14362/J XXVII. GP
Eingelangt am 01.03.2023
Dieser Text ist elektronisch
textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Petra Bayr, MA, MLS, Genossinnen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen
betreffend MinroG-Novelle Konfliktminerale - Welche Konsequenzen werden aus mangelnder Qualität in der Berichtslegung gezogen?
Die EU-Konfliktminerale-Verordnung (EU 2017/821) wird in Österreich durch eine Novelle des Mineralrohstoffgesetzes[1] (MinroG) vom Dezember 2020 umgesetzt. Seit Juni 2022 ist die Abteilung Mineralrohstoffpolitik im Bundesministerium für Finanzen (BMF) für die Festlegung der Sorgfaltspflichten sowie für nachträgliche Kontrollen zuständig.
Im Jahr 2021 haben 15 Unternehmen des Upstream-Bereichs (Unternehmen, die unverarbeitete Erze bzw. deren Konzentrate einführen) in Österreich die Schwellenwerte der EU-Verordnung überschritten[2] und waren demgemäß verpflichtet, Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Die entsprechenden Berichte darüber mussten bis Ende März 2022 veröffentlicht werden. Bis zu diesem Stichtag hatten zwölf der 15 Unternehmen einen Bericht auf ihrer Website veröffentlicht. Drei Unternehmen waren auch mit Stand Ende August noch säumig.[3]
Die im Jahr 2021 vorliegenden Berichte wurden im September 2022 von der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) in einer Studie analysiert.[4] Die Studie zeigt dabei ein gemischtes Bild: Ausführliche Berichte, die die Vorgaben im vollen Ausmaß erfüllen, konnten genauso identifiziert werden, wie Berichte, die sich auf das Notwendigste beschränken. Andere Berichte scheinen vor dem Hintergrund der Anforderungen der EU-Verordnung nur eingeschränkt aussagekräftig bis unzureichend.[5] Die Strafe, die das österreichische Durchführungsgesetz bei Nichteinhaltung der Aufforderungen der zuständigen Behörde vorsieht, beträgt maximal 726 Euro.
Im Jahr 2022 stellt sich die Lage, laut einer Desktop-Recherche meiner Mitarbeiterin, folgendermaßen dar: Zwei der im Jahr 2021 säumigen Betriebe, voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH und Swarovski AG, haben 2022 die Schwellenwerte der EU-Verordnung unterschritten und fallen damit im Jahr 2022 nicht mehr in den Anwendungsbereich des MinroG. Ab Herbst/Winter 2022 konnte man auf der voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH einen Conflict Minerals Report auf Anfrage anfordern. Auf der Website der Swarovski AG war Ende Februar 2023 kein Bericht zu finden.
Das verbliebene säumige Unternehmen Boehlerit GmbH, das auch 2022 den Schwellenwert übersteigt, hat Anfang diesen Jahres einen Menüpunkt „Konfliktmineral" auf seiner Website eingefügt unter dem kein Report einzusehen ist, sondern lediglich ein Statement zum Thema und eine E-Mail Adresse für Nachfragen.
Die Studie der ÖFSE kommt außerdem zum Schluss, dass in der Überarbeitung der EU- Konfliktmineralien-Verordnung, die für 2023 vorgesehen ist, Unternehmen des Downstream- Bereichs nicht aus ihrer Pflicht entlassen werden sollen, ihre Lieferkette verantwortungsvoll zu gestalten. Das heißt, dass Unternehmen die Zwischen- und Endprodukte in die EU importieren, wie
zB. Laptops, verpflichtet werden sollen zu prüfen, aus welchen Schmelzen die Rohstoffe für ihre Produkte stammen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Hat sich die Anzahl der zu überprüfenden Unternehmen im Jahr 2021 (15) mit Ihren Erwartungen gedeckt?
a) Hat Ihr Ressort Vergleichsdaten (z.B. Zolldaten) von 2020 erhoben, um im Vorfeld abschätzen zu können, wie viele der Unionseinführer*innen höchstwahrscheinlich berichtspflichtig sind?
b) Wenn nein, warum nicht?
2. Wie überprüfen Sie die Einhaltung der Verordnung?
a) Bitte beschreiben Sie die Prozesse dafür in Ihrem Ressort.
b) Welche Abteilung in Ihrem Resort ist dafür zuständig?
c) Sind die Personalressourcen ausreichend, um die Einhaltung der Verordnung umfassend zu überprüfen?
d) Wird vor allem bei Unternehmen, die im Vorjahr über dem Schwellenwert waren und im Folgejahr nicht mehr über dem Schwellenwert lagen, die Richtigkeit der Einstufung mit zusätzlichen Maßnahmen geprüft, um eine Umgehung der Verordnung auszuschließen?
e) Gibt es Kooperationen auf europäischer und internationaler Ebene, um eine Umgehung der Verordnung durch Unternehmen auszuschließen, z.B. durch sogenannte Briefkastenfirmen?
f) Hat Ihr Ressort andere Daten erhoben, um einschätzen zu können, ob es eine Grundlage auf Verdacht durch Umgehung gibt (z.B. Entwicklung der Zolldaten eines Unternehmens in anderen europäischen Ländern)?
g) Wie definieren Sie Qualitätsstandards bei der Berichtslegung?
h) Wie bewerten Sie inhaltlich, ob Unternehmen tatsächlich im Sinne der Ziele der Verordnung gegen Menschenrechtsverletzung vorgehen?
i) Werden die Angaben in den Unternehmensberichten von Ihrem Ressort auf Plausibilität geprüft?
j) Wie überprüft Ihr Ressort, dass die unternehmensinternen Managementsysteme korrekt arbeiten?
k) Werden potenzielle menschenrechtliche Risiken in Regionen außerhalb der High Risk Areas von Ihrem Ressort adressiert und überprüft?
3. Wie viele Betriebe sind mit ihrer Berichtslegung gegenwärtig in Bezug auf 2021 säumig?
4. Wie haben Sie Verstöße gegen die Veröffentlichungspflichten in Bezug auf 2021 geahndet?
a) Haben Sie eine Ersatzvornahme eingesetzt und wenn ja, welche und wie?
b) Wurden für mangelhafte oder nicht gelieferte Berichte Verwaltungsstrafen verhängt?
c) Wie haben die Konsequenzen für die Unternehmen voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH, Swarovski AG und Boehlerit GmbH für ihren Verstoß gegen die Berichtspflichten 2021 ausgesehen?
d) Wenn es keine Konsequenzen für die Unternehmen bei Verstoß gegen die Berichtspflichten 2021/2022 gab/gibt, warum nicht?
5. Sind die angedrohten Verwaltungsstraften ausreichend und wirken sie präventiv?
a) Wenn ja, warum?
b) Wenn nein, was sind Ihre nächsten Schritte zur Erhöhung der Wirksamkeit der Verwaltungsstrafen?
c) Die Höhe der Verwaltungsstrafen ist im europäischen Vergleich ausgesprochen niedrig. Ist geplant, in einer weiteren Novelle des MinroG, die Verwaltungsstrafen zu erhöhen?
d) Wenn nein, warum nicht?
e) Wenn ja, auch welchen Satz?
6. Welche Maßnahmen hat Ihr Ressort außerdem gesetzt, um die Einhaltung der Verordnung in Zukunft zu verbessern?
a) Wenn Sie keine Maßnahmen gesetzt haben, warum nicht?
b) Welche werden Sie künftig setzen?
7. Welche Inputs wird Ihr Ressort zu Überarbeitung der EU-Konfliktminerale-Verordnung, die für 2023 vorgesehen ist, geben?
a) Wie ist der Evaluierungsprozess gestaltet?
b) Wird der Review, wie geplant, 2023 stattfinden?
c) Wie wird sichergestellt, dass die Erfahrungen und Erkenntnisse von den entsprechenden Stakeholdern strukturiert erhoben werden? Gibt es eine breit angelegte Wirkungsanalyse auf österreichischer und/oder europäischer Ebene?
d) Wie ist der Zeitplan für die Finalisierung der Liste anerkannter Managementsysteme und welchen Input gibt Ihr Ressort für den Erstellungsprozess dieser Liste?
e) Wird die Liste der High Risk Areas ausgeweitet werden? Welchen Input gibt Ihr Ressort für den Erstellungsprozess dieser Liste?
f) Welche Überarbeitungsempfehlungen werden Sie im Downstream-Bereich geben?
g) Wenn Sie keine Überarbeitungsempfehlungen für den Review geben werden, warum nicht?
[1] RIS - BGBLA 2021 I 14 - Bundesgesetzblatt authentisch ab 2004 (bka.gv.at)
[2] liste der unionseinführer 2022 (bmf.gv.at) 2022 waren es 14 Unternehmen, Änderungen zum Vorjahr: Neu: Granwood GmbH, XXXLutz KG (keine Berichte auf den Websites veröffentlicht). Weggefallen: Philoror MELTING & REFINING GmbH, voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH, Swarovski AG
[3] Schwachstellen der EU-Konfliktminerale-Verordnung - A&W Blog (awblog.at)
[4] Detail Research Report - Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (oefse.at)
[5] Schwachstellen der EU-Konfliktminerale-Verordnung - A&W Blog (awblog.at)