14529/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.03.2023
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Anfrage

 

des Abgeordneten Mag. Christian Ragger

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Wohnen ist ein Grundbedürfnis für Menschen mit Behinderungen

 

 

Am 3.3.2023 hat das Büro des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen folgende Aussendung über APA-OTS veröffentlicht:[1]

 

Wohnen ist ein Grundbedürfnis – trotzdem gibt es hier große Probleme für Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen sind vielfach von Diskriminierung im Bereich Wohnen betroffen.

 

In der 2008 in Kraft getretenen UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) und im Nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP) sind Barrierefreiheit und selbstbestimmtes Wohnen ein zentrales Thema.

 

Wohnen ist ein Grundbedürfnis – für alle Menschen, nicht nur für die in etwa 1,4 Millionen Menschen mit Behinderungen in Österreich. Für diese ist aber regelmäßig barrierefreier oder barrierefrei anpassbarer Wohnraum eine absolute Grundvoraussetzung, um selbstbestimmt wohnen zu können. Das Recht auf selbstbestimmtes Wohnen und barrierefrei zugänglichen und nutzbaren Wohnraum für Menschen mit Behinderungen ist sowohl durch das BGStG als auch durch die UN-Behindertenrechtskonvention geschützt. Die Behindertenanwaltschaft ist mit einer Vielzahl an Anfragen zum Thema Wohnen konfrontiert, etwa wenn es um den barrierefreien Zugang zu Wohnungen, den Einbau eines Treppenlifts oder barrierefreie Umbauten in Mietwohnungen geht. Obwohl es zuletzt durch die Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz punktuelle Verbesserungen gab, gibt es hier noch immer eine Vielzahl an Problemen. Dies betrifft vor allem Mietwohnungen.

 

Benachteiligung auf mehreren Ebenen

Menschen mit Behinderungen haben oftmals nur ein sehr geringes Einkommen und sind daher auf leistbaren barrierefreien Wohnraum angewiesen. Es gibt aber zu wenig barrierefreie Wohnungen und die Schaffung von Klein- und Kleinstwohnungen wurde zuletzt immer mehr forciert, auch begünstigt durch entsprechende Bauvorschriften in den Bundesländern. Dahingegen sind Maßnahmen für barrierefreien Wohnraum in Entsprechung der ÖNorm B1600 oftmals platzintensiv. Das ist etwa bei Toiletten für Menschen, die einen Rollstuhl nutzen, der Fall. Daher benötigen Betroffene auch größere Wohnungen, um selbstbestimmt Leben zu können. Gleichzeitig sind – leistbare – barrierefreie Mietwohnungen Mangelware.

 

Ein zweites Problem ist, dass nach der derzeitigen Rechtsprechung das BGStG nur auf den Abschluss neuer Mietverträge anwendbar ist. Bei bestehenden Mietverhältnissen ist es also für eine:n Vermieter:in nicht erforderlich, die Wohnung im Bedarfsfall barrierefrei umzubauen oder den Einbau eines Treppenlifts zu veranlassen. Das Mietrechtsgesetz (MRG) ermöglicht es sogar, dass von Mieter:innen vorgenommene bauliche Veränderungen zur Schaffung von Barrierefreiheit auf eigene Kosten wieder rückgängig gemacht werden müssen, wenn das Mietverhältnis endet.

 

Notwendige Verbesserungen aus Sicht der Behindertenanwaltschaft

Elke Niederl, stellvertretende Behindertenanwältin: „Um die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen voranzutreiben, appelliere ich an den Gesetzgeber zu handeln. Eine Änderung des Mietrechtsgesetzes bezüglich der sogenannten Rückbauverpflichtung ist zentral. Auch muss klargestellt werden, dass das BGStG auch auf bestehende Mietverhältnisse anzuwenden ist. Auf faktischer Ebene muss es mehr leistbaren, barrierefreien Wohnraum für Menschen mit Behinderungen geben. Nur so können wir als Gesellschaft bestehenden Diskriminierungen begegnen und Menschen mit Behinderungen die ihnen zustehende Selbstbestimmung garantieren.“

 

Auch verweist sie auf die Bedeutung der UN-Konvention in diesem Zusammenhang: „Wir wollen eine gleichberechtigte Gesellschaft, wo Menschen mit Behinderungen in der Lage sind ihren Wohnort selbstbestimmt zu wählen und dort selbstständig zu leben– dieses Ziel erreichen wir nur, wenn wir nationale Standards, egal auf welcher Verwaltungsebene, an der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ausrichten“.

 

Über die Behindertenanwaltschaft

Die Behindertenanwaltschaft ist eine unabhängige staatliche Stelle, um Menschen mit Behinderungen bei Diskriminierung zu beraten und zu unterstützen – im täglichen Leben und in der Arbeitswelt.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

 

 

 

 

 

Anfrage

 

1.    Wie werden barrierefreie Wohnungen für Menschen mit Behinderungen in Österreich definiert?

2.    Wie groß müssen diese Wohnungen sein und welchen Ö-Normen müssen diese gerecht werden?

3.    Gibt es von diesen Kriterien Ausnahmen?

a.    Wenn ja, welche?

4.    Gibt es Unterschiede zwischen den Bundesländern?

a.    Wenn ja, welche?

5.    Wo setzen Sie eine Kostenobergrenze für eine barrierefreie Wohnung an, die Sie als „leistbar“ für Menschen mit Behinderungen bezeichnen würden?

6.    Wie viele barrierefreie Wohnungen gibt es in den einzelnen Bundesländern?

7.    Wie viele barrierefreie Wohnungen in den einzelnen Bundesländern sind „leistbar“?

8.    Wie viele barrierefreie Wohnungen werden aktuell und sollen bis 2030 in den einzelnen Bundesländern errichtet werden?

9.    Wird man damit dem Bedarf gerecht?

a.    Wenn nein, warum werden nicht mehr Wohnungen gebaut?

10. Wie viele der Wohnungen in diesem Zusammenhang in den einzelnen Bundesländern wären „leistbar“?

11. Wird man damit dem Bedarf gerecht?

a.    Wenn nein, warum werden nicht mehr Wohnungen gebaut?

12. Sind die restlichen Wohnungen also „nicht leistbar“?

13. Wie wollen Sie das Recht auf Wohnen für Menschen mit Behinderungen garantieren und gleichzeitig die Armutsfalle für diese Menschen durch hohe Mietkosten verhindern?

14. Welche Maßnahmen haben Sie bisher in diesem Zusammenhang gesetzt?

15. Welche Maßnahmen werden Sie in diesem Zusammenhang noch setzen?

16. Wann werden Sie diese Maßnahmen setzen?

17. Sind Mittel für leistbare barrierefreie Wohnungen in den einzelnen Bundesländern vorgesehen?

18. Gibt es da eine Unterstützung seitens des BMSGPK?

19. Welche Stellungnahme geben Sie dazu ab, dass der Mieter die baulichen Maßnahmen ergreifen muss, damit eine Wohnung „barrierefrei“ wird?

20. Soll das geändert werden?

21. Werden Sie für eine Änderung dieser Regelung eintreten?

a.    Wenn ja, wann?

22. Welche Stellungnahme geben Sie dazu ab, dass der Mieter die baulichen Maßnahmen, die er ergriffen hat, um die Wohnung als „barrierefrei“ zu gestalten, bei Vertragsende wieder rückgängig machen muss?

23. Soll das geändert werden?

24. Werden Sie für eine Änderung dieser Regelung eintreten?

a.    Wenn ja, wann?



[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230303_OTS0040/wohnen-ist-ein-grundbeduerfnis-trotzdem-gibt-es-hier-grosse-probleme-fuer-menschen-mit-behinderungen