Eingelangt am 10.03.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Fiona Fiedler, Dr. Helmut Brandstätter,
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Situation von Menschen mit
Behinderungen in der humanitären Hilfe und beim Wiederaufbau der Ukraine
Humanitäre Hilfe zielt darauf ab,
Menschenleben zu retten, Leid zu lindern und sowohl Schutz als auch die
Versorgung von Menschen in Notlagen zu sichern. Auch die Wiederherstellung von
menschenwürdigen Lebensbedingungen vor Ort, um eine Rückkehr zu
ermöglichen, ist von der humanitären Hilfe umfasst. Der Fokus ist auf
schutzbedürftige Personen zu legen, wie Kinder, Frauen, ältere
Personen und Menschen mit Behinderungen. Humanitäre Hilfe hat dabei
unterschiedliche, situationsabhängige Formen. Sie umfasst etwa Nahrungsmittelhilfe,
Hilfsgüterversorgung, Hygienemaßnahmen, Schaffung von
Unterkünften oder Flüchtlingscamps, medizinische Versorgung, etc..
Damit humanitäre Hilfe auch
tatsächlich wirksam ist, müssen die Bedürfnisse und Risiken der
am stärksten gefährdeten und benachteiligten Gruppen, darunter
Menschen mit Behinderungen, ermittelt und priorisiert werden (1).
Laut Budgetbericht 2023 befinden sich im
Auslandskatastrophenfonds (AKF) 77,5 Mio. €, die Mittel für die
Entwicklungszusammenarbeit belaufen sich auf insgesamt 137,1 Mio. € (2).
Raisa Kravchenko, Vorstandsvorsitzende der NGO
Coalition for Persons with Intellectual Disability Ukraine, sprach als Mitglied
von Inclusion Europe auf der Konferenz "Europe in Action to End
Segregation" in Brüssel. Dabei forderte sie die Verhinderung neuer Heimeinweisungen
im Rahmen des Sanierungsplans für die Ukraine. Der ukrainische
Wiederaufbauplan umfasse mehr als 800 Projekte, aber kein einziges widme sich
den gemeindenahen Diensten, dem unabhängigen Leben oder der
Deinstitutionalisierung von Menschen mit Behinderungen. Die internationalen
Geldgeber werden mitverantwortlich dafür sein, wie das Geld ausgegeben
wird. Ihr klares Ziel: Finanzielle Mittel dürfen nicht für die
Wiederherstellung von abhängig machenden/segregierenden Einrichtungen,
sondern für die Unterstützung eines unabhängigen Lebens
eingesetzt werden (3).
- https://www.monitoringausschuss.at/download/stellungnahmen/humanitaere_hilfe/UMA_SN_Humanitaere_Hilfe_07_2022.pdf
- https://www.bmf.gv.at/themen/budget/das-budget/budget-2023.html
- https://www.inclusion-europe.eu/ukraine-recovery-money-deinstitutionalisation/
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Inwieweit werden in der Gesamtstrategie zur
humanitären Hilfe Österreichs Menschen mit Behinderungen als
Zielgruppe berücksichtigt?
- In welchen konkreten Bereichen werden
Menschen mit Behinderungen ausdrücklich als Zielgruppe angesprochen?
- Wo wird Disability Mainstreaming in der
Humanitären Hilfe berücksichtigt?
- Wie hoch waren die ausgezahlten AKF - Mittel
2018-2022? (Aufschlüsselung bitte nach Jahr, Zielland, Projekt und
Zielgruppe)
- Wie hoch ist jener Anteil der ausgezahlten
AKF - Mittel 2018-2022, zu denen auch Menschen mit Behinderung
barrierefrei Zugang haben? (Aufschlüsselung bitte nach Jahr,
Zielland und Projekt)
- Unter welchen Kriterien werden die
Mittelaufwendungen freigegeben?
- Gibt es Kriterien, die Menschen mit
Behinderungen betreffen?
i. Falls ja: Welche?
ii. Falls nein: Warum nicht?
- Wie wird die Erfüllung dieser
Kriterien erhoben, zahlenmäßig erfasst und evaluiert?
- Welcher Anteil der Projekte richtet sich an
den Wiederaufbau von zerstörten Strukturen?
- Inwieweit ist die Vergabe von Geldern aus
dem AKF an die Verwendung des universellen bzw. inklusiven Designs beim
Wiederaufbau nach dem Prinzip „build back better“
geknüpft?
- Wie viele aus den Geldern des AKF
finanzierten Wiederaufbauprojekte haben dieses Prinzip
berücksichtigt?
- Wie viele Projekte hat die Austrian
Development Agency (ADA) 2018-2022 mit welchem finanziellen Betrag
unterstützt?
- Wie viele und welche davon hatten das Ziel
beruflicher Inklusion von Menschen mit Behinderungen?
- Wie viele und welche davon hatten das Ziel
Gewaltschutz von Menschen mit Behinderungen?
- Wie viele und welche davon hatten das Ziel
Zugang zu Bildung von Menschen mit Behinderungen?
- Wie viele und welche davon hatten das Ziel
medizinischer Basisversorgung von Menschen mit Behinderungen?
- Wie viele und welche davon hatten das Ziel
ein selbstbestimmtes Leben/Deinstitutionalisierung von Menschen mit
Behinderungen zu fördern?
- Warum hat Österreich bisher den Charter
on Inclusion of Persons with Disability on Humanitarian Action nicht
ratifiziert?
- Plant Österreich die Ratifizierung der
Charter of Persons with disabilities on Humanitarian Action?
- Warum ist Österreich bisher nicht
Mitglied des Global Action on Disability (GLAD) Network?
- Plant Österreich den Beitritt zum
Global Action on Disability (GLAD) Network?
- Inwieweit wird Inklusion/Menschen mit
Behinderungen in der neuen Strategie Humanitäre Hilfe
berücksichtigt sein?
- In welchem Zeitraum ist der Beschluss der
neuen Strategie Humanitäre Hilfe geplant?
- Die Bundesregierung verdoppelte die zwischen
März und April 2022 erzielten Spendeneinnahmen von „Nachbar in
Not“. Welche Projekte wurden/werden damit finanziert?
- Wie haben Menschen mit Behinderungen Zugang
zu diesen Projekten?
- Welche Kriterien müssen erfüllt
sein, damit Hilfsprojekte über die von der Bundesregierung
bereitgestellte Summe für „Nachbar in Not“ finanziert
werden?
- Entsprechen diese Kriterien den
Vergabekriterien bei der Finanzierung von Hilfsprojekten über Gelder
des AKF?
- Laut NAP Behinderung II sollen zumindest 10
% des Gesamtvolumens der operativen OEZA- und European Recovery
Programme-Mittel OECD DAC Disability Marker 1 oder 2 haben. Wie ist
diesbezüglich der Umsetzungsstatus?
- Welche Maßnahmen existieren, um bei
allen Akteur:innen in der humanitären Hilfe Bewusstsein für
Inklusion und Barrierefreiheit zu schaffen?
- Erfolgt eine systematische Datenerfassung zu
Personen auf der Flucht und Betroffener humanitärer Hilfe, welche
nach Gender, Alter und Behinderung aufgeschlüsselt wird, etwa unter
Verwendung der Fragelisten der Washington Group on Disability Statistics?
- Werden die Maßnahmen unter
Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen evaluiert?
- Inwieweit wird die Anwendung der
internationalen Standards, wie z. B. der IASC-Richtlinien, in allen
strategischen Dokumenten sowie der Vergaben und Calls zur humanitären
Hilfe berücksichtigt?
- Wie wird etwa bei Notunterkünften
für vertriebene Menschen die umfassende Barrierefreiheit inklusive
der Gestaltung aller Einrichtungen wie Unterkünften und
Sanitäreinrichtungen, Leistungen, einschließlich Informationen,
Essensauswahl und -verteilung, sowie Kommunikationsmittel und
Infrastruktur berücksichtigt?
- Wie erfolgt die Planung und Vergabe von
Mitteln aus dem AKF und OEZA-Mitteln hinsichtlich Inklusion von Menschen
mit Behinderungen?
- Inwieweit wird Inklusion als Voraussetzung
des Akkreditierungsprozesses der Hilfsorganisationen durch die ADA sowie
bei der Vergabe von Geldern des AKF und des ADA-Budgets berücksichtigt?
- Inwieweit wird Inklusion
gewährleistet, wenn Gelder aus öffentlichen Stellen wie aus dem
AKF an internationle Organisationen gezahlt werden?