Eingelangt am 23.03.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Nikolaus
Scherak‚ MA, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für EU und
Verfassung im Bundeskanzleramt
betreffend Zwei Jahre Hass-im-Netz
Bekämpfungsgesetz: Rückblick und Ausblick
Mit 1. Jänner 2021 trat das
Kommunikationsplattformen-Gesetz (Kopl-G) als Teil des Gesetzespakets
„Hass im Netz“ in Kraft. Ziel des Kopl-G war ein effektives und
transparentes Meldeverfahren; rechtswidrige Inhalte
sollten sehr einfach an Plattformen gemeldet und möglichst schnell
gelöscht werden können. Das Kopl-G gilt
nur für bestimmte große Plattformen mit über 100.000
registrierten Nutzern in Österreich, wobei einige der betroffenen
Plattformen (u.a. Facebook und Instagram) sogleich Feststellungsklagen eingebracht
haben, wonach sie nicht vom Geltungsbereich des Kopl-G erfasst sind. Bereits
ein Jahr nach In-Kraft-Treten des Gesetzes hat sich gezeigt, dass sich nicht
alle diese Plattformen kooperativ in der Handhabung des Kopl-G zeigen, bei der
Plattform Telegram scheiterten Zustellversuche und die Plattform Twitter
weigerte sich überhaupt, irgendwelche aus dem KoplG erwachsenen Pflichten
zu erfüllen.
Auf europäischer
Ebene ist im November 2022 der Digital Services Act (DSA)
in Kraft getreten, der weitreichende Änderungen - auch im Hinblick auf
Konsequenzen für Hasspostings - bringen wird. Ab 24. Februar 2024 wird der
DSA innerstaatlich anwendbar sein. Bei diesem Rechtsakt handelt es sich zwar um
eine Verordnung, es werden den Mitgliedstaaten jedoch Spielräume in der
Umsetzung gelassen. Aufgrund einiger Widersprüche zwischen dem DSA und dem
Kopl-G wird es aufgrund des Vorranges des Unionsrechts auch zu einer
Novellierung der österreichischen Bestimmungen kommen müssen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Derzeit unterliegen laut dem von der
rtr-GmbH veröffentlichten Verzeichnis elf
Plattformen dem Anwendungsbereich des Kopl-G. Im Jahr 2021 haben fünf
dieser Plattformen Feststellungsklagen eingebracht, wonach sie nicht vom
Geltungsbereich des KoPl-G erfasst sind. Wie viele dieser Verfahren sind
derzeit bei welchem Gericht anhängig?
- In welchen dieser Verfahren wurde bereits
eine rechtskräftige Entscheidung getroffen und welche Feststellung
wurde getroffen?
- In welchen dieser Verfahren ist die Zuerkennung
der aufschiebenden Wirkung betreffend der Feststellungsanträge
weiterhin aufrecht?
- In einer Anfragebeantwortung vom 15.4.2022
(9594/AB) durch die KommAustria wurde mitgeteilt, dass das in § 35
KOG vorgesehene Modell der geteilten Finanzierung (Beiträge aus dem
Bundeshaushalt sowie von Marktteilnehmern) im Bereich der
Plattformregulierung an seine Grenzen stoße, da den
größten und finanzstärksten Kommunikationsplattformen
aufgrund der laufenden Feststellungsverfahren keine
Finanzierungsbeiträge vorgeschrieben werden könnten. Das
könne dazu führen, dass kleinen Plattformen
unverhältnismäßig hohe Beiträge vorzuschreiben sind
oder dass auf Seiten der RTR-GmbH ein Verlust eintritt. Wie hat sich diese
Situation seit dem Datum der Anfragebeantwortung entwickelt?
- Welchen Plattformen
konnten in den Jahren 2021 und 2022 Finanzierungsbeiträge
vorgeschrieben werden?
i. Welche Plattformen sind ihren Verpflichtungen zur Leistung dieser
Finanzierungsbeiträge nachgekommen und wie hoch waren jeweils die
Beträge?
ii. Welche Plattformen sind ihren Verpflichtungen zur Leistung dieser Finanzierungsbeiträge nicht
nachgekommen und aus welchem Grund?
iii. Was waren die Konsequenzen, falls die Finanzierungsbeiträge nicht
geleistet wurden?
- Ist auf Seiten der RTR-GmbH ein Verlust eingetreten?
i. Falls ja, wie hoch war dieser Verlust?
- Welche finanziellen Mittel hat die
KommAustria im Jahr 2022 aus dem Bundeshaushalt erhalten, um die
Einhaltung des KoPl-G zu überwachen?
- Haben diese Mittel ausgereicht, um die
gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben zu erfüllen?
- In § 4 Abs 1 KoPI-G
ist vorgesehen, dass Diensteanbieter jährlich, bzw. halbjährlich
einen Bericht über ihren Umgang mit Meldungen über behauptete
rechtswidrige Inhalte zu erstellen haben. Sind in den Jahren 2021 und 2022
alle vom Gesetz erfassten Plattformen dieser Verpflichtung nachgekommen?
Bitte um konkrete Auflistung der Berichte der einzelnen Plattformen.
- Falls nicht alle Plattformen der
Verpflichtung nachgekommen sind: welche Plattformen haben keine Berichte
erstellt?
- Was waren die Konsequenzen für diese
Plattformen?
- Laut der Anfragebeantwortung vom 15.4.2022
(9594/AB) erfüllten nicht
alle Plattformen die Vorgaben, welche von der Verordnung der KommAustria
über die Ausgestaltung der Berichte vorgegeben wurden. Wurden in den
Berichten der Plattformen seit dieser Anfragebeantwortung (Datum:
22.4.2022) weitere Mängel in Berichten festgestellt?
- Falls ja: Über welche Plattformen
wurden welche Konsequenzen aufgrund der mangelhaften Erfüllung der
Berichtspflichten ausgesprochen?
- Laut der Anfragebeantwortung vom 15.4.2022
(9594/AB) gewährleisteten
nicht alle Plattformen ein wirksames und transparentes Meldeverfahren, das
für Nutzer:innen leicht auffindbar und ständig verfügbar
ist. Welche Plattformen verletzen aktuell (Stand März 2023) noch
immer diese Anforderungen an ein Meldeverfahren und welche Konsequenzen
hatte das bisher für die Plattformen?
- Wurde eine Verordnung gemäß
§ 3 Abs 7 Kopl-G mit näheren
Bestimmungen zur Ausgestaltung des Meldevorgangs, insbesondere betreffend
Mindeststandards für die dabei verwendeten Meldeformulare, erlassen?
i. Falls nein, wieso nicht?
- Insbesondere das Meldeverfahren von
Kommentaren auf Youtube wurde in der Vergangenheit kritisiert. Laut der
Anfragebeantwortung (9594/AB) hat Google Ireland Limited angedeutet, zu
beabsichtigen, die Meldewege zu überarbeiten. Wurden die Meldewege
bei Youtube seit dem 15.4.2022 verbessert?
- Das KoPl-G sieht vor, dass Plattformen
einen verantwortlichen Beauftragten und
einen Zustellungsbevollmächtigten nennen müssen. Sind
dieser Verpflichtung alle Plattformen nachgekommen?
- Falls nein, was waren die Konsequenzen
für diese Plattformen?
- In der Anfragebeantwortung vom 15.4.2022
(9594/AB) wurde von Seiten der KommAustria
mitgeteilt, dass die Twitter International Company zum Zeitpunkt 15.4.2022
keine einzige aus dem KoPl-G erwachsende Pflicht umgesetzt hat. Ist
Twitter seit diesem Datum Verpflichtungen aus dem Kopl-G nachgekommen?
- Falls ja, bitte um chronologische
Auflistung der erfüllten Verpflichtungen.
- Falls nein, was waren
die Gründe für die Nichterfüllung und was waren die
Konsequenzen der Nichterfüllung?
- In der Anfragebeantwortung vom 15.4.2022
(9594/AB) wurden auch Zustellschwierigkeiten
an Telegram thematisiert, es sei notwendig, die anderen gesetzlichen
Möglichkeiten (§ 6 Abs. 2 KoPl-G) auszuschöpfen, um an
Telegram heranzutreten. In welcher Form wurden seit dem Datum
dieser Anfragebeantwortung Zustellungen an Telegram vollzogen?
- Ist Telegram Verpflichtungen aus dem Kopl-G
nachgekommen?
i. Falls ja, bitte um chronologische Auflistung
der erfüllten Verpflichtungen.
ii. Falls nein, was waren die Gründe für
die Nichterfüllung und was waren die Konsequenzen der Nichterfüllung?
- Wie viele Verwaltungsstrafverfahren wurden
insgesamt seit in Kraft treten des Kopl-G gegen Plattformen aufgrund der
Nicht-Einhaltung der Bestimmungen des Kopl-G geführt (Bitte um
chronologische Anführung nach Plattform, Grund für das Verfahren
und Verfahrensausgang).
- In wie vielen Verwaltungsstrafverfahren
wurden aufgrund der Nicht-Einhaltung der Bestimmungen Geldstrafen
verhängt?
i. Wurden diese Geldstrafen bezahlt?
ii. Falls nein: wieso wurden die Geldstrafen nicht bezahlt?
- § 7 KoPl-G sieht
vor, dass sich Nutzer:innen bei Unzulänglichkeit des Melde- oder
Überprüfungsverfahrens an eine Beschwerdestelle wenden
können. Wie viele Nutzer:innen haben sich in den Jahren 2021 und 2022
an die Beschwerdestelle gewandt? Bitte um Auflistung nach Plattform sowie
Grund, aus dem sich die Nutzer:innen an die Stelle gewandt haben.
- Video-Sharing
Plattformen sind gemäß § 1 Abs 4 Kopl-G in Hinblick auf die dort bereitgestellten Sendungen und
nutzergenerierten Videos von den Verpflichtungen des Kopl-G ausgenommen.
Die Verpflichtungen von Video-Sharing Plattformen hinsichtlich verbotener
und schädlicher Inhalte sind im Audiovisuelle Medien Gesetz geregelt,
wie viele Video-Sharing Plattformen sind derzeit gemeldet?
- Wie viele Beschwerden sind im
Hinblick auf Video-Sharing-Plattformen in den Jahren 2021 und 2022
eingegangen?
- Welches Resumé kann über den
Beitrag des Kopl-G zur Bekämpfung von Hass im Netz gezogen werden?
- Einige Teile des Kopl-G stehen im
Widerspruch zum DSA, wie werden Sie mit dem KoPl-G verfahren, wenn der DSA
auf nationaler Ebene ab dem 24. Februar 2024 anzuwenden ist?
- Welche innerstaatlichen rechtlichen
Änderungen sind im Zuständigkeitsbereich Ihres Ressort aufgrund
des DSA geplant?
i. Wann werden die Änderungen vorgestellt?