14368/J XXVII. GP
Eingelangt am 01.03.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Big in Russia - Welcher Schaden droht der Republik aufgrund des Russlandgeschäfts der Raiffeisen Bank International AG?
Während die EU umfassende Sanktionspakete gegen die russischen Akteure im Ukraine-Krieg schnürt, fährt die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) Rekordgewinne in Russland ein. Die RBI profitiert dabei von den Wirtschaftssanktionen gegen Russlands Banken und dem Ausstieg anderer westlicher Geldinstitute[1]. Die Financial Times (FT) berichtete kürzlich, dass 40 bis 50 Prozent aller über das internationale Zahlungssystem Swift abgewickelten Geldströme nach und aus Russland mittlerweile durch die RBI fließen sollen[2] – darunter womöglich auch die österreichischen Gaszahlungen.
Gravierend sind die Rechercheergebnisse des FALTERs vom gestrigen Dienstag:[3] Rund um den Jahrestag der Invasion Russlands in der Ukraine plant die RBI offenbar die Übernahme des Europa-Ablegers der staatlich kontrollierten Sberbank. Das ist jene Bank mit Sitz in Österreich, der im März letzten Jahres auf eine Weisung der EZB hin die Bankenlizenz entzogen worden ist. Ein risikoreiches Geschäft für die österreichische Raiffeisen, die statt – wie andere europäische Banken – auf eine Beendigung des Russlandsgeschäfts, auf eine Intensivierung der geschäftlichen Beziehungen setzt.
Die Optik ist jedenfalls fatal und könnte das Ansehen Österreichs in Mitleidenschaft ziehen.
Bereits in den letzten Monaten gab es den Vorwurf an die Raiffeisenbank in die Kriegsökonomie verwickelt zu sein. Wegen russischer Zwangsvorgaben zur Umschuldung der Kredite von Militärangehörigen bezeichneten Vertreter der ukrainischen Regierung die Bank daher als “Kriegshelfer”.[4]
Die Beibehaltung der russischen RBI-Tochter und die nun offenbarten Pläne zur Übernahme des Sberbank-Portfolios schädigen nicht nur in der Ukraine den Ruf der österreichischen Wirtschaft, es droht auch potentieller Schaden für den Finanz- und Wirtschaftsplatz Österreich. Neben dem aktuellen Aufruf der EZB-Bankenaufsicht, Russland schnellstmöglich zu verlassen,[5] übermittelte auch die US-amerikanische Sanktionsbehörde Office of Foreign Assets Control (OFAC) der RBI einen Brief mit Fragen zu ihrem Russlandengagement.[6] In der Ukraine wurde derweil ein Großteil des RBI-Vorstands auf eine vom ukrainischen Außenministerium unterstützte Liste mit Empfehlungen für weitere Sanktionen gesetzt.[7] Die RBI betont, dass alle bisherigen Sanktionsvorgaben eingehalten werden.[8] Angesichts der Vervierfachung der Gewinne aus dem Russlandgeschäft und den zutage getretenen Sberbank-Plänen bedarf der Wahrheitsgehalt der Aussage von Vorstand Johann Strobl, man prüfe “alle strategischen Optionen“,[9] einer vertiefenden Betrachtung.
Das Russland-Geschäft der Raika rückt Österreich insgesamt in ein schlechtes Bild. Die Statistik über die russischen Kreditverbindlichkeiten als Gradmesser für die Intensität des Bankgeschäfts führt Österreich klar an.
Aufstellung:[10]

Finanziell ist das Russlandgeschäft für die RBI durchaus mit Risiko behaftet. Trotz Rekordgewinn befindet sich die RBI in der Bredouille: Gewinne dürfen aktuell nicht aus Russland ausgeführt werden, der Aktienkurs ist empfindlich abgerutscht. Ein Verkauf der Russland-Tochter käme aufgrund der russischen Sonderbehandlung von Firmen “unfreundlicher Staaten“ ebenfalls teuer: der Buchwert beträgt laut FT-Bericht zwar 4,1 Mrd. Euro, die Bank rechnet bei einem Verkauf jedoch nur mit 20 Prozent der Summe.
Trotz dieser finanziellen Risiken für Österreich - immerhin werden 58,8 Prozent der Aktien von den regionalen Raiffeisenbanken und somit den Genossenschaftsmitgliedern gehalten, viele weitere von institutionellen und individuellen Anleger*innen[11] - gibt es bis heute keine Klarheit über die Pläne, ob und wie die RBI ihre Russland-Tochter abwickelt.
Angesichts der finanziellen Risiken für das österreichische Finanzsystem und der Gefahr der weiteren Rufschädigung, stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende
2.2. Wenn ja, was waren die Ergebnisse der Beratungen?
2.3. Wenn nein, warum nicht?
5.1. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
5.2. Wenn nein, warum nicht?
7.1. Welchen Anteil hat die RBI am gesamten Swift-Zahlungsverkehr zwischen Russland und dem Ausland?
[1] https://www.derstandard.at/story/2000143935005/wickelt-die-raiffeisen-die-haelfte-des-internationalen-geldflusses-nach-russland
[2] https://www.ft.com/content/1cea1f08-83ac-4471-9fa4-1cdfcc86fcb0
[3] https://www.falter.at/zeitung/20230228/jagd-auf-roter-vogel
[4] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/russland-geschaeft-von-rbi-und-unicredit-bereitet-sorgen-18677668.html
[5] https://www.reuters.com/world/europe/ecbs-enria-hopes-european-banks-will-exit-russia-soon-2022-06-03/
[6] https://www.derstandard.at/story/2000143694126/einfrieren-und-geschaeft-kappen-die-macht-der-us-behoerde-die
[7] https://www.sn.at/wirtschaft/oesterreich/fast-gesamter-rbi-vorstand-auf-ukrainischer-sanktionsliste-132336343
[8] https://www.ft.com/content/1cea1f08-83ac-4471-9fa4-1cdfcc86fcb0
[9] https://www.rbinternational.com/de/media/2022/rbi-prueft-alle-strategischen-optionen-fuer-die-zukunft-der-raiffeisenbank-russland.html
[10] https://www.derstandard.at/story/2000143222641/milliardengewinn-in-russland-wem-nuetzt-es-wenn-raiffeisen-geht
[11] https://www.rbinternational.com/en/investors/rbi-share/shareholder-structure.html