14646/J XXVII. GP
Eingelangt am 29.03.2023
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Anfrage
des Abgeordneten Peter Wurm
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Infrastrukturprojekt Brennerbasistunnel
Der Brennerbasistunnel gilt als Teil der Eisenbahnachse Berlin-Palermo als europäisches Jahrhundertprojekt und umfasst rund 55 Kilometer von Innsbruck bis Franzensfeste in Südtirol. Bauherr ist die BBT SE, welche zu 50 Prozent im Eigentum Österreichs und zu 50 Prozent im Eigentum Italiens steht. Gesellschafter auf österreichischer Seite ist die ÖBB Infrastruktur AG, während auf italienischer Seite hauptsächlich die italienische Eisenbahngesellschaft mit ihrer Tochtergesellschaft „Rete Ferroviaria Italiana“ sowie die Provinzen Bozen, Trient und Verona Anteilseigentümer sind.
Die Planung sowie der Bau des Brennerbasistunnels stehen mit zahlreichen
Kontroversen in Zusammenhang, wobei die betroffene Bevölkerung weitgehend
von der Entscheidungsfindung ausgeschlossen wurde und keine Diskussion
über Alternativen und verkehrspolitische Rahmenbedingungen stattgefunden
hat. Die Risiken sind auf der anderen Seite weitreichend und betreffen
hydrologisch-geologische Risiken, aber auch die Gefahr offener Teilstrecken mit
entsprechender Verkehrsbelastung durch zahlreiche
Hochgeschwindigkeitszüge.
Auf der anderen Seite mehren sich die handfesten Probleme: Die Kosten wurden
ursprünglich mit 7,8 Milliarden Euro abgeschätzt und vom Rechnungshof
der Europäischen Union 2020 auf 10 Milliarden erhöht. Mit aktuellem
Stand dürften auch diese Kosten nicht eingehalten werden. Ähnliches
gilt für die Bauzeiten. Ursprünglich war die Fertigstellung des
Haupttunnels mit 2028 geplant, während inzwischen von frühestens 2032
ausgegangen wird. Bis heute besteht zudem kein Betriebskonzept. Während im
Rahmen einer herkömmlichen Planung von Infrastrukturprojekten vorerst ein
Betriebskonzept erstellt wird, woraus sich die baulichen Rahmenbedingungen
ergeben, wurde beim Brennerbasistunnel vorerst gebaut, sodass die Risiken nach
wie vor exorbitant sind.
Bis dato fehlen auch verkehrspolitische Rahmenbedingungen, die sicherstellen
würden, dass der Verkehr effektiv von der Straße auf die Schiene
verlagert wird. Stand heute ist die Schiene entlang der Brennerroute nicht
vollkommen ausgelastet und es mutet leichtsinnig an, keine entsprechenden
Maßnahmen zu setzen und stattdessen nur auf den
„Selbstläufer“ Brennerbasistunnel zu warten. Solange die
Schiene kostentechnisch gegenüber der Straße im Nachteil steht, ist
eine Verkehrsverlagerung nicht realistisch.
Weiters bestehen große Zweifel auf Seiten der Infrastrukturplanung.
Während die Hauptröhre zwischen Innsbruck und Franzensfeste –
Stand jetzt – 2032 fertiggestellt werden soll, stehen Planung, Bau und
Fertigstellung der südlichen und nördlichen Zulaufstrecken weiterhin
in den Sternen. Für die südliche Zulaufstrecke auf Südtiroler
und italienischer Seite zwischen Franzensfeste und Verona gibt es bis dato
weder eine Planung noch eine gesicherte Streckenführung. Gerade in den
Südtiroler Gemeinden südlich von Bozen besteht die nachvollziehbare
Befürchtung offener Streckenführungen, die aus Gründen des
überzogenen Kostenrahmens für die Hauptröhre notwendig werden
könnten. Ähnlich vage ist die nördliche Zulaufstrecke auf
bayrischer Seite, wo noch nicht einmal Vorprüfungen durchgeführt
sind, geschweige denn ein Baubeginn absehbar ist.
Verkehrsplanerisch läuft das Milliardenprojekt Brennerbasistunnel darauf
hinaus, dass eine leistungsstarke Hauptröhre nicht in das Verkehrssystem
integriert werden kann, da sowohl nördlich als auch südlich des
Haupttunnels regelrechte Flaschenhals-Situationen vorliegen. Ebenso ist das bis
dato fehlende Betriebskonzept ein grober Mangel, welcher das Vertrauen in das
Projekt schwinden lässt.
In diesem Zusammenhang
richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für
Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie nachstehende
Anfrage
1. Wann ist mit der Fertigstellung des Brennerbasistunnels zu rechnen?
2. Wie hoch werden die definitiven Kosten sein?
3. Liegt ein Betriebskonzept für den Betrieb des Brennerbasistunnels vor?
4. Welche Abteilung erarbeitet das Betriebskonzept auf Seiten der ÖBB Infrastruktur AG, wie groß ist das Planungsteam und wann ist mit ersten Entwürfen zu rechnen?
5. Welche externen Berater wirken für die ÖBB Infrastruktur AG bei Erstellung des Betriebskonzeptes mit?
6. Welche flankierenden verkehrspolitischen Maßnahmen wird die österreichische Bundesregierung treffen, damit die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene sichergestellt wird?
7. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass weder nördliche noch südliche Zulaufstrecken Stand heute geplant oder rechtzeitig umgesetzt sind?
8. Wann ist mit der Fertigstellung der nördlichen Zulaufstrecke zu rechnen?
9. Wann ist mit der Fertigstellung der südlichen Zulaufstrecke zu rechnen?
10. Wie laufen die Verhandlungen mit italienischer sowie deutscher Seite über ein tragfähiges Gesamtkonzept?
11. Für wie viele Züge (Kapazität) ist der Brennerbasistunnel derzeit ausgelegt?