechnet ( zwischen dem Bund und den Ländern bzw. der BBG und dem Bund bzw. den Ländern und der Firma Lifebrain) und in welcher Höhe?

8)    Welchen Einfluss könnte aus Sicht des BMSGPK der Abbau von Personal, die Aufgabe von Labor- und Teststandorten sowie die Räumung und der Abverkauf bzw. die Versteigerung von Einrichtung und Infrastruktur durch die Firma Lifebrain für die Dokumentation und die Sicherung von Beweismitteln in anhängigen Zivil- und Strafrechtsverfahren bzw. Regressverfahren gegen die Firma Lifebrain oder Dritte vor ordentlichen Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichten haben?