14603/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.03.2023
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Peter Wurm

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Schneller Reichtum – EVZ warnt vor dubiosen Online-Coachings

 

 

Das Europäisches Verbraucherzentrum (EVZ) hat in einer Aussendung vom 13. März 2023 folgendes verlautbart:[1]

 

Schneller Reichtum – EVZ warnt vor dubiosen Online-Coachings

Hunderte Beschwerden beim Europäischen Verbraucherzentrum – VKI erwirkte Rückzahlung

 

„Starte durch – 5000 Euro passives Einkommen pro Monat“. Mit Slogans wie diesem bewerben sogenannte „Business Coaches“ und „Mentoren“ auf YouTube, TikTok oder Instagram Online-Kurse, die Interessierten mit wenig Aufwand zu Reichtum verhelfen sollen. Die Realität sieht anders aus: Konsument:innen werden in fingierten Bewerbungsgesprächen zu Vertrags­abschlüssen gedrängt, die über Reseller-Plattformen wie CopeCart oder Digistore24 abgeschlossen werden. Die Kosten für dubiose Online-Coachings belaufen sich auf mehrere Tausend Euro, während der in Aussicht gestellte Reichtum ausbleibt. Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) des Vereins für Konsumenten­information (VKI) verzeichnet dazu zahlreiche Beschwerden. Mehr als 700 Betroffene haben seit Juli 2021 über das EVZ-Netzwerk rechtliche Hilfestellung gesucht. Ein auf Anregung des EVZ vom VKI erwirkter Europäischer Zahlungsbefehl gegen CopeCart führte jetzt zu einer Rückzahlung von rund 3.800 Euro für einen Geschädigten.

 

Die Berliner Firma CopeCart fiel dem EVZ insbesondere in Zusammenhang mit dem „Selfmade-Millionär“ Walter Temmer für das Anpreisen seiner „Temmer Masterclass“ („Geld verdienen mit Domains“) ins Auge. Allein zu Temmer-Coachings sind bis heute 350 Beschwerden beim EVZ eingegangen. In Zusammenarbeit mit dem VKI ließ das EVZ daher die Vorgehensweise von Temmer und CopeCart rechtlich prüfen. Dies mündete darin, dass der VKI im Auftrag des Sozialministeriums einen der vielen Betroffenen vor Gericht vertrat und im November 2022 einen Europäischen Zahlungsbefehl auf Rückzahlung der Kosten in der Höhe von 3.848 Euro beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien einbrachte. Gegen den Zahlungsbefehl legte CopeCart keinen Einspruch ein, weshalb dieser nun rechtskräftig wurde. Der Konsument erhielt sein Geld zurück.

 

„CopeCart hat sich zwar nicht auf ein gerichtliches Verfahren und damit verbunden eine rechtliche Klärung eingelassen“, erläutert VKI-Juristin Mag. Nadya Böhsner, „Wir werden die Branche aber weiterhin im Blick behalten und gegebenenfalls erneut gerichtlich gegen unlautere Praktiken vorgehen.“

 

„Walter Temmer hat sein Coaching-Modell mittlerweile zwar eingestellt“, so EVZ-Leiter Mag. Reinhold Schranz weiter, „doch seit geraumer Zeit erreichen uns zahlreiche Beschwerden zu weiteren Coaches, die passives Einkommen und schnellen Reichtum versprechen. Insgesamt hat das EVZ-Netzwerk seit Juli 2021 mehr als 700 Beschwerdefälle zu unseriösen Business-Coachings – mit einer geschätzten Schadenssumme im einstelligen Millionenbereich – verzeichnet. Die Vorgehensweise solcher Unternehmen ist dabei im Grunde immer gleich.“

 

Ein Problem, das nicht nur auf Österreich begrenzt ist. So thematisierte auch Jan Böhmermann, mit Unterstützung des EVZ, erst kürzlich die Praktiken diverser Online-Coachings (ZDF Magazin Royale, 24.02.2023 „Geld-Weg-Garantie“).

 

EVZ-Jurist Reinhold Schranz rät, gegenüber überbordenden Versprechungen skeptisch zu sein und sich am besten nicht auf derartige Angebote einzulassen. „Wer in die Coaching-Falle getappt ist und mit Rechnungen oder Mahnungen konfrontiert ist, sollte so rasch wie möglich rechtliche Unterstützung suchen. Wir bieten Betroffenen Hilfestellung an, indem wir Verträge prüfen und bei Unternehmen intervenieren. Zudem bietet das EVZ online kostenlos einen Musterbrief zur Anfechtung von Coaching-Verträgen an.“


Über das EVZ Österreich

Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Österreich ist eine gemeinsame Einrichtung des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) und der Europäischen Kommission mit Sitz in Wien. Seit 1999 informiert und berät das EVZ – mit Unterstützung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) – Konsument:innen zu grenzüberschreitenden Verbraucherthemen.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK auf der Grundlage der Informationen des Europäischen Verbraucherschutzzentrum (EVZ), um aktuell, d.h. seit dem 1. Jänner 2023, einschlägige „Business-Coachings“ rechtlich zu unterbinden bzw. die Konsumenten auf die Gefahren im Zusammenhang mit diesen Angeboten hinzuweisen?

2.    Welche Maßnahmen hat das BMSGPK bzw. haben die jeweilig zuständigen Vorgänger-Ressorts/-Ministerien seit dem Juli 2021 unternommen, um die vom EVZ gemeldeten 700 Beschwerdefälle rechtlich aufzuarbeiten und die Konsumenten auf die Gefahren im Zusammenhang mit diesen Angeboten hinzuweisen?

3.    Wurden durch den Verein für Konsumenteninformation (VKI) seit 2021 im Auftrag des BMSGPK bzw. der jeweiligen zuständigen Vorgänger-Ressorts/-Ministerien Musterprozesse bzw. Rechtsverfahren gegen die Anbieter dieser einschlägigen „Business-Coachings“ eingeleitet und wenn ja, in wie vielen Fällen und gegen welche Anbieter?

4.    Laufen aktuell im Auftrag des BMSGPK durch den VKI Musterprozesse bzw. Rechtsverfahren gegen die Anbieter dieser einschlägigen „Business-Coachings“?

a.    Wenn ja, in wie vielen Fällen und gegen welche Anbieter?

b.    Wenn nein, warum nicht?



[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230314_OTS0014/schneller-reichtum-evz-warnt-vor-dubiosen-online-coachings