14483/J XXVII. GP
Eingelangt am 07.03.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Kindesabnahmen und Obsorge durch den Staat
Der Schutz des Kindeswohls gehört zu den obersten Prinzipien des Staates. In den vergangenen Jahren haben Diskussionen über das Kindeswohl zugenommen; Kinderschutzkonzepte und Prävention rücken aufgrund von Missständen im Asylbereich oder an die Öffentlichkeit tretender Missbrauchsfällen immer mehr in den Fokus. Ein Bereich, der trotz allem meist nur am Rande erwähnt wird, ist die Obsorge durch den Staat. Kommt es in Familien zu gravierenden Problemen, Übergriffen oder Gewalt, schreitet die Kinder- und Jugendhilfe ein. Diese hat aber unter verstärkten Belastungen durch Pandemie und andere Krisen zu leiden und gleichzeitig mit enormen Personalmangel zu kämpfen. So kam es im Sommer 2022 zu einem Hilferuf des Dachverbands Österreichischer Jugendhilfeeinrichtungen, die Belastung für die Betreuer:innen von rund 8.000 Kindern und Jugendlichen nehme zu stark zu (1). In Salzburg und der Steiermark führte diese Situation dazu, dass die Kinder- und Jugendhilfe sogar als gefährdet gemeldet wurde (2), in einigen Fällen mussten Krisenzentren wegen Personalmangel schließen.
Eines der Probleme in der Kinder- und Jugendhilfe dürfte auch sein, dass freie Träger Gehälter niedrig einstufen (3). Gerade bei öffentlichen Aufgaben müssen Mitarbeiter:innen aber ordentliche Anstellungsverhältnisse und Arbeitsbedingungen geboten werden, immerhin geht es um die Vollziehung gesetzlicher Aufträge. Wenn es um Gehälter von Mitarbeiter:innen geht, stellt sich bei freien Trägern die Frage der Finanzierung. Immerhin werden die meisten Krisenzentren und Unterbringungseinrichtungen von privaten oder gemeinnützigen Vereinen beziehungsweise Unternehmen betrieben, was die Finanzierungsströme sehr intransparent macht. Denn grundsätzlich handelt es sich bei der Bereitstellung von Unterbringung zwar um eine öffentliche Aufgabe, welche Anforderungen an Mitarbeiter gestellt werden oder welche Gehaltsbänder genutzt werden, ist aufgrund der Trägerstruktur aber unklar. Erschwert wird die Kostenaufstellung, weil betroffene Eltern für die Fremdunterbringung auch vorgeschriebene Tagsätze zahlen, die genauen Kosten variieren aber je nach Bundesland und sind kaum eruierbar (4). Eine vollständige Kosten- und Leistungsübersicht ist daher kaum möglich.
Problematisch an Debatten über die Kinder- und Jugendhilfe ist oftmals auch der mangelnde Überblick. Seitdem die Kinder- und Jugendhilfe in den Aufgabenbereich der Länder fällt, fehlt es an verlässlichen Statistiken und Informationen. Finanzierung und Betrieb der Kinder- und Jugendeinrichtungen wie Krisenzentren und Betreuungseinrichtungen sind sehr unterschiedlich geregelt, was die Datenerhebung erschwert.
Ein Problem bei diesen Daten ist beispielsweise die Frage, wie viele Kinder und Jugendliche betroffen sind. So sprach der Dachverband im Sommer 2022 von rund 8.000 Kindern und Jugendlichen, die betreut werden. Eindeutige Statistiken scheint es allerdings nicht zu geben, da verschiedene Formen von kurzfristiger Unterbringung in Statistiken potenziell zusammengezählt werden. Bestmöglichen Einblick erlaubt noch die Statistik der Kinder- und Jugendhilfe (5), die für das Jahr 2021 von knapp 13.000 Kindern spricht, für die die volle Erziehung übernommen wurde - also Kinder, für die der Staat die Obsorge innehat. Vergleicht man die Zahlen der Kinder in staatlicher Obsorge mit der Bevölkerung unter 18 Jahren, ergibt sich ein sehr unterschiedliches Bild in den Bundesländern. Wünschenswert ist grundsätzlich, dass möglichst wenige Kinder außerhalb ihrer Familien aufwachsen - warum der Anteil in manchen Bundesländern doppelt so hoch ist wie in anderen, ist nicht nachvollziehbar.
|
Bevölkerung bis 19 (6) |
Volle Erziehung (5) |
Anteil |
Volle Erziehung in soz.-päd. Einrichtungen (5) |
Anteil |
Burgenland |
52.769 |
402 |
0,8 % |
281 |
0,5 % |
Kärnten |
101.421 |
1.068 |
1,1 % |
825 |
0,8 % |
Niederösterreich |
331.266 |
2.117 |
0,6 % |
1.350 |
0,4 % |
Oberösterreich |
303.815 |
1.582 |
0,5 % |
946 |
0,3 % |
Salzburg |
110.261 |
689 |
0,6 % |
481 |
0,4 % |
Steiermark |
226.186 |
1.650 |
0,7 % |
909 |
0,4 % |
Tirol |
148.097 |
816 |
0,6 % |
576 |
0,4 % |
Vorarlberg |
85.428 |
488 |
0,6 % |
278 |
0,3 % |
Wien |
371.562 |
4.059 |
1,1 % |
2.329 |
0,6 % |
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende