14520/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.03.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Christoph Matznetter,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

betreffend: Kauf von Anteilen an der Flughafen Wien AG durch den IFM Global Infrastructure Fund

Die Flughafen Wien AG ist eines der größten Infrastrukturunternehmen des Landes in öffentlichem Teileigentum. Bisher war die Eigentümerstruktur folgende: 20 Prozent Stadt Wien, 20 Prozent Land Niederösterreich, 10 Prozent Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung, 10 Prozent in Streubesitz und 40 Prozent Airports Group Europe S.à.r.l. Wem genau diese 40 Prozent der Anteile am Flughafen Wien, einem Unternehmen, das im Jahr 2021 5.384 Mitarbeiter*innen in Österreich beschäftigte und einen Gesamtumsatz von 407 Mio. Euro erzielte, gehören, ist jedoch nicht bekannt.

Die Airports Group Europe S.à.r.l. steht nämlich zu 100 Prozent im Besitz der Global InfraCo S.à.r.l. Beide Unternehmen haben ihren Sitz an genau derselben Adresse in Luxemburg. Die Global Infra Co S.à.r.l. steht ihrerseits zu 100 Prozent im Besitz der Conyers Trust Company Ltd., einer Treuhandfirma mit Sitz auf den Cayman Islands. Die Conyers Trust Company Ltd. ist wiederum Treuhänderin des IFM Global Infrastructure Fund, in den Investorengelder fließen. Wer genau in diesen Fonds einzahlt, ist ebenso wenig bekannt, wie bekannt ist, wem die Conyers Trust Company Ltd. gehört. Auch der Flughafen Wien kennt nach eigenen Angaben die Besitzer*innen nicht. Kurz zusammengefasst gehört also ein Großteil des Flughafen Wien einem Luxemburger Unternehmen, das wiederum einem Luxemburger Unternehmen gehört, das wiederum einem Unternehmen mit unbekannten Besitzer*innen auf den Cayman Islands gehört, das Gelder eines Fonds mit unbekannten Investor*innen verwaltet.

Im August letzten Jahres stellte die Airports Group Europe S.à.r.l. und damit indirekt die dahinterstehenden Unternehmen und der Fonds nun ein Angebot an die Streuaktionär*innen. Ziel war es, fast 10 weitere Prozent der Anteile des Flughafens zu kaufen. Dabei wurde ein Preis von 33 Euro je Aktie geboten. Bereits in den Jahren 2014 und 2016 wurden Angebote von Airports Group Europe S.à.r.l. an die Streuaktionär*innen gestellt und in allen Fällen hatte der Vorstand den Aktionär*innen empfohlen, das Kaufangebot nicht anzunehmen.

Letztendlich nahmen einige Aktionär*innen, die im Besitz von insgesamt 3,37 Prozent der Anteile waren, das Angebot der Airports Group Europe S.à.r.l. und damit des IFM an und so hält dieser nun 43,37 Prozent der Anteile. Der Flughafen Wien kommunizierte, dass er es als erfreulichen Vertrauensbeweis ansieht, dass zwei Drittel der Streubesitzaktionär*innen das Kaufangebot von IFM nicht angenommen haben.

Doch die Entscheidung über die Aufstockung der IFM-Anteile lag nicht nur in der Hand der Aktionär*innen. Nach dem Investitionskontrollgesetz musste das Wirtschaftsministerium nämlich eine Prüfung einleiten. Diese Prüfungen sollen vermeiden, dass Investoren aus Drittstaaten außerhalb der EU unbeschränkt beherrschenden Einfluss und Zugriff auf sensible Infrastruktur in Österreich erlangen. Erfahren hat die Öffentlichkeit von dem Prüfverfahren durch eine Presseaussendung des Angebotsstellers. Das Ergebnis des Prüfverfahrens wurde nicht veröffentlicht. Da der Verkauf der Anteile jedoch abgewickelt wurde, ist anzunehmen, dass die Genehmigung erteilt wurde.

Hinsichtlich der Beantwortung dieser Anfrage wird angemerkt, dass das in Art. 52 Abs. 1 B-VG garantierte Fragerecht der Abgeordneten zur Überprüfung der Geschäftsführung der Bundesregierung (Interpellationsrecht) in diesem Fall die Amtsverschwiegenheit überwiegt, da das Kontrollinteresse klar gegenüber möglichen Geheimhaltungsinteressen im konkreten Fall steht. (siehe dazu Kucsko- Stadlmayer, Parlamentarische Kontrolle, Amtsverschwiegenheit und Datenschutz, in Bußjäger: Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle, 91ff).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1)    Wissen Sie, wer die Eigentümer der Conyers Trust Company Ltd. sind?

a.     Wenn ja, wer sind diese und welche wirtschaftlichen Interessen verfolgen sie?

b.     Wenn nein, werden Sie Schritte einleiten, um herauszufinden, wer die Eigentümer sind?

2)     Wissen Sie, wer die Investoren des IFM Global Infrastructure Fund sind?

a.     Wenn ja, wer sind diese und welche wirtschaftlichen Interessen verfolgen sie?

b.     Wenn nein, werden Sie Schritte einleiten, um herauszufinden, wer die Investoren sind?

3)    Wurde der Erwerb der Anteile der Flughafen Wien AG durch die Airports Group Europe S.à.r.l. genehmigt?

a. Wenn ja, wurde die Genehmigung unter Auflagen gemäß §7 Abs 3 Z 2a) Investitionskontrollgesetz erteilt?

i. Wenn ja, was waren diese Auflagen?

4)     Wurde ein vertieftes Prüfverfahren gemäß §7 Abs 2 Z 2 Investitionskontrollgesetz eingeleitet?

5)     Bedarf es aus Ihrer Sicht Nachschärfungen im Investitionskontrollgesetz, um die heimische Infrastruktur vor Übernahmen von (anonymen) Investoren aus dem Ausland zu schützen?

6)     Hat das maltesische National Foreign Direct Investment Screening Office ein Genehmigungsverfahren bezogen auf das Angebot von Airports Group Europe S.à.r.l. eingeleitet?

a. Wenn ja, wie wurde dieses Verfahren entschieden?

7)     Haben Sie den Ministerrat über die oben beschriebene Causa informiert?

a.     Falls ja, was war Gegenstand Ihres Berichts und was hat der Bundeskanzler zu dieser Causa gesagt?

b.     Falls nein, warum ist dies nicht erfolgt?

8)     Was tun Sie konkret, um zu verhindern, dass in Zukunft der Flughafen Wien möglicherweise im Mehrheitseigentum eines ausländischen Investmentfonds steht?

9)     Würden Sie Schritte einleiten, wenn es zu dem Fall kommen würde, dass die Airports Group Europe S.à.r.l. beziehungsweise der IFM Global Infrastructure Fund die Kontrolle an der Flughafen Wien AG erlangt?

a. Wenn ja, welche wären diese?

10)  Welche Probleme stellen sich generell bei der Privatisierung von öffentlich gehaltenen Anteilen an Infrastrukturunternehmen im Sinne des Investitionskontrollgesetzes?