14466/J XXVII. GP

Eingelangt am 01.03.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Krainer, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Nachfragen zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage betreffend „Milliarden-Spekulationsverluste der Nationalbank unter Verantwortung von ÖVP-Mann Steiner - und Finanzminister Brunner vertuscht!“ vom 31.1.2023

 

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

In der 195. Sitzung des Nationalrates am 31.1.2023 wurde an Sie von der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion eine Dringliche Anfrage betreffend „Milliarden-Spekulationsverluste der Nationalbank unter Verantwortung von ÖVP-Mann Steiner - und Finanzminister Brunner vertuscht!“ gerichtet.

In Ihrer Beantwortung[1] haben Sie die Fragen sehr großzügig zusammengefasst und damit wesentliche Inhalte nicht oder nur sehr oberflächlich beantwortet. Jedenfalls waren die Antworten damit trotz Ihrer einleitenden Anmerkung „konkret“ antworten zu wollen, bemerkenswert unkonkret, kann man doch davon ausgehen, dass Sie Detailinformationen zu einem voraussichtlichen 2-Milliarden-Euro-Spekulationsverlust der Nationalbank haben.

Um es noch einmal in Erinnerung zu rufen:

Ende November 2022 sprachen erste Medienberichte zunächst lediglich von Verlusten von mehreren hundert Millionen Euro, die in steigenden Zinsen und niedrigen Renditen von Staatsanleihen begründet seien. Am 21.1.2023 kam es dann zu einem Knalleffekt. Im Rahmen eines „Presse“-Interviews ließ, der von der ÖVP fürs Direktorium nominierte, OeNB-Direktor Thomas Steiner die Katze aus dem Sack. Er musste eingestehen, dass es nicht um ein paar Millionen Euro gut erklärbare Wertberichtigungen, sondern tatsächlich um insgesamt
2 Milliarden Euro Spekulationsverluste geht. Der ÖVP-Mann Steiner musste im Rahmen dessen auch zugeben, dass nicht die Geldpolitik der EZB für die Verluste verantwortlich ist, sondern es sich hierbei um Spekulationsverluste handelt, die ausschließlich unter seiner Verantwortung entstanden sind. Es waren nicht nur externe Ereignisse, die Spekulationsverluste sind offenbar hausgemacht.

Hintergrund dürfte sein, dass in den letzten Jahren unter Steiner - in seiner Verantwortung - die Veranlagungsvorschriften der OeNB verändert wurden. Erst dadurch dürfte es ermöglicht worden sein, dass die OeNB sich stärker im Aktienhandel engagiert hat.

Es wäre einer der größten Finanzskandale, wenn die OeNB tatsächlich aufgrund einer Veränderung der hausinternen Politik Milliarden Euro verspekuliert hat. Dieses Geld der OeNB gehört nämlich zu 100% den Menschen, die in Österreich leben, da die Nationalbank zu 100% im Eigentum der Republik steht.

Besonders erschreckend ist aber auch, dass sich das BMF offenbar zu diesen Vorfällen verschweigt. Auf Basis des Nationalbankgesetztes hätte der Finanzminister über die Spekulationsverluste wohl schon im Jahr 2022 informiert werden müssen, denn z.B.

-       der vom Finanzminister bestellte Staatskommissär (bzw. dessen Stellvertreter) ist berechtigt an den Generalversammlungen und den sowie den Sitzungen des Generalrates der OeNB mit beratender Stimme teilzunehmen (§ 40 NBG);

-       der Staatskommissär des Finanzministeriums kann verlangen, dass innerhalb von acht Tagen eine Sitzung des Generalrates einberufen wird, dieser tagt in der Regel aber ohnehin monatlich (§ 28 NBG);

-       das Direktorium berichtet dem Generalrat periodisch, in der Regel monatlich über die Abwicklung und den Stand der Geschäfte sowie über sonstige bedeutsame, den Betrieb betreffende Vorkommnisse, der Präsident kann darüber hinaus auch bei wichtigem Anlass Bericht erstatten (§ 32 NBG);

-       der Bund, als Alleinaktionär, wobei der Finanzminister die Aktionärsrechte ausübt (§ 9 NBG), kann, sofern dies nicht im Rahmen der regelmäßigen Generalversammlung erledigt werden kann, die Abhaltung einer außerordentlichen Generalversammlung verlangen (§ 10 NBG).

Auf Basis der geltenden Rechtslage stellt sich also die Frage, ob Sie als Finanzminister über die Vorgänge in der OeNB informiert waren, falls ja, ab welchem Zeitpunkt, und warum weder die Öffentlichkeit über die Spekulationsverluste zeitnah informiert noch erkennbar Maßnahmen gesetzt wurden, um die Verluste zu begrenzen.

Ihrer Beantwortung der Dringlichen Anfrage im Nationalrat war dies nicht zu entnehmen, weshalb diese Nachfrage notwendig ist.

Nachstehende Fragen stehen im Zusammenhang mit der Vollziehung des Finanzministeriums, der Tätigkeit des Staatskommissärs und dessen Stellvertreter, Informationspflichten an den Bundesminister sowie im Zusammenhang mit Informationen und Unterlagen bzw. Kenntnissen, die im Ressort und bei Ihnen als zuständigem Bundesminister bzw. in Ihrem Kabinett im Zeitablauf zu diesen Sachverhalten vorlagen und aktuell vorliegen.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

 

Anfrage

 

(I) Sie haben die Beantwortung der Fragen 1-3 und 7 zusammengefasst, unbeantwortet blieben die Fragen, welche Prognosen Sie kennen und ob Sie Informationen zu Veranlagungsverlusten haben, daher nochmals folgende Fragen aus der Dringlichen Anfrage:

(2)

Von welchen Prognosen zu den Jahresergebnissen der OeNB ab 2023 bis 2026 haben Sie Kenntnis? Bitte um jährliche Angabe der Höhe des prognostizierten Jahresergebnisses.

(3)

Ist es Ihren Informationen nach zutreffend, dass es Veranlagungsverluste bzw. Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung im Jahr 2022 und den Folgejahren geben wird? Wenn ja, wie hoch sind die Ihnen bekannten Prognoseverluste für 2022 und die Folgejahre?

 

(II) Sie haben die Beantwortung der Fragen 4, 5, 6, 27 und 38 zusammengefasst, unbeantwortet blieben die Fragen nach der Entwicklung der Folgejahre, existiert eine Planrechnung für die Eigenveranlagung der auf 2022 folgenden Jahre und die Verluste je Veranlagungsklassen, daher nochmals folgende Fragen aus der Dringlichen Anfrage:

(6)

Wie hoch wird der Verlust aus Eigenveranlagung der OeNB im Jahr 2022 sein? Welche Entwicklung wird auf Grund der Ihnen bekannten Informationen für die Folgejahre erwartet?

(38)

Wie hoch waren die Verluste in Prozent nach den jeweiligen Veranlagungsklassen - Government-Bonds, Corporate Bonds, Equities (Aktien) -  für das Jahr 2022?

 

(III) Sie haben die Beantwortung der Fragen 8-17 zusammengefasst und mit dem Hinweis auf einen „negativen Trend“ beantwortet, unbeantwortet blieben die Fragen nach den Konsequenzen für den Staatshaushalt, ob darüber im Generalrat berichtet wurde und welche Informationen Ihnen dazu zu welchem Zeitpunkt vorgelegen sind bzw. vorliegen. Daher nochmals folgende Fragen aus der Dringlichen Anfrage:

(8)

Welche Auswirkungen hat der Verlust der OeNB im Jahr 2022 auf die Dividendenabfuhr an den Staatshaushalt für die kommenden fünf Jahre (bitte um jährliche Angabe)?

(9)

Ab wann werden von Ihnen wieder Dividendeneinzahlungen der OeNB an den Staatshaushalt erwartet?

(10)

Für wie lange erwarten Sie Jahresverluste der OeNB, die zu keiner Dividendenzahlung an den Staatshaushalt führen?

(11)

Sind Ihnen oder dem Ministerium interne Berechnungen der OeNB bekannt, wie hoch die Verluste in den nächsten zwei Jahren sein werden? Wenn ja, wie hoch je Jahr und wie hoch werden die Verluste in Summe sein?

(12)

Wann und von wem wurden Sie bzw. Ihr Kabinett erstmals von der OeNB über die Spekulationsverluste aus Eigenveranlagungen des Jahres 2022 informiert? Wann und in welchem Umfang folgten weitere (wiederholte) Informationen an Sie und mit welchem Inhalt (Entstehung des Verlustes, Höhe des Verlustes 2022)?

(13)

Sind Ihnen auf Grund der laufenden Berichte an den Generalrat der OeNB des Jahres 2022 die Spekulationsverluste der OeNB bekannt geworden? Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor?

(14)

Wie hoch waren die berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung zum 31.3.2022? Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor?

(15)

Wie hoch waren die berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung zum 30.6.2022? Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor?

(16)

Wie hoch waren die berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung zum 30.9.2022? Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor?

(17)

Wie hoch waren die berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung zum 31.12.2022? Welche Informationen (lagen bzw.) liegen Ihnen dazu vor?

 

(IV) Sie haben die Beantwortung der Fragen 18-26 zusammengefasst. Unbeantwortet blieben die Fragen, wann Sie von der geänderten Strategie Kenntnis erlangten, was deren Inhalt ist, welches Ziel damit verfolgt wird und welche Planrechnung Ihnen für 2022 vorgelegen ist. Daher nochmals folgende Fragen aus der Dringlichen Anfrage:

(19)

Wurden in der Funktionszeit von Direktor Steiner die Veranlagungsvorschriften für die Veranlagungen der OeNB geändert? Wenn ja, wann?

(20)

Wurden diese Änderungen dem BMF zur Kenntnis gebracht, wenn ja wann?

(21)

In welchen Punkten wurden die Veranlagungsvorschriften, wenn sie geändert wurden, im Vergleich zu den vorherigen abgeändert?

(23)

Haben Sie Kenntnis davon, dass die OeNB für den Geschäftsbereich des Treasury (Veranlagung) ein Risikomanagement eingerichtet hat? Wenn ja, welche Kenntnisse haben Sie zur Funktionalität und Effizienz dieser Organisationseinheit? Welchem Direktoriumsmitglied ist das Risikomanagement für Eigenveranlagungen unterstellt.

(24)

Wie kann es sein, dass die OeNB auf Aktienmärkten spekuliert?

(25)

Was war/ist das Ziel der in der Funktionsperiode von Direktor Steiner geänderten Veranlagungsvorschriften?

(26)

Welche inhaltlichen Vorgaben zur Zusammensetzung des Portfolios werden gemacht?

 

(V) Sie haben die Beantwortung der Fragen 28-29 zusammengefasst. Unbeantwortet blieben die Fragen, von wann die Plankostenrechnung 2022 stammt und ob sie aktualisiert wurde. Daher nochmals folgende Fragen aus der Dringlichen Anfrage:

(28)

Liegt dem Finanzministerium eine Planrechnung des Jahres 2022 vor? Wenn ja von wann?

(29)

Wurde diese Planungsrechnung im zweiten Halbjahr 2022 geändert? Wenn ja, wie oft, wann und wie wurde eine allfällige Ergebnisverschlechterung in der jeweils aktualisierten Planungsrechnung des Jahres 2022 berücksichtigt?

 

(VI) Sie haben die Beantwortung der Fragen 31 und 33 zusammengefasst. Unbeantwortet blieben die Fragen, warum die Abhaltung einer Generalversammlung nicht verlangt wurde bzw. die Frage nach einer eigenen Generalratssitzung und nach dem Sitzungsinhalt. Daher nochmals folgende Fragen aus der Dringlichen Anfrage:

(31)

Gibt es ein schriftliches Verlangen des Bundes auf Abhaltung einer Generalversammlung? Wenn ja von wann, und fand diese bereits statt bzw. wann wird sie stattfinden? Wenn nein, warum nicht?

(33)

Haben der Gouverneur, drei Mitglieder des Generalrates oder ein Staatskommissar in Anwendung des § 28 NBG eine Sitzung des Generalrates verlangt, wenn ja wann bzw. wann findet (oder fand) diese statt? Was wurde dabei zu den Verlusten aus dem Veranlagungsgeschäft berichtet?

 

(VII) Sie haben die Beantwortung der Fragen 32, 34 und 35 zusammengefasst. Zur Gänze unbeantwortet blieben die Fragen nach dem Inhalt der Ihnen vorliegenden Informationen bzw., ob Sie auch welche Informationen vom Gouverneur oder Vizegouverneur zu welchem Zeitpunkt erhalten haben. Daher nochmals folgende Fragen nach den Inhalten und Zeitpunkten aus der Dringlichen Anfrage:

(32)

Lt. Auskunft des Direktoriums im Budgetausschuss wurde der Generalrat unterrichtet. Welche Informationen wurden bekannt bzw. liegen dem BMF dadurch vor? Wann wurde diese Information gegeben? Wann wurden Sie bzw. Ihr Kabinett informiert? Welche Schritte wurden von Ihrer Seite eingeleitet?

(34)

Gem. § 32 Abs. 2 Nationalbankgesetz berichtet das Direktorium dem Generalrat periodisch, in der Regel monatlich. Welche Informationen wurden Ihnen bzw. Ihrem Kabinett durch den Staatskommissär vorgelegt? Welche Informationen hat es zu einem erwarteten Veranlagungsverlust gegeben?

(35)

Welche Informationen haben Sie vom Gouverneur oder Vizegouverneur oder aus der Tätigkeit der Staatskommissäre im Verlauf des Jahres 2022 zu den zu erwartenden Veranlagungsverlusten erhalten? Bitte um Angabe des Datums des Informationszugangs und der Höhe und Zusammensetzung der berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung der OeNB.

 



[1] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/NRSITZ/195?selectedStage=111