14626/J XXVII. GP
Eingelangt am 29.03.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten David Stögmüller, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Ermittlungstätigkeiten der AG Fama
BEGRÜNDUNG
Am 28. Juli 2020, in auffälliger zeitlicher Nähe zum Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die ehemaligen Wirecard-Vorstände Jan Marsalek und Markus Braun, wurde die sogenannte „AG Fama“ als Ermittlungseinheit im BM.I eingerichtet, zusammengesetzt aus Beamt:innen des Bundeskriminalamts (BKA) und des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention (BAK).
Ursprünglich unter der Leitung von Andreas Holzer wurde diese Funktion aufgrund dessen Übernahme der Leitung des Bundeskriminalamtes an seinen Stellvertreter, Dieter Csefan, übertragen. Zuletzt bestand die AG Fama aus 21 Mitarbeiter:innen.
Am 5. Juli 2021 wurde seitens Csefan und einem weiteren Mitglied der AG Fama eine Befangenheitsanzeige in Zusammenhang mit einzelnen von der AG Fama bearbeiteten Verfahrenssträngen eingebracht. Daraufhin wurde die behördliche Leitung an das BAK übergeben, sowie auch der Ermittlungskomplex rund um den ehemaligen BVT Beamten E. Ott.
Die AG Fama ermittelt in einer Vielzahl von Themenkomplexen und gegen eine Vielzahl von Personen: Es geht unter anderem um mutmaßlichen Geheimnisverrat aus dem BVT, um mutmaßlichen Datendiebstahl („Kloibmüller-Stick“), um Fluchthilfe in Zusammenhang mit der Flucht von Marsalek nach Minsk, Zusammenhänge mit der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgruppe (ÖRFG), diverse Firmengeflechte ehemaliger Bundesheer- oder Innenministeriumsbediensteter, zu Firmen wie IMS Capital Partners, aber auch um mutmaßlich gefälschte Testzertifikate von FPÖ-Abgeordneten, um nur einige Beispiele zu nennen.
Viele dieser oft lose zusammenhängenden oder durch „Zufallsfunde“ hervorgekommenen Sachverhalte spielen auch länderübergreifend eine Rolle. So waren die Verbindungen von Ex-BVT Referatsleiter Weiß und Ex-BM.I Mitarbeiter E. Ott und deren mutmaßliche Tätigkeit für Jan Marsalek auch im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zentrales Thema. Dort wurden unter anderem Klaus-Dieter Fritsche, 2014 bis 2018 deutscher Staatssekretär und Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes in Deutschland, und Bernd Schmidbauer, ehemaliger Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes, den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz und den Militärischen Abschirmdienst im Bundeskanzleramt unter Kanzler Helmut Kohl, befragt.
Darüber hinaus läuft derzeit in München das Gerichtsverfahren gegen Ex-Wirecard Vorstand Markus Braun und laufen aktuell auch Ermittlungen gegen Marsalek durch die Staatsanwaltschaft München.
Mehrere Personen, gegen die die AG Fama in Österreich ermittelt, sollen für Marsalek tätig gewesen sein. Umgekehrt sollen über Marsalek auch Informationen an die FPÖ geflossen sein, unter anderem an Johann Gudenus. Auch bei der mutmaßlichen Fluchthilfe für Marsalek soll mit Thomas Schellenbacher ein ehemaliger FPÖ-Abgeordneter beteiligt gewesen sein.
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Wie viele Mitarbeiter:innen des BM.I sind aktuell für die AG Fama tätig?
a. Aus welchen Organisationseinheiten (BKA, BAK, DSN…) stammen diese Mitarbeiter:innen jeweils (um Angabe der konkreten Zahl je Organisationseinheit wird gebeten!)?
2. Hat das BAK noch die behördliche Leitung der AG FAMA?
a. Wird diese aktuell zwischen kriminalpolizeilicher und operativer Leitung im BAK aufgeteilt?
i. Wenn nein, wann wurde das verändert und inwiefern wurde diese Leitung verändert? Wer hat diese jetzt?
b. Wenn nein, wer hat diese jetzt?
3. In wie vielen Verfahren ermittelt die AG Fama?
4. Bei welchen Staatsanwaltschaften sind diese Verfahren jeweils anhängig?
5. Wegen des Verdachts der Begehung welcher Vergehen oder Verbrechen wird in den jeweiligen Verfahren jeweils ermittelt (um Angabe des jeweiligen Verfahrens samt Anzahl der Beschuldigten und vermuteter Delikte wird gebeten)?
6. Gegen wie viele Personen wird in Verfahren, in denen die AG Fama ermittelt, aktuell ermittelt?
7. Gegen wie viele Personen wurde seitens der AG Fama in der Vergangenheit ermittelt?
8. Gegen wie viele Personen wurden die Ermittlungen eingestellt?
a. Bitte jeweils um Aufschlüsselung der Gründe für die Einstellung.
9. In wie vielen Fällen im Bereich der Zuständigkeit der AG Fama kam es zum Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 35c StAG?
10. In wie vielen Fällen kam es bisher zur Anklageerhebung?
11. Wird aktuell auch gegen aktive Politiker:innen ermittelt?
a. Wenn ja: auf Grund des Verdachts der Begehung welcher Vergehen oder Verbrechen?
12. In wie vielen Verfahren wird auch gegen Jan Marsalek ermittelt?
a. Wegen des Verdachts der Begehung welcher Vergehen oder Verbrechen wird in den jeweiligen Verfahren jeweils ermittelt?
13. Wie oft wurden Verfahren, in denen die AG Fama ermittelt, getrennt?
14. In wie vielen Verfahren wird auch gegen E. Ott ermittelt?
a. Wegen des Verdachts der Begehung welcher Vergehen oder Verbrechen wird in den jeweiligen Verfahren jeweils ermittelt?
b. Wird auch im Verfahren mit der AZ 711 St 14/21h gegen (u.a.) E. Ott ermittelt?
15. Welche Behörde (BKA, BAK, DSN) ermittelt in der Causa mit der Aktenzahl 711 St 14/21h, die vom Stammverfahren 711 St 39/17d abgetrennt worden ist?
a. Welcher Ermittlungsbehörde obliegt die Ermittlungsführung im Verfahren 711 St 14/21h?
b. Wie viele Beschuldigte werden im o.g. Verfahren 711 St 14/21h geführt?
c. Wurden in diesem Verfahren neue, laufende Ermittlungsschritte von Seiten der Staatsanwaltschaft Wien angeordnet?
d. Wurde bereits ein Anlassbericht zu diesem Verfahren verfasst?
i. Wenn ja, wann war das?
ii. Wenn nein, ist ein derartiger in Vorbereitung?
16. Gibt es aktuell durch die AG Fama polizeilich geführte Ermittlungen in Zusammenhang mit Vorkommnissen in Libyen?
a. Wenn ja: auf Grund des Verdachts der Begehung welcher Vergehen oder Verbrechen?
b. Wenn ja: gegen wie viele Personen wird durch welche Staatsanwaltschaft ermittelt?
17. Wurden Rechtshilfeersuchen an die deutschen Justizbehörden gestellt?
a. Wenn ja wann und in welchen Verfahren?
18. Haben die Ermittlungsbehörden, insbesondere auch die StA Wien, Zugriff auf die Telekommunikation von Jan Marsalek (E-Mail, Signal oder Telegram), die den Deutschen Ermittlungsbehörden (zB StA München 402 JS 150939/20) vorliegt?
a. Wenn nein, haben Sie Kenntnis, ob ein entsprechendes Amtshilfeersuchen an die StA München oder andere gestellt wurde?
b. Wenn ja, wann bzw. seit wann und welche Teile (E-Mail-Ordner, Signal oder Telegram) liegen den Ermittlungsbehörden vor?
c. Welchen Ermittlungsbehörden liegen diese Teile vor?
19. Wurden seitens ausländischer Ermittlungsbehörden Rechtshilfeersuchen gestellt (zB ON 432 aus dem Akt 711/ St 39/17d)?
a. Wenn ja, wann, in welchen Verfahren und von welchen Ländern?