14355/J XXVII. GP
Eingelangt am 28.02.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Erstattungskodex der Sozialversicherungen (Folgeanfrage)
Der Erstattungskodex der Sozialversicherungen gibt einen Überblick, für welche Medikamente die Sozialversicherungen die Kosten übernehmen. Jährlich wird nur ein Überblick veröffentlicht, allerdings entspricht der Datenzeitraum dabei immer von Dezember bis November und ermöglicht damit keinen Kalenderüberblick um bisherige Datenreihen zu vervollständigen.
Der Prozess zur Aufnahme eines Medikaments in den Erstattungskodex (EKO) ist reglementiert, allerdings muss ein Pharmaproduzent immer erst einen Antrag um Aufnahme in den EKO stellen, damit dies erfolgen kann - der EKO muss also auch für Produzenten ein attraktives Abgeltungsmodell darstellen, um Österreich zu einem wirtschaftlich interessanten Markt zu machen. Ohne dies ist langfristig keine Versorgungssicherheit gegeben, da Produkte andernfalls bevorzugt in anderen Ländern angeboten werden oder einfach nicht von Versicherungsträgern abgedeckt werden können. Gerade unter dem Aspekt der Teuerung und damit auch steigenden Produktionskosten machen aktuelle Preismodelle und vor Allem das Auslaufen derer Frist Österreich erst Recht zu einem unbeliebten Abnehmer und befördern Debatten über Medikamentenengpässe. Gerade in dieser Debatte wird gerne über Preise diskutiert, wobei Patient:innen von dieser Debatte ja wenige Auswirkungen spüren - außer vielleicht der niedrigen Verfügbarkeit, weil andere Länder attraktivere Abnahmemärkte sind. Wenn in dieser Diskussion von beispielsweise dem Vorsitzenden der Konferenz der Sozialversicherungsträger argumentiert wird, dass über 90 Prozent der Anträge auf Preiserhöhung genehmigt werden und Produzenten jederzeit dieser Weg offen stehe (1), wird dabei übersehen, dass 2021 lediglich 55 Anträge gestellt wurden (2) und Produzenten diese aufgrund des hohen verbundenen Aufwandes scheuen. Preisreduktionen erfolgen im vorhandenen Schema dagegen quasi automatisch.
Auch bei abgedeckten Arzneimitteln stellt sich aber immer wieder die Frage, welchen Nutzen die Regelungen des EKO in den Vordergrund stellen. So gibt es häufig unterschiedliche Einschätzungen von Patientennutzen und divergierende Ansichten der Industrie und der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (HEK), welche neuen Produkte einen höheren Nutzen erfüllen und welche für eine Neuzulassung eine Preisreduktion anzubieten zu haben. Dies zeigt sich auch an den unterschiedlichen Angaben zur medizinisch-therapeutischen Evaluation, bei denen die HEK den neuen Nutzen für Patienten oft geringer einschätzt, als Produzenten dies selbst tun. Das ist zwar ein erwartbares Ergebnis, allerdings wird nicht erklärt, wie die HEK zu ihren Einschätzungen kommt.

Änderungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes verlangen jetzt aber auch bei neuen Markteintritten ohne Erstattungsschema, dass die österreichischen Marktpreise unter dem EU-Durchschnittspreis liegen müssen. Welche Auswirkungen diese Regelungen auf die Ausgaben für Medikamente hat beziehungsweise haben wird, ist aufgrund der Berichtslegung noch gänzlich unklar, klar ist aber, dass auch bisherige Reportings keinen vollständigen Überblick liefern.
So kann zwar über Verfahren des Erstattungskodex gesprochen werden, wie sich die Anzahl der Heilmittel beispielsweise in verschiedenen Boxen entwickelte, ist daraus aber nicht ersichtlich. Auch wie sich innerhalb dieser Boxen der Anteil an Produkten mit sogenannten Preismodellen entwickelt hat, ist nicht bekannt. Nachdem seitens der Pharmaindustrie geschätzt wird, dass mittlerweile zu mehr als einem Drittel aller Produkte im Erstattungskodex ein Preismodell vereinbart wurde, ist davon auszugehen, dass dieser Anteil sich ebenso auf die Heilmittel-Ausgaben der Versicherungsträger auswirken wird - mangels Aufschlüsselungen ist das Ausmaß allerdings nicht bekannt. Einblicke sind lediglich aus den sonstigen betrieblichen Erträgen möglich, unter denen derartige Rückzahlungen verbucht werden. Hier ist bei allen Versicherungsträgern (SVS, BVAEB, ÖGK) ein Anstieg zu verzeichnen, diverse Einzelnachweise deuten auch darauf hin, dass die Heilmittelgutschriften einen großen Anteil der steigenden betrieblichen Erträge ausmachen. Nachdem diese aber nicht mit den Heilmittelausgaben gegengerechnet werden, kann nicht von einer transparenten Verrechnungsmodalität gesprochen werden.
Weitere Auswirkungen auf die tatsächlichen Ausgaben und Gegenrechnungen des Erstattungskodex ergeben sich beispielsweise durch die Rezeptgebühr. Immerhin fallen viele Medikamente im EKO in ein Preisschema, das unterhalb dieser Gebühr ist, der dortige Preisdruck wirkt sich aber nicht einmal auf die Finanzen der Versicherungsträger aus. Klarerweise gilt es auch hier Patient:inneninteressen und leistbare Medikamente zu vereinbaren, warum genau in diesem Niedrigpreissegment ein derartiger Preisdruck nötig ist, ist daher nicht ganz nachvollziehbar. Immerhin liegen rund 43 Prozent der verkauften Medikamente unterhalb der Rezeptgebühr (3). Ebenso wenig aufgeschlüsselt wird, welche Auswirkungen die eingehobene Rezeptgebühr auf Rückzahlungen hat, auch hier müsste schließlich eine Gegenrechnung zu den ausgegebenen Heilmittelkosten erfolgen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Verfahren im Erstattungskodex
i. Für wie viele dieser Mittel wurden die Anträge genehmigt? (Bitte um Angabe, bei wie vielen der Preis im Vergleich zum Vergleichsprodukt nach oben/unten/gar nicht geändert wurde)
ii. Für wie viele dieser Mittel wurden die Anträge abgelehnt?
i. Für wie viele dieser Mittel wurden die Anträge genehmigt? (Bitte Angabe, bei wie vielen der Preis im Vergleich zum Vorgängerprodukt nach oben/unten/gar nicht geändert wurde (zusätzlich zu den oben erbetenen Kategorien))
ii. Für wie viele dieser Mittel wurden die Anträge abgelehnt?
i. Wie viele der Anträge auf Änderungen nach Innovationsgrad 4 wurden mit einer Preissenkung zum bisherigen Produkt genehmigt und wie hoch war die durchschnittliche Preissenkung?
i. Wie viele dieser Anträge bezogen sich auf Änderungen nach Innovationsgrad 4 (neue Darreichungsform)?
ii. Wie viele der Anträge auf Änderungen nach Innovationsgrad 4 wurden mit einer Preissenkung zum bisherigen Produkt genehmigt?
iii. Wie viele dieser Anträge bedeuteten eine Verkleinerung der Packungsgröße?
Preismodelle und Rückzahlungen