14458/J XXVII. GP
Eingelangt am 01.03.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Max Lercher,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz
betreffend „Medizinische Versorgungssicherheit für alle Menschen
in Österreich“
In Österreich hat sich die medizinische Versorgung in den letzten Jahren stark verschlechtert. Eine gesicherte Sachleistungsversorgung ist mancherorts kaum mehr gegeben. Auch das Stadt- Land- Gefälle ist unübersehbar (Kassenvertragsstellen, Spitalsbetten, Öffnungszeiten etc.). Einzelne Regionen Österreichs sind hier besonders betroffen. [1]
So auch Teile der Steiermark. Erst vor Kurzem hat wieder ein Fall mediale Aufmerksamkeit erlangt. Seit geraumer Zeit werden Patienten aus der Obersteiermark im LKH Tamsweg mitbehandelt. Das Spital hat aufgrund des bundesweiten Personalmangels im Gesundheitsbereich seine Kapazitätsgrenzen erreicht. Nun will die dortige, überlastete internistische Abteilung bis Ostermontag keine steirischen Patienten mehr aufnehmen. Auch aus dem Kärntner Spital in Friesach ist Ähnliches zu hören. Eine massive Verschlechterung der Versorgungslage in der Steiermark ist die Folge. Klar ist: Eine Gesundheitsversorgung, die an den Ländergrenzen stoppt, kann keine Dauerlösung sein und stellt ein weiteres Problem in der medizinischen Versorgung in Österreich dar. Gerade dieser aktuelle Vorfall macht einmal mehr bewusst, dass für die Versorgungssicherheit der österreichischen Bevölkerung dringend etwas unternommen werden muss.
Momentan herrscht zwischen den einzelnen Bundesländern, den Versicherungen und dem Bund ein kompliziertes System an gegenseitigen Ausgleichszahlungen. Auch die Rechtslage wird mit §15a Vereinbarung, G-ZG und dem KAKuG von diversen Stakeholdern verschieden interpretiert. Laut dem Patientenanwalt Gerald Bachinger geht aus dem KAG deutlich hervor, „dass alles sozialversicherten Patienten in Anstaltspflege zu übernehmen sind, wenn Anstaltsbedürftigkeit besteht“ und somit auch keine Ausnahme durch die Anknüpfung an den Hauptwohnsitz eines Bundeslandes zulässig ist. Dieser Rechtsanspruch sei auch vom Sozialministerium bestätigt worden.[2] Die aus naheliegenden Gründen gegensätzlich gehandhabte Praxis schürt Unsicherheiten in der Bevölkerung. Das Hin und Her ist nicht länger tragbar.
Ein Handeln allein auf regionaler Ebene kann die großen Probleme des österreichischen Gesundheitssystems nicht lösen. Erst recht nicht dann, wenn auf dem Wege des Finanzausgleichs den Ländern seit Jahren zu wenig Geld zur Verfügung gestellt wird oder mit §15a Vereinbarungen immer nur Anschubfinanzierungen gewährt werden. Für die ansässige Bevölkerung ist es daher von großem Interesse, was vonseiten der Bundesregierung genau unternommen wird, um die medizinische Versorgungssicherheit in ihrer Region zu gewährleisten.
Das Ministerium hat seine Verpflichtung den Menschen in Österreich gegenüber anzuerkennen, für Rechtssicherheit zu sorgen und eine langfristige Finanzierung der medizinischen Versorgung in ganz Österreich herzustellen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1) Die Rechte von Patient:innen sind in Österreich gesetzlich geschützt und in der Patientencharta zusammengefasst. Das Recht auf Behandlung und Pflege ist hier festgehalten. Welche Maßnahmen setzt Ihr Ministerium, um die Einhaltung dieser Patientenrechte in Österreich auch zu gewährleisten?
2) Die Spitalspflege ist eine Pflichtleistung der österreichischen Krankenversicherung. Wird sich Ihr Ministerium für die Erfüllung dieser Verpflichtung und eine bundesländerübergreifende, bevölkerungsfreundliche Versorgung einsetzen?
3) Wie erklären Sie sich, dass die Steuerung von Kapazitäten an öffentlichen medizinischen Einrichtungen augenscheinlich ein solches Hindernis darstellt, dass manche Einrichtungen sich gezwungen fühlen, gewissen Personengruppen den Zutritt zu verwehren?
4) Im Rahmen des Finanzausgleichs müssen vonseiten des Bundes ausreichend Mittel für die Anstaltspflege freigegeben werden. Dies könnte jetzt, während den gerade laufenden Verhandlungen zum nächsten Finanzausgleich direkt umgesetzt werden. Sind die Gespräche hierzu bereits aufgenommen worden?
5) Ist davon auszugehen, dass sich das vom Bund zur Verfügung gestellte Budget für die Anstaltspflege inflationsbereinigt erhöhen wird?
a) Wenn ja, in welchem Ausmaß?
b) Wenn nein, warum nicht?
6) Ist das im Text beschriebene Vorgehen des LKH Tamsweg nach Auffassung des Ministeriums rechtlich zulässig?
a) Wenn ja, wie ist dies zu begründen?
b) Wenn nein, warum werden vonseiten des Ministeriums keine Maßnahmen gegen dieses Vorgehen gesetzt?
7) Warum wurde von Ihrem Ministerium bis jetzt keine Klarstellung der oben ausgeführten Rechtsfrage übermittelt?
8) Welche Maßnahmen werden im Allgemeinen vonseiten Ihres Ministeriums gesetzt, um den Zugang der Bevölkerung zur Anstaltspflege, in Zeiten des extremen Personalmangels in der Medizin, weiterhin zu erhalten?
9) Haben Sie vor, die Anstaltspflege zukünftig zentral und bundeseinheitlich zu steuern?
a) Wenn ja, auf welche Art und für wann ist die Umsetzung geplant?
b) Wenn nein, warum nicht?
10) In der Gesundheitsausschusssitzung vom 05.10.2022 räumten Sie ein, dass in ganz Österreich die Verteilung von Wahl- und Kassenärzt*innen kritisch zu betrachten sei (der Wahlarztsektor ist seit 2007 um 40% angewachsen, bei den Vertragsärzt*innen hat es hingegen lediglich eine Steigerung von 0,8% gegeben). Dies schlägt sich besonders in der Frage der Landärzt*innen nieder. Aus diesem Grund müssen die öffentliche Gesundheitsversorgung und die klassischen Kassenarztstellen attraktiviert werden. Die Problematik ist dem Ministerium also augenscheinlich bekannt.[3] Was gedenken Sie daher konkret dagegen zu unternehmen?
11) Haben Sie vor, wie bereits von diversen Seiten gefordert, sich für besser moderne Gruppenpraxenmodelle (vor allem als Entlastungsmaßnahme der Krankenhaus- Standorte) einzusetzen?
a) Wenn ja, wann und auf welche Art?
b) Wenn nein, warum nicht?
12) Sind vonseiten Ihres Ministeriums Maßnahmen geplant, um die medizinische Versorgung in der Steiermark noch in dieser Legislaturperiode stärker zu unterstützen?
a) Wenn ja, welche und wann werden diese umgesetzt?
b) Wenn nein, warum nicht?
13) Konnten während Ihrer Zeit im Ministerium bereits Projekte zur Unterstützung der medizinischen Versorgungssicherheit in der Steiermark umgesetzt bzw. finalisiert werden?
a) Wenn ja, welche?
b) Wenn nein, wie erklären Sie diesen Rückstand?
[1] Stresstest zur Ärzteversorgung zeigt große regionale Unterschiede | DiePresse.com
[2] Personalnot: Nächstes Krankenhaus weist Gastpatienten ab | DiePresse.com
[3] Ärztemangel, Kompetenzausweitung für Gesundheitsberufe und Übersterblichkeit dominieren Aussprache mit Gesundheitsminister Rauch | Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz, 05.10.2022 (ots.at)