14498/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.03.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Situation von Menschen mit Behinderungen in der humanitären Hilfe und beim Wiederaufbau der Ukraine

 

Humanitäre Hilfe zielt darauf ab, Menschenleben zu retten, Leid zu lindern und sowohl Schutz als auch die Versorgung von Menschen in Notlagen zu sichern. Auch die Wiederherstellung von menschenwürdigen Lebensbedingungen vor Ort, um eine Rückkehr zu ermöglichen, ist von der humanitären Hilfe umfasst. Der Fokus ist auf schutzbedürftige Personen zu legen, wie Kinder, Frauen, ältere Personen und Menschen mit Behinderungen. Humanitäre Hilfe hat dabei unterschiedliche, situationsabhängige Formen. Sie umfasst etwa Nahrungsmittelhilfe, Hilfsgüterversorgung, Hygienemaßnahmen, Schaffung von Unterkünften oder Flüchtlingscamps, medizinische Versorgung, etc..

Damit humanitäre Hilfe auch tatsächlich wirksam ist, müssen die Bedürfnisse und Risiken der am stärksten gefährdeten und benachteiligten Gruppen, darunter Menschen mit Behinderungen, ermittelt und priorisiert werden (1).

Laut Budgetbericht 2023 befinden sich im Auslandskatastrophenfonds (AKF) 77,5 Mio. €, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit belaufen sich auf insgesamt 137,1 Mio. € (2).

Raisa Kravchenko, Vorstandsvorsitzende der NGO Coalition for Persons with Intellectual Disability Ukraine, sprach als Mitglied von Inclusion Europe auf der Konferenz "Europe in Action to End Segregation" in Brüssel. Dabei forderte sie die Verhinderung neuer Heimeinweisungen im Rahmen des Sanierungsplans für die Ukraine. Der ukrainische Wiederaufbauplan umfasse mehr als 800 Projekte, aber kein einziges widme sich den gemeindenahen Diensten, dem unabhängigen Leben oder der Deinstitutionalisierung von Menschen mit Behinderungen. Die internationalen Geldgeber werden mitverantwortlich dafür sein, wie das Geld ausgegeben wird. Ihr klares Ziel: Finanzielle Mittel dürfen nicht für die Wiederherstellung von abhängig machenden/segregierenden Einrichtungen, sondern für die Unterstützung eines unabhängigen Lebens eingesetzt werden (3).

 

  1. https://www.monitoringausschuss.at/download/stellungnahmen/humanitaere_hilfe/UMA_SN_Humanitaere_Hilfe_07_2022.pdf
  2. https://www.bmf.gv.at/themen/budget/das-budget/budget-2023.html
  3. https://www.inclusion-europe.eu/ukraine-recovery-money-deinstitutionalisation/

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Inwieweit werden in der Gesamtstrategie zur humanitären Hilfe Österreichs Menschen mit Behinderungen als Zielgruppe berücksichtigt?
    1. In welchen konkreten Bereichen werden Menschen mit Behinderungen ausdrücklich als Zielgruppe angesprochen?
    2. Wo wird Disability Mainstreaming in der Humanitären Hilfe berücksichtigt?
  1. Wie hoch waren die ausgezahlten AKF - Mittel 2018-2022? (Aufschlüsselung bitte nach Jahr, Zielland, Projekt und Zielgruppe)
    1. Wie hoch ist jener Anteil der ausgezahlten AKF - Mittel 2018-2022, zu denen auch Menschen mit Behinderung barrierefrei Zugang haben? (Aufschlüsselung bitte nach Jahr, Zielland und Projekt)
  1. Unter welchen Kriterien werden die Mittelaufwendungen freigegeben?
    1. Gibt es Kriterien, die Menschen mit Behinderungen betreffen?

                                          i.    Falls ja: Welche?

                                        ii.    Falls nein: Warum nicht?

    1. Wie wird die Erfüllung dieser Kriterien erhoben, zahlenmäßig erfasst und evaluiert?
  1. Welcher Anteil der Projekte richtet sich an den Wiederaufbau von zerstörten Strukturen?
    1. Inwieweit ist die Vergabe von Geldern aus dem AKF an die Verwendung des universellen bzw. inklusiven Designs beim Wiederaufbau nach dem Prinzip „build back better“ geknüpft?
    2. Wie viele aus den Geldern des AKF finanzierten Wiederaufbauprojekte haben dieses Prinzip berücksichtigt?
  1. Wie viele Projekte hat die Austrian Development Agency (ADA) 2018-2022 mit welchem finanziellen Betrag unterstützt?
    1. Wie viele und welche davon hatten das Ziel beruflicher Inklusion von Menschen mit Behinderungen?
    2. Wie viele und welche davon hatten das Ziel Gewaltschutz von Menschen mit Behinderungen?
    3. Wie viele und welche davon hatten das Ziel Zugang zu Bildung von Menschen mit Behinderungen?
    4. Wie viele und welche davon hatten das Ziel medizinischer Basisversorgung von Menschen mit Behinderungen?
    5. Wie viele und welche davon hatten das Ziel ein selbstbestimmtes Leben/Deinstitutionalisierung von Menschen mit Behinderungen zu fördern?
  1. Warum hat Österreich bisher den Charter on Inclusion of Persons with Disability on Humanitarian Action nicht ratifiziert?
    1. Plant Österreich die Ratifizierung der Charter of Persons with disabilities on Humanitarian Action?
  1. Warum ist Österreich bisher nicht Mitglied des Global Action on Disability (GLAD) Network?
    1. Plant Österreich den Beitritt zum Global Action on Disability (GLAD) Network?
  1. Inwieweit wird Inklusion/Menschen mit Behinderungen in der neuen Strategie Humanitäre Hilfe berücksichtigt sein?
    1. In welchem Zeitraum ist der Beschluss der neuen Strategie Humanitäre Hilfe geplant?
  1. Die Bundesregierung verdoppelte die zwischen März und April 2022 erzielten Spendeneinnahmen von „Nachbar in Not“. Welche Projekte wurden/werden damit finanziert?
    1. Wie haben Menschen mit Behinderungen Zugang zu diesen Projekten?
    2. Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit Hilfsprojekte über die von der Bundesregierung bereitgestellte Summe für „Nachbar in Not“ finanziert werden?
    3. Entsprechen diese Kriterien den Vergabekriterien bei der Finanzierung von Hilfsprojekten über Gelder des AKF?
  1. Laut NAP Behinderung II sollen zumindest 10 % des Gesamtvolumens der operativen OEZA- und European Recovery Programme-Mittel OECD DAC Disability Marker 1 oder 2 haben. Wie ist diesbezüglich der Umsetzungsstatus?
  2. Welche Maßnahmen existieren, um bei allen Akteur:innen in der humanitären Hilfe Bewusstsein für Inklusion und Barrierefreiheit zu schaffen?
  3. Erfolgt eine systematische Datenerfassung zu Personen auf der Flucht und Betroffener humanitärer Hilfe, welche nach Gender, Alter und Behinderung aufgeschlüsselt wird, etwa unter Verwendung der Fragelisten der Washington Group on Disability Statistics?
    1. Werden die Maßnahmen unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen evaluiert?
  1. Inwieweit wird die Anwendung der internationalen Standards, wie z. B. der IASC-Richtlinien, in allen strategischen Dokumenten sowie der Vergaben und Calls zur humanitären Hilfe berücksichtigt?
  2. Wie wird etwa bei Notunterkünften für vertriebene Menschen die umfassende Barrierefreiheit inklusive der Gestaltung aller Einrichtungen wie Unterkünften und Sanitäreinrichtungen, Leistungen, einschließlich Informationen, Essensauswahl und -verteilung, sowie Kommunikationsmittel und Infrastruktur berücksichtigt?
  3. Wie erfolgt die Planung und Vergabe von Mitteln aus dem AKF und OEZA-Mitteln hinsichtlich Inklusion von Menschen mit Behinderungen?
    1. Inwieweit wird Inklusion als Voraussetzung des Akkreditierungsprozesses der Hilfsorganisationen durch die ADA sowie bei der Vergabe von Geldern des AKF und des ADA-Budgets berücksichtigt?
    2. Inwieweit wird Inklusion gewährleistet, wenn Gelder aus öffentlichen Stellen wie aus dem AKF an internationle Organisationen gezahlt werden?