14499/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.03.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Wo bleiben effiziente Ermittlungen rund um das „Imam Ali-Zentrum“?

Der Iran ist seit nunmehr 44 Jahren eine Islamische Republik. Seit 44 Jahren werden die Rechte der Frauen mit Füßen getreten; sexuelle, religiöse Minderheiten und ethnische Minderheiten schikaniert und verfolgt. Politische und weltanschauliche Freiheiten sind nicht gegeben und Anhänger:innen der politischen Opposition werden nicht nur im Iran sondern auch in Europa verfolgt. 1989 erschütterten die Kurdenmorde Wien. Dabei handelte es sich um den Mord durch ein iranisches Killerkommando an drei Kurden, darunter Abdul Rahman Ghassemlou, Chef der Kurdischen Demokratischen Partei Iran. Die Tatverdächtigen tauchten in der iranischen Botschaft unter und konnten nach Interventionen des Regimes unbehelligt ausreisen (https://wien.orf.at/stories/3004286/).

2018 zeigte sich erneut deutlich, wie weit der Arm des Regimes reicht. Asadollah Asadi war „dritter Botschaftsrat“ an der iranischen Botschaft in Wien und hatte mit zwei weiteren Personen einen Anschlag in Paris auf eine Veranstaltung des Nationalen Widerstandsrats des Iran (eine Exilorganisation) geplant und wurde deswegen zu 20 Jahren Haft verurteilt (https://www.bbc.com/news/world-europe-55931633). Er war überdies ein Einsatzleiter des iranischen Geheimdienstes MOIS (deren Direktion für innere Sicherheit steht auf der EU-Terroristenliste).

"Insgesamt jedoch illustriere das gescheiterte Attentat die Strategie Irans, Oppositionelle durch Morde auszuschalten, so Guido Steinberg. 'Seit den frühen achtziger Jahren gibt es diese Art von Anschlägen und es scheint ein weitgehender Konsens in unterschiedlichen Teilen der iranischen Führung zu bestehen, dass Gegner wie beispielsweise die Volksmudschahedin ausgeschaltet werden müssen. Diese Anschläge sind eine Konstante der iranischen Politik'"(https://www.dw.com/de/iranischer-mordplan-der-spion-der-aus-wien-kam/a-56447091).

Der Österreichische Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus (Dokumentationsstelle Politischer Islam) hat im November 2022 einen Grundlagenbericht zum politischen Islam der Zwölferschia veröffentlicht (https://www.dokumentationsstelle.at/wp-content/uploads/2022/11/DPI_GB_Zwoelferschia.pdf), der unter anderem aufzeigt, wie das Regime sich sogenannter Soft-Power-Instrumente bedient. "Über Außenstellen wie Stiftungen oder religiöse Zentren versuche die Islamische Republik im kulturellen und religiösen Bereich sowie im Bildungssektor Einfluss zu nehmen, hieß es in der Aussendung. Belegt sei das für das Islamische Zentrum Hamburg, das seit Montag nach öffentlichem Druck aus dem Rat für Islamische Gemeinschaften in Hamburg (Schura) ausgeschlossen ist, und das Imam Ali-Zentrum (genauer: „Islamisches Zentrum Imam Ali) in Wien, das von iranischen Politiker bei Aufenthalten in Österreich besucht wurde" (https://www.derstandard.at/story/2000141143223/dokumentationsstelle-sieht-einflussnahme-des-iran-in-oesterreich).

Gegründet in den 1990er-Jahren als religiöses und kulturelles Zentrum für Schiiten, ist die Islamische Republik Iran laut der Dokumentationsstelle Eigentümerin der Liegenschaft des Zentrums. Die weiteren Hintergründe des "Imam Ali-Zentrums" seien Gegenstand einer laufenden Forschungstätigkeit der Dokumentationsstelle (https://volksgruppen.orf.at/diversitaet/stories/3183551/). Dass das Zentrum Zuwendungen aus Teheran bekommt, ist unter Fachleuten unumstritten. In welcher Höhe und auf welchem Wege genau, ist nicht klar. Eine Anfrage der Tageszeitung "DER STANDARD" wurde durch das Zentrum nicht beantwortet. Das Zentrum wird in der iranischen Diaspora als Dreh- und Angelpunkt für die Unterstützer:innen des iranischen Regimes gesehen. Weiters soll es enge Verbindungen zur Botschaft des iranischen Regimes in Wien geben, welche die regimekritischen Demonstrationen in Wien genau im Auge behalten dürfte. Weiters berichten Netzaktivist:innen von einer regen Tätigkeit an Vereins- und Firmengründungen mit Bezug zum Iran in Wien. Der enge Draht des Regimes Richtung Wien wird beispielsweise an Reza Ramezani festgemacht. Der Geistliche sitzt im mehr als 80-köpfigen iranischen Expertenrat, der niemand Geringeren als den obersten Führer des Landes wählt. Vor vielen Jahren leitete er nicht nur das Islamische Zentrum Hamburg, sondern auch das Islamische Zentrum Imam Ali (https://www.derstandard.at/story/2000141352840/was-irans-mullah-regime-mit-einem-zentrum-in-floridsdorf-zu). Das Imam Ali-Zentrum wurde in der Vergangenheit auch immer wieder von hochrangigen iranischen Politikern während deren Aufenthalt in Österreich besucht, so beispielsweise vom ehemaligen iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif (https://www.mena-watch.com/keine-moschee-oder-doch-eine/).

In der Anfragebeantwortung vom 30.01.2023 zur parlamentarischen Anfrage betreffend Gefährdungslage für Aktivist:innen gegen das iranische Regime (13170/J) verneinten Sie, dass Gefährdungseinschätzungen für Aktivist:innen gegen das iranische Regime, insbesondere Exiliraner:innen, vorgenommen wurden. Mit Ausnahme im Rahmen von Versammlungen fand auch keine Kontaktaufnahme mit Organisationen, die gegen das iranische Regime auftreten, statt (https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/12819?selectedStage=100). In Anblick dessen, dass das iranische Regime seit Jahrzehnten auch in Europa gegen Aktivist:innen und Exiliraner:innen vorgeht, ist diese Vorgehensweise des BMI grob fahrlässig.

Im Zentralen Vereinsregister ist unter der ZVR-Zahl 464340204 mit Stichtag 15.02.2023 das „Zentrum der Islamischen Kultur IMAM ALI“ als Verein eingetragen. Das Entstehungsdatum ist der 13. Juni 2001, der Verein befindet sich in der Richard-Neutra-Gasse 8 im 21. Wiener Gemeindebezirk. Obmann des Vereins mit Vertretungsbefugnis ist bis 02.08.2026 Mahmoud Montazeri Moghaddam, als Schriftführerin fungiert Zohreh Tootoonchi. Das "Islamische Zentrum Imam Ali (IZIA)" wird als "Gemeinnützige GmbH" im Eigentum der "Imam GmbH" ausgewiesen, deren Besitzer und Geschäftsführer Mahmoud Montazeri Moghaddam ist. Als Geschäftsgegenstand sind der "Handel mit Waren aller Art" eingetragen und die Immobilienverwertung. Seit 2017 befindet sich das Zentrum im 21. Wiener Gemeindebezirk inmitten einer Gewerbezone, und zwar auf einem Grundstück der Islamischen Republik Iran (Adresse ist die gleiche wie jene im Vereinsregister; davor war das Islamische Zentrum Imam Ali in der Mollardgasse 50, 1060 WIen). Die iranische Botschaft in Wien überlässt die Nutzung des Gebäudes dem Zentrum. Obwohl das Zentrum von seinem Verwendungszweck her nicht als Moschee betrieben werden darf, lädt sein Betreiber immer wieder zu Gebeten, Zeremonien und Gedenkveranstaltungen wie dem "Ayatollah-Khomeini-Gedenktag" ein (Ayatollah Khomeini war von 1979 bis 1989 Staatsoberhaupt des Iran und seine Politik war geprägt von Terror und Massenhinrichtungen). Es stellt sich zusätzlich die Frage, ob diese Tätigkeiten nicht dem Widmungszweck und der Baupolizei widersprechen (https://www.mena-watch.com/keine-moschee-oder-doch-eine/).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Gab es in den letzten zehn Jahren Ermittlungen zu Spionagetätigkeiten, die vom "Islamisches Zentrum Imam Ali" und/oder dem Verein "Zentrum der Islamischen Kultur IMAM ALI" ausgegangen sind?
    1. Wenn ja, welche, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden infolgedessen gesetzt?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Gab es in den letzten zehn Jahren Ermittlungen zur vom Islamischen Zentrum Imam Ali / Zentrum der Islamischen Kultur IMAM ALI ausgegangen Ausspähung von Exil-Iraner:innen, Aktivist:innen, oder regimekritischen Demonstrationen?
    1. Wenn ja, welche, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden infolgedessen gesetzt?
    3. Kam es infolge dessen zur Kontaktaufnahme mit den betroffenen Personen?

                                          i.    Wenn ja, wann durch wen mit wem?

                                        ii.    Wenn ja, welches Wünsche bzw. Forderungen wurden an das BMI durch wen gerichtet?

                                       iii.    Wenn ja, wer reagierte wann durch Setzen welcher Maßnahme auf welche Wünsche bzw. Forderungen?

                                       iv.    Wenn nein, warum nicht?

    1. Wenn nein, warum nicht?
  1. Gab es in den letzten zehn Jahren Ermittlungen zur vom Islamischen Zentrum Imam Ali / Zentrum der Islamischen Kultur IMAM ALI ausgegangenen sonstigen politischen Einflussnahme?
    1. Wenn ja, welche, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden infolgedessen gesetzt?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Gab es in den letzten zehn Jahren Ermittlungen zu anderen strafrechtlich relevanten Tätigkeiten, die vom Islamischen Zentrum Imam Ali / Zentrum der Islamischen Kultur IMAM ALI ausgegangen sind?
    1. Wenn ja, welche, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden infolgedessen gesetzt?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Gab es in den letzten zehn Jahren Ermittlungen gegen Personen zu in den Fragen 1-4 genannten Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Islamischen Zentrum Imam Ali / Zentrum der Islamischen Kultur IMAM ALI stehen?
    1. Wenn ja, welche, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden infolgedessen gesetzt?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Gab es Ermittlungen zum Fall Asadollah Asadis?
    1. Wenn ja, welche, wann und mit welchem Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden infolgedessen gesetzt?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Welche Einheit Ihres Ressorts befasste sich nach Bekanntwerden des Falles Asadollah Asadi mit diesem?
    1. Welche Lehren wurden gezogen bzw. welche Maßnahmen wurden in Reaktion danach gesetzt?
  1. Kam es hinsichtlich der Fragen 1-7 zu Gesprächen mit anderen Ressorts?
    1. Wenn ja, wann und mit welchen Ressorts? (Bitte um Auflistung der betreffenden Sektionen, Abteilungen und Namen)
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Welche Einheit Ihres Ressorts befasste sich wann mit der Frage, in welchem Verhältnis das Islamische Zentrum Imam Ali zur Islamischen Republik Iran bzw. zur Botschaft der Islamischen Republik in Wien steht?
    1. Mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden in Reaktion durch wen wann gesetzt?
  1. Welche Einheit Ihres Ressorts befasste sich wann mit der Frage, in welchem Verhältnis das Zentrum der Islamischen Kultur IMAM ALI zur Islamischen Republik Iran bzw. zur Botschaft der Islamischen Republik in Wien steht?
    1. Mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden in Reaktion durch wen wann gesetzt?
  1. Welche Einheit Ihres Ressorts befasste sich wann mit der Frage, ob es zu Besuchen von Repräsentant:innen der Islamischen Republik Iran oder von in Wien akkreditiertem Personal der Islamischen Republik Iran im Islamischen Zentrum Imam Ali gekommen ist?
    1. Mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?

                                          i.    War Assadollah Assadi einer der Besucher?

    1. Welche Maßnahmen wurden in Reaktion durch wen wann gesetzt?
  1. Welche Einheit Ihres Ressorts befasste sich wann mit der Frage, in welchem Verhältnis Mahmoud Montazeri Moghaddam zur Islamischen Republik Iran bzw. zur Botschaft der Islamischen Republik Iran steht?
    1. Mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden in Reaktion durch wen wann gesetzt?
  1. Welche Einheit Ihres Ressorts befasste sich wann mit der Frage, ob es weitere Liegenschaften oder Gebäude im österreichischen Bundesgebiet gibt, welche im Eigentum der Islamischen Republik Iran stehen?
    1. Mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
    2. Wie viele Liegenschaften und/oder Gebäude, die im Zusammenhang mit der Islamischen Republik Iran bzw. zur Botschaft der Islamischen Republik Iran stehen, gibt es im Bundesgebiet? (Bitte um Aufschlüsselung)
    3. Gab es in den letzten zehn Jahren Ermittlungen dazu, ob diese Liegenschaften oder Gebäude zur Nutzung von Spionagetätigkeiten oder sonstigen strafrechtlich relevanten Tätigkeiten eingesetzt wurden?

                                          i.    Wenn ja, welche, wann und mit welchem Ergebnis?

                                        ii.    Welche Maßnahmen wurden infolgedessen gesetzt?

                                       iii.    Wenn nein, warum nicht?

  1. Welche Einheit Ihres Ressorts befasste sich wann mit der Frage, ob es andere in Österreich registrierte Vereine, Unternehmen, Moscheen oder andere Institutionen gibt, die im Zusammenhang mit der Islamischen Republik Iran bzw. zur Botschaft der Islamischen Republik Iran stehen?
    1. Mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
    2. Wie viele Vereine, Unternehmen, Moscheen und/oder andere Institutionen, die im Zusammenhang mit der Islamischen Republik Iran bzw. zur Botschaft der Islamischen Republik Iran stehen, gibt es im Bundesgebiet? (Bitte um Aufschlüsselung)
    3. Gab es in den letzten zehn Jahren Ermittlungen dazu, ob diese zur Nutzung von Spionagetätigkeiten oder sonstigen strafrechtlich relevanten Tätigkeiten eingesetzt wurden?

                                          i.    Wenn ja, welche, wann und mit welchem Ergebnis?

                                        ii.    Welche Maßnahmen wurden infolgedessen gesetzt?

                                       iii.    Wenn nein, warum nicht?

  1. Kam es hinsichtlich der Fragen 9-14 zu Gesprächen mit anderen Ressorts?
    1. Wenn ja, wann und mit welchen Ressorts? (Bitte um Auflistung der betreffenden Sektionen, Abteilungen und Namen)
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wurden bezüglich einer möglichen Schließung des Islamischen Zentrums Imam Ali Gespräche mit anderen Ressorts geführt?
    1. Wenn ja, wann und mit welchen Ressorts? (Bitte um Auflistung der betreffenden Sektionen, Abteilungen und Namen)
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wurden bezüglich einer möglichen Schließung des Vereins "Zentrum der Islamischen Kultur IMAM ALI" Gespräche mit anderen Ressorts geführt?
    1. Wenn ja, wann und von und mit welchen Ressorts? (Bitte um Auflistung der betreffenden Sektionen, Abteilungen und Namen)
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Welche Einheit Ihres Ressorts befasste sich wann mit der Frage, ob es eine unmittelbare/mittelbare und kurz-/langfristige Finanzierung des Islamischen Zentrums Imam Ali / Zentrums der Islamischen Kultur IMAM ALI oder mit ihnen im Zusammenhang stehenden Personen durch die Islamische Republik Iran gibt?
    1. Mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden in Reaktion durch wen wann gesetzt?
  1. Welche Einheit Ihres Ressorts befasste sich wann mit der Frage, ob es eine sonstige Einflussnahme der Islamischen Republik Iran auf das Islamische Zentrum Imam Ali / Zentrum der Islamischen Kultur IMAM ALI gibt?
    1. Mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?
    2. Welche Maßnahmen wurden in Reaktion durch wen wann gesetzt?
  1. Kam es hinsichtlich der Fragen 18 und 19 zu Gesprächen mit anderen Ressorts?
    1. Wenn ja, wann und mit welchen Ressorts? (Bitte um Auflistung der betreffenden Sektionen, Abteilungen und Namen)
    2. Wenn nein, warum nicht?