14264/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.02.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

 

betreffend Regulierung und Kontrolle von unwissenschaftlicher Hagiotherapie

 

Unwissenschaftliche Formen von s.g. Hagiotherapie, der heutigen Form mittelalterlicher Praktiken, die religiöse Relikte, Gebete, Wallfahrten usw. zur Therapie und Behandlung von Erkrankungen nutzen, sorgten im Februar 2023 öffentlich für Aufmerksamkeit: Durch eine investigative Recherche der Kleinen Zeitung wurde öffentlich, dass im Grazer Hagiotherapie-Zentrum Konversionstherapien durchgeführt werden. Unter dem Titel „Einrichtung ‚heilt‘ Homosexuelle“ berichtete eine Journalistin über ihre Erfahrungen mit dieser „Therapie“-Form:

 

„Obwohl die Hagiotherapie ein Angebot der katholischen Kirche ist, sei es nicht das Ziel, die Menschen in die Kirche zu zwingen. "Vielmehr biete die Hagiotherapie eine Möglichkeit zu Gott zu finden – dabei ist es aber ganz egal, welcher Religion man sich selbst zugehörig fühlt oder an welchen Gott man glaubt", betont Heidi. Und kommt dann ziemlich schnell zur Sache: "Homosexuell zu sein, das ist nichts anderes als eine Anomalie, eine Neigung, für die Heilungsbedarf besteht", sagt sie. In der ersten Stunde nimmt sie meine Daten auf. Eine genaue Dokumentation sei notwendig, "um das Problem zu beheben", sagt sie. Nur so könne die Hagiotherapie in Zukunft auch wissenschaftlich anerkannt werden.“

 

Möglich werden solche Fälle durch das noch immer ausstehende, vom Nationalrat 2019 und 2021 je einstimmig geforderte Gesetz zum Verbot von Konversionstherapien. Dieses Beispiel wirft aber auch ein Licht auf ein breiteres Problem von unwissenschaftlichen Praktiken, die unter dem Titel „Therapie“ wissenschaftliche und medizinische Ansprüche erwecken. Auf der Website der Hagiotherapie-Zentren in Österreich wird diese Praxis wie folgt beschrieben: „Die Hagiotherapie ist eine eigenständige Disziplin, die es ermöglicht, zur Gesundung des Menschen beizutragen. Sie versteht sich als ergänzende Hilfe zu Medizin, Psychotherapie und Seelsorge. Sie wird von Hagioassisten der Gemeinschaft "Gebet und Wort" über Zentren für Hagiotherapie angeboten.“

 

All dies wirft große Fragen hinsichtlich der Regulierung und öffentlichen Kontrolle solcher Angebote im Zuge der Gesundheitspolitik auf. Die Republik hat die Veranwortung, die Öffentlichkeit auch hinsichtlich unwissenschaftlicher, irreführender Praktiken aufzuklären und zu schützen.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

Anfrage:

 

1.    Wie genau sind Angebote der Hagiotherapie in Österreich rechtlich reguliert?

2.    Wie genau sind Angebote, die sich selbst als Therapieform bezeichnen, aber nicht zu den öffentlich anerkannten Psychotherapie-Richtungen gehören, rechtlich reguliert?

3.    Welche juristischen Konsequenzen kann es für unwissenschaftliche Angebote, die gegenüber der Öffentlichkeit den Eindruck einer anerkannten Therapieform erwecken, geben und wie sind diese rechtlich verankert?

4.    Welche Möglichkeiten zur Beschwerde bzw. zur Kontrolle von unwissenschaftlichen Angeboten, die gegenüber der Öffentlichkeit den Eindruck einer anerkannten Therapieform erwecken, gibt es und wie sind diese rechtlich verankert?

5.    Welche konkreten Maßnahmen plant Ihr Ressort, um derartige unwissenschaftliche Angebote besser zu regulieren und zu kontrollieren? Bitte um detaillierte Antwort.

a.    Wenn keine Maßnahmen geplant sind, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

6.    Gab es seitens Vertreter*innen der Hagiotherapie oder ähnlicher Therapieformen Anträge, in die Liste von in Österreich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren aufgenommen zu werden?

a.    Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn ja, auf Basis welcher Regelungen wurden diese beurteilt?

7.    Sind seitens Ihres Ressorts Initiativen zur besseren Aufklärung der Öffentlichkeit hinsichtlich der Gefahren von unwissenschaftlichen Therapieformen geplant?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

8.    Gibt es Therapeut*innen der österreichischen PsychotherapeutInnen-Liste, die an den Hagiotherapie-Zentren Österreich tätig sind?

9.    Gab es seitens des Bundes bisher finanzielle Unterstützungen o.ä. für Hagiotherapie-Zentren in Österreich bzw. andere Angebote der Hagiotherapie?

a.    Wenn ja, durch welche Stelle, wann und in welcher Höhe?